Vier Skaldengeschichten
Übertragen von Felix Niedner
Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914
9. Hallfreds Rückkehr und Zusammenkunft
mit Kolfinna
Diesen Sommer fuhr Hallfred nach Schweden, traf dort den König und begrüßte ihn. Der König frug, wer er wäre. Er sagte es ihm. Der König sprach: "Weithin geht dein Name, und du bist ansehnlicher Männer Skalde .Hallfred sagte: "Ich habe ein Gedicht auf Euch gemacht und möchte gern gehört werden." Der König sagte das zu. Darauf sagte er sein Gedicht ber. Der König lud ihn ein bei ihm zu bleiben und bot ihm reiche Gabe an. Hallfred sagte, er habe einen Wohnsitz und eine Frau in des Königs Lande — " dort will ich wieder hin." Der König wünschte ihm gute Fahrt.
Hallfred kam wieder zu seiner Frau. Da war er zwei Jahre, im dritten aber erschien ibm eines Nachts König Olaf im Traume. Er war gar zornig und schalt ihn, daß er ganz sein Christentum verleugne" ,komm mit deinen Mannen an meinen Hof." Als Hallfred erwachte, atmete er schwer auf Ingibjörg ,was ihm geträumt habe. Er sagte es ihr: "Was denkst du darüber: willst du die Fabri mit mir machen: Ich habe dir viel Gutes zu vergelten, und das könnte ich dir reichlich lohnen, wenn du den Christenglauben annähmst." Sie antwortete: war zu erwarten, daß es dich dorthin verlangen würde, ich glaube auch, daß jener Glaube bei weitem besser ist, und so werde ich dich begleiten."Ihr kleiner Sohn hieß Audgisl. Er war damals zwei Jahre.
Sie zogen nun zu König Olafs Hof 1. Dieser nahm Hallfred freundlich auf, machte ibm aber doch starke vorwürfe und ließ ihn durch einen Priester in die Beichte nehmen. Jngibjörg gebar
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da einen Knaben, der wurde Hallfred genannt. Der Vater gab ihm seinen Namen. Darauf wurden Ingibjörg und ihre beiden Söhne getauft. König Olaf aber sprach zu Hallfred: "Nun sollst du dafür Gott Buße tun, daß du so lange unter Heiden geweilt hast und dich soweit vom Glauben entferntest." Hallfred sagte, das wolle er gern, und so dichtete er die Uppreistardrapa (d. h. Schöpfungslied) ein vortreffliches Gedicht. In diesem Winter starb Ingibjörg, und das deuchte Hallfred ein großer verlust. Im Frühjahr sagte er dem König, daß er gern wieder nach Island fahren wolle. Der König erwiderte, das möge er halten, wie er wolle, "ich habe dich als einen wackeren Mann bewährt gefunden, und es wird leicht kommen, daß du noch einmal wieder lieber bei mir sein möchtest, so veränderlich geartet wie dein Charakter ist. Diese Kostbarkeiten aber schenke ich dir: einen Pelzmantel, einen Ring und einen Helm. Denn es ist ungewiß, ob und wann wir uns wiedersehen. Laß diese meine Gaben nicht aus den Händen," fügte der König hinzu, sie sollen deinen Leichnam zur Kirche begleiten und neben dich in den Sarg gelegt werden, wenn du auf dem Meere stirbst. Der Ring war drei Unzen wert. Hallfred ging der Abschied von König Olaf sehr nahe. Audgisl, Hallfreds Sohn, wurde nach Osten zu seinem Großvater Thorir gebracht. Seinen Sohn Hallfred aber gab er in gute Erziehung.
Hallfred stach nun in See, und er landete mit dem Schiff in Kolbeinsachmünde (Kolbeinsaros) nach dem Thing. Er sprach zu seinen Schiffsleuten:"Meine Fahrt geht jetzt südwärts über die Heide. Ich will meinen Vater aufsuchen, und wir wollen zu zwölf reiten." Das Schiff wurde nun ans Land gezogen. Dann ritten sie zu zwölf gemeinsam und wandten sich westlich zum Langtal. Sie trugen alle farbige Gewänder und nahmen ihren Weg zu Gris' Sennhaus. Dort war Rolfinna und einige Frauen bei ihr. Es waren da mehrere Sennhütten, und diese standen im Lachsachtal (Lachsardal) zwischen Langtal und Landspitzfjord. Der Schafhirt der Rolfinna meinte, zwölf Männer ritten zur Sennhütte, und alle trügen sie farbige Gewänder. Sie sprach: "Sie werden den Weg nicht wisen." Er erwiderte: "Doch, sie
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reiten, als kennten sie die Gegend." Nun waren sie angelangt, Rolfinna empfing Hallfred freundlich und frug ihn nach Neuigkeiten . Er sagte: "Wenig Neuigkeiten gibt es, aber sie sollen zur Zeit erzählt werden. Wir wollen hier die Nacht bleiben." Kolfinna erwiderte: "Ich möchte lieber, du rittest zum Wintergehöft , ich werde dir einen Führer mitgeben." Hallfred aber erklärte , dort bleiben zu wollen."Dann werden wir euch zu essen geben,"sagte sie" ,wenn ihr es denn so haben wollt." Sie stiegen nun von ihren Pferden, und am Abend"als sie gegessen hatten, sprach Hallfred: "Ich gedenke jetzt bei Rolfinna zu schlafen, meinen Gefährten aber erlaube ich, sich zu versorgen, wie sie wollen." Es waren da noch mehr Sennhütten, und es heißt, daß auch jeder von ihnen sein Weib die Nacht bekam.
Da aber Hallfred und Rolfinna im Bett lagen, frug er, wie groß ihre und Sris' Zuneigung wäre. Sie erwiderte, es stünde gut zwischen ihnen. Hallfred versetzte:"vielleicht ist es so, doch klingt es anders in den Weisen, die du auf Gris gedichtet hast." Kolfinna sagte, sie habe keine Weisen gesprochen. Er erwiderte: "Ich bin doch erst kurze Zeit hier und habe schon die Weisen gehört." "Laß mich hören," sprach Rolfinna, "wie die Weise lauten soll, die man mir anhängt." Da sagte Hallfed:
Stinkt auf Hallfreds Holde Heiß Grims ekler Schweißdunst. Bittre Qual im Bette Bei dem Fant die Maid bat Senkt ihr Haupt gleich schönem Schwan auf Meeres Bahnen. Lob sagt ihr, des Lagers Lichter Zier, der Dichter. |
Kolfinna sagte:"Das ist eine schlechte Buße für einen andern, und seltsam genug, daß ein tüchtiger Mann so etwas tut."Hallfred sagte:"Ich habe noch eine andere gehört. Er sprach:
Täppisch und träg aufs Lager Trollt sich bin der Goldherr.
Möwe schwimmt aufgeschwemmt so, Schwer vom Fraß des Herings. Schnitter, keuchend kriecht er, Keck nicht, unters Deckbett! Hastet, alt und häßlich, Hin nicht zu Kolfinna 1. |
Kolfinna erwiderte: "Sris wird auf dich keinen Spottvers machen, es stünde dir doch belser an, dich nicht mit ihm zu verfeinden. man kann nie wissen, was einem widerfährt." Da sprach Hallfred die Weise:
Schwertes feiger Färber, Frau, und Strut, sein Grauhund. Kaum schnell werden kommen: Kann er voll dein Mann sein ? Und doch Herden und Hürden Heerschilds Schwinger mehr'n sich — Sieht sonst eklem Schnitter Stall und Haus gut —alles 2 ! |
Nun wurde Rolfinna zornig, Hallfred aber sprach die Weise:
Feindlich mich Kolfinna Findt't: im Lied drob sinn' ich. Ruchbar ward's, gerecht nur Richte sie den Dichter. Wenn von jugendwonn'gern Weibes schönem Leibe Holder Duft ihn hüllet, Hallt das Lied des Skalden 3. |
Der Schafhirt ritt nun die Nacht fort und erzählte dem Sris, was sich ereignet hatte. Da ritt er von Hause mit zwanzig Mann. Früh am Morgen rüstete sich Hallfred zur Fahrt, bevor er aber das Pferd bestieg, sprach er die Weise:
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Wogenhengst's Reiter wagte Wohl den Gang zur Holden, Wollt ihrs, hin zur Hel mich Haut im Arm der Trauten. Lieg' ich auf der Lock'gen Lager: alles trag ' ich. Nach Rolfinna keiner Kann mein Sehnen bannen 1. |
Darauf stieg er aufs Pferd und lachte."Warum lachst du nun" frug Kolfinna. Da sprach er die Weise '
Weiß nicht, Goldmaid, was dein Wonn'ger Mund sagt von mir, Meergluts Ilm, der all' mein Inn'res glüht in Minne! Hören die wackern Herren Heut', was mich erfreute: Ziegenbalg nicht sage Zaust' ich ab dem Sau-Gris 2 . |
Hallfred wollte der Kofinna den kostbaren Mantel vom König geben. aber sie wollte ihn nicht annehmen, und bevor sie fortritten sprach er die Weise:
Weiber wohlgestaltet, Wallt heimwärts nun alle! Ale-Banks Syn im Sennhaus Schaut' ich: licht die Haut war. Schuld nicht bin ich, schelten Später Goldschmucks-Mädchen: Zu dem guten Gatten Geh ' nun stille jede 3 ! |
Darauf ritten sie fort.
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