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Kapitel 

Die Geschichte von den Leuten aus dem Lachswassertal


Mit zwei Beilagen Übertragen von Rudolf meißner

verlegt bei Lugen Diederichs in Jena 1913


63. Ein Hirt Helgis entdeckt die Feinde im Wald und beschreibt sie ihm

Nun ist zu erzählen, was auf dem Säter vor sich ging, wo sich Helgi aufhielt und die Männer. die vorher erwähnt wurden.



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Helgi sagte am Morgen seinem Hirt, er solle die Wälder in der Nähe des Säters durchgreifen und auf das Kommen und Gehen von Leuten achten, oder, ob er sonst etwas beachtenswertes sähe — Schwer waren meine Träume heute Nacht." Der Hirt machte sich auf den Weg, wie Helgi ihm befohlen baue. Er blieb eine Zeitlang fort, und als er zurückkam, fragte Helgi, ob er etwas von Wichtigkeit gesehen habe. Er antwortete: "Ich habe etwas gesehen, das, wie ich glaube, von Bedeutung ist." Helgi fragte, was das sei. Er sagte, er habe Männer gesehen und nicht ganz wenige, — "und ich glaube, sie sind nicht aus unserm Bezirk. Helgi sprach: "Wo waren sie, als du sie sahst, und was taten sie, und hast du auf ihre Kleidung und ihr Aussehen geachtet? Er antwortete: "Nicht war ich so erschrocken darüber, daß ich nicht auf diese Dinge geachtet hätte, denn ich wußte, daß du darnach fragen würdest." Er sagte auch, sie seien nabe dem Säter und äßen da ihr Frühstück. Helgi fragte, ob sie da im Kreise oder in einer Reihe neben einander säßen. Er sagte, sie säßen im Kreise und auf ihren Sätteln. Helgi sprach: "Sage mir nun etwas von ihrem Aussehen; ich möchte wissen, ob ich nach der Beschreibung erraten kann, was das Leute sind."

Der Hirt sprach: Da saß einer auf einem gemalten Sattel und in dunkelblauem Mantel, er war groß und mannhaft, kahl über den Schläfen und mit einem Mund, der fast immer die Zähne sichtbar ließ." Helgi sagte: "Den Mann erkenne ich gleich aus deiner Schilderung; das ist Thorgils, der Sohn der Halla vom Hördatal, den du gesehen hast; aber was will der von uns, der Raufbold:"

Der Hirt sprach: "Ihm zunächst saß einer auf einem vergoldeten Sattel; er war in einem roten Scharlachrock und hatte einen Goldring am Arm, um seinen Kopf war ein Goldband gewunden. Er hatte gelbes Haar, das fiel ihm bis auf die Schultern herunter. Er war von heller Gesichtsfarbe, er hatte eine Biegung an der Nase, und die Nase vorn etwas aufgehoben, sehr schöne Augen, das Auge blau, scharf und etwas unruhig, die Stirn breit, die Wangen voll; sein Haar war über den Brauen kurz abgeschnitten; er war gut gewachsen



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in den Schultern, der Brustkasten stark er hatte eine sehr schöne Hand und einen kräftigen Arm; seine ganze Haltung war ritterlich; und das will ich zum Schluß noch sagen, daß ich, alles zusammengenommen, noch nie einen so stattlichen Mann gesehen habe. Er war noch jung, so daß ihm noch kein Bart gekeimt war; es schien mir, als drücke ihn schwerer Kummer. Da antwortete Helgi: "Genau hast du diesen Mann in acht genommen; es muß auch etwas gans Besonderes an diesem Manne sein, doch glaube ich nicht, daß ich ihn je gesehen habe. Aber eine vermutung aussprechen will ich, wer es sei; ich glaube, das ist Bolli, Bollis Sohn, gewesen; denn mir ist gesagt, daß er ein Mann vorzüglicher Art sein soll. -

Weiter sprach der Hirt: Da sas ein Mann auf einem Sattel mit Schmelzarbeit; der war in einem hellgrünen Rock; er trug einen schweren Goldring am Finger. Er war sehr schön von Ansehen und muß noch in jugendlichem Alter sein, braun war die Haarfarbe, und sehr schön gewachsen war das Haar, das ganze Aussehen sehr ritterlich." Helgi antwortete: "Zu wissen glaube ich, wer dieser Mann ist; von dem du eben erzählt hast; das wird Thorleik, Bouts Sohn, sein; du bist verständig und scharf auffassend."

Der Hirt sagte: Ihm zunächst saß ein junger Mann. Er war in einem blauen Rock und in schwarzen Hosen und hatte die Schöße des Rocks in die Hosen gesteckt; der Mann hatte regelmäßiges Gesicht und helle Haarfarbe, hübsche Züge, eine schlanke und ritterliche Gestalt." Helgi antwortete: "Den mann erkenne ich, und ibn meine ich gesehen zu haben, er muß damals noch ganz jung gewesen sein; das wird Thord, Thords Sohn sein, der Ziehsohn deo Goden Snorri; sie haben eine sehr ritterliche Schar zusammengebracht, die Leute aus den Westfjorden. Wer war da noch:"

Da sprach der Hirt: Da saß Mann auf einem schottischen Sattel mit grauem Bari und dunkelbraunem Gesicht, schwarz von Haar und kraus und ziemlich häßlich, aber doch von kühnem Aussehen; über sich hatte er einen grauen Wettermantel gezogen. Helgi sagte: Deutlich seh ich, wer dieser Mann ist; das



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ist Lambi, Thorbjörns Sohn, aus dem Lachswassertal, und ich begreife nicht, wie erin die Gesellschaft der Brüder kommt.

Der Hirt sprach: " Da saß ein Mann auf einem Bocksattel ; er trug einen blauen Überrock und einen Silberring am Arm. Er hatte das Aussehen eines Bonden und war schon ziemlich über die Jugend hinaus, sein Haar war von dunkler Farbe und sehr lockig; er hatte eine Narbe im Gesicht." "Nun wird deine Schilderung ganz bedenklich," sagte Helgi, das ist Thorstein der Schwarze, mein Schwager, den du gesehen hast, und mit Recht muß es mir seltsam scheinen, daß er sich in dieser Schar befindet, und ich würde ihn nicht in dieser Weise heimsuchen. Aber wer war da noch:"

Er antwortete: "Da saßen zwei Männer; die sahen sich gleich und mögen Männer mittleren Alters sein, sehr kräftige Leute, mit rotem Haar und Sommersprossen im Gesicht, aber doch gut aussehend." Helgi sprach: "Genau weiß ich, wer diese Männer sind. Das sind die Söhne Armado, die Ziehbrüder des Thorgils, Halldor und Om -lf, und du bist ein sicherer Beobachter. Aber sind nun die Männer aufgezählt, die du gesehen hast:"

Er antwortete: "Ich habe doch noch einiges hinzuzufügen. Da saß ihnen zunächst ein Mann etwas außerhalb des Kreises; der war im Plattenpanzer und hatte eine Stahlhaube auf dem Kopfe und die Krempe war eine Hand breit; er trug eine blanke Art über der Schulter, deren Schneide wohl eine Elle lang war. Dieser Mann hatte eine dunkle Hautfarbe und schwarze 2lugen und sah sehr wikingermäßig aus. Helgi antwortete: "Diesen Mann erkenne ich deutlich aus deiner Schilderung; das ist Hunbogi der Starke gewesen, der Sohn des Alf aus dem Tälerbezirk; wüste ich nur erst, was sie vorhaben, sehr sorglich haben sie die Männer ausgesucht zu dieser Fahrt."

Der Hirte sprach: Und dann saß noch einer zunächst diesem starken Manne; der hatte schwarzbraunes Haar, ein grobes und rotes Gesicht und starke Augenbrauen; er war etwas über Mittelgröße." Helgi sprach: Du brauchst da nichts weiter von ihm zu sagen; das ist Svein gewesen, der Sohn



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des Alf aus dem Tälerbezirk, der Bruder des Hunbogi. Und es wird besser für uns sein, wenn wir nicht ohne vorsorge bleiben diesen Männern gegenüber; denn ich muß wohl annehmen, daß sie mit mir zusammentreffen wollen, ehe sie die Gegend verlassen, und es sind Leute in der Schar, denen ein Zusammentreffen mit mir erwünscht gewesen wäre, wenn es sich hätte schon etwas früher ermöglichen lassen. Nun sollen die Frauen, die hier auf dem Säter find, sich in Männerkleider stecken. und die Pferde nehmen, die wir hier haben, und so schnell als möglich nach dem Hofe reiten. Es könnte sein, daß die, welche hier in der Nähe liegen, es nicht merken. ob da Männer reiten oder Frauen. 1 Wenn sie uns nur etwas Zeit lassen, daß wir Männer zu uns heranziehen könnten, da dürfte es noch nicht ausgemacht sein, auf welcher Seite die bessern Aussichten sind." Die Frauen ritten fort, vier zusammen.

Thorgils faßte den verdacht, daß Kundschaft über sie zu Helgi getragen sei, und bai seine Gefährten, ihre Pferde zu nehmen und so schnell als möglich abzureiten, und das taten sie. Aber ehe sie noch aufgestiegen waren, sahen sie einen Mann, der augenscheinlich auf sie zuritt. Er war von kleinem Wuchs und sehr raschen Bewegungen; er hatte ungemein unruhige Augen und ritt ein treffliches Pferd. Dieser Mann grüßte Thorgils als einen ihm bekannten. Thorgils fragte ibn nach Namen und Familie und ferner, wo er ber käme. Er sagte, er heiße Hrapp und sei vom Breidifjord von mütterlicher Seite her, — " dort bin ich aufgewachsen; ich trage den Namen des Totschlag Hrapp 2 und habe das mitbekommen mit dem Namen, daß ich kein friedlicher Geselle bin, wenn auch meine Gestalt klein ist. Aber ich bin aus dem Südlande nach der Vaterseite her, und habe mich nun da einige Winter aufgehalten. Und sehr gut hat sich dies getroffen, Thorgils, daß ich bier auf dich gestoßen bin, denn ich hatte mir vorgenommen, dich aufzusuchen, wenn es 1 Helgis Absicht ist, daß die Feinde entweder alle die Wegreitenden verfolgen, weil ja auch Helgi dabei sein könnte, oder sich doch wenigstens teilen. Wenn die Frauen entkamen, sollten sie Hilfe herbeiholen. Daß ihnen ein Leid geschehen konnte, war, sobald sie als Frauen erkannt wurden, durch die Sitte ausgeschlossen. 2 vgl. Kap. 10.



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auch etwas umständlicher für mich gewesen wäre. Ich befinde mich nämlich in schwieriger Lage. Ich bin in Streit geraten mit meinem Herrn; ich wurde von ihm nicht gut behandelt ; aber ich habe das von meinem Namen, daß ich mir von Niemandem solche Herabsetzung gefallen lasse; deshalb machte ich einen Angriff auf ihn, aber ich fürchte, daß ich ihn entweder wenig oder gar nicht getroffen habe Natürlich blieb ich dort nicht mehr lange, denn ich fühlte mich geborgen, sobald ich auf den Rücken dieses Pferdes gekommen war, das ich dem Bonden weggenommen haue." Hrapp redete viel, aber Sagte kaum; und doch ward er bald gewahr, daß sie die Absicht hatten, Helgi anzugreifen; damit zeigte er sich wohl zufrieden und sagte, daß er nicht dahinten bleiben würde.


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