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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


4. Björn bei König Waldemar von Rußland

In demselben Sommer, als Thord nach Island fuhr, ging Björn vor den Jarl und bat ibn um Urlaub zur Wikingfahrt nach Osten. Der Jarl sagte ihm, er möge nach seinem Belieben fahren. Da fuhr Björn mit Kaufleuten nach Rußland (Gardariki) zu König Waldemar (Valdimar)1. Er lebte da den Winter hindurch in hohen Ehren bei dem Könige. Er kam mit den vornehmen Manna gut aus, denn allen gefiel sein Anstreten und seine Sinnesart sehr.



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Wie es heißt, traf es siech, da Björn in Rußland bei König Waldemar war, daß ein unwiderstehlich großes Heer ins Land kam. Das befehligte ein Recke, namens Kaldimar, groß und stark, ein Verwandter des Königs, ein gewaltiger Heerführer, waffengewohnt und mächtig als Kriegsmann. König Valdimar und er hatten, wie man sagte, gleichen Anspruch auf die Herrschaft. Jener Recke hatte aber, weil er junger war, die Herrschaft nicht erhalten. Deshalb fuhr er nun als Wiking aus, um sich Ruhm zu erwerben. Es gab keinen Heerführer zu jener Zeit im ganzen Osten, der so berühmt gewesen wäre wie er. Als aber König Valdimar dies erfuhr, da sandte er Männer zu gütlicher Vermittlung an seinen verwandten. Er bat ihn Friede zu halten und die Hälfte des Reiches sein eigen u nennen. Der Recke aber meinte, er wolle das Reich allein besitzen. Wenn der König dies nicht wolle, so fordere er ihn zum Holmgang, oder aber sie müßten beide mit ihrem ganzen Heere kämpfen. Beides schien dem König Valdimar gleich untunlich. Er wollte ungern sein Heer einbüßen, meinte aber, er sei des Holmgangs wenig kundig. So er seine Gefolgschaft um Rat. Die Männer rieten, er solle das Heer aufbieten und sich schlagen. In kurzer Zeit kam ein großes Aufgebot von Männern dort zusammen, und König Waldemar trat dem Recken gegenüber. Da bot ibm der König an, einen Mann sich zum Holmgang zu stellen, und der Recke willigte ein unter der Bedingung, daß er das ganze Reich besitzen solle, falls er den Mann fälle, fiele er aber, dann solle der König sein Reich wie vorher beherrschen.

Da forschte nun der König unter seinen Mannen, ob einer für ihn zum Holm gehen wollte; indes die Männer waren dazu wenig geneigt. Jeder glaubte, er wäre dem Tode verfallen, wenn er mit dem Recken streiten sollte. Der König aber verhieß dem, der sich zum Zweikampf entschlösse, seine besondere Freundschaft und andere Ehren. Aber doch wollte es niemand wagen. Da sagte Björn: "Ich sehe, daß hier sich alle höchst unmännlich der Not ihres Herrn gegenüber benehmen. Ich bin aus meinem Lande gezogen, um mir Ruhm zu erwerben. Hier gibt es nun zwei Möglichkeiten: die eine, mannhaft den Sieg



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zu erstreiten, obgleich das bei diesem Gegner wenig wahrscheinlich ist, die andere; tav fer und stolzen Sinnes zu fallen. Und das ist besser als schmachvoll dahinzuleben und es nicht zu wagen für seinen König Ehre einzulegen. So werde ich es versuchen, mich mit Kaldimar zu schlagen." Der König dankte Björn. Das Holmgang-Gesetz 1 wurde nun feierlich aufgesagt. Der Recke hatte ein Schwert namens Märing, ein vortreffliches Kleinod. Es war ein harter und scharfer Kampf, und das Ende war, daß der Recke durch Björn fiel und den Tod fand, Björn aber erhielt eine lebensgefährliche Wunde. Er wurde infolge dieser Tat weit berühmt und vom Könige hochgeehrt. Man schlug dort ein Zelt über Björn auf, da man ihn nicht wohl auf die Heimfahrt mitnehmen konnte. Der König aber kehrte wieder in sein Reich zurück.

Björn und seine Leute waren nun im Zelte, und da seine Wunde zu heilen begann, sprach er die Weise:



***
1
Gern schlief Goldes Lofn
Gar auf Björnens Lager —
Hold scheint Oddny, schön auch
Schallt das Lied des Skalden —:
Hörte Leinschmucks Herrin
Hier, daß Björn selbviert nah
Weilte im weißen Zelt als
Weitberühmter Streiter ':

Später wurde Björn unter hohen Ehren beim zum Könige geleitet Der König gab ihm die ganze Kampfüstung, die der Recke besessen hatte, auch das Schwert Märing. So hieß nun Björn selbst ein Recke und war in seiner Gegend berühmt. Björn lag den Sommer hindurch an seinen Wunden, den Winter danach aber war er in Rußland. Er war damals drei Winter außer Landes gewesen und fuhr jetzt nach Norwegen. Als er aber dorthin kam, waren bereits alle Schiffe nach Island fort. Es war schon Spätsommer.


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