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Kapitel 

VOLKSMÄRCHEN DER KABYLEN

III. BAND

DAS FABELHAFTE

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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EIN BAND ZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE


8. Der prahlende Schakal

Der Schakal (Uschen) sagte eines Tages: "Wenn man mich mit einer Sache je einmal betrogen hat, wird dies nie zum zweiten Male gelingen."

Eines Tages verließ der Schakal sein Haus, kam zum Hirten und sagte: "Ich, Uschen, kann dich hundertmal anführen. Du aber kannst mich nur einmal überlisten." Der Schakal sprang auf ein Lämmchen. Der Hirt sah es. Er kam herbei. Er wollte das Lämmchen befreien. Uschen pisste dem Lämmchen in das Ohr; das hatte zur Folge, daß das Lämmchen ihm blindlings nachlief. Der Schakal lief von dannen. Das Lämmchen folgte ihm. Der Schakal sprang in den Wald. Das Lämmchen lief ihm in dem Walde nach. Der Schakal fiel im Walde über das Lämmchen her, biß es tot und trug die Mahlzeit nach Hause.

Als der Hirt merkte, daß der Schakal hinter seiner Herde her war, bestrich er seine Schafe mit Leim. Der Schakal kam bald wieder und schlich in der Nähe umher. Der Schakal sah, daß der Hirt weit fort war. Der Schakal sprang in die Herde und auf ein Schaf. Er sprang dem Schaf auf den Rücken. Da die Wolle aber dick mit Leim bestrichen war, blieb der Schakal darin hängen und konnte sich nicht wieder frei machen. Das geängstigte Schaf und die ganze Herde lief nun auf das Haus des Hirten zu. Der Hirt kam herzu. Er sah den festklebenden Schakal, packte ihn und schlug stark auf ihn ein. Der Schakal stellte sich nach kurzer Zeit tot. Da warf der Hirt ihn in einen Winkel seines Hauses.

Als aber der Hirt am andern Morgen die Tür aufmachte, um seine Herde herauszutreiben, sprang der Schakal auf und schlüpfte zur Tür hinaus. Von draußen rief er zurück: "Hab ich dir nicht gesagt, mein Hirt, daß du mich nicht überlisten kannst? Ich werde dir noch viele Lämmer stehlen." Der Hirt sagte: "Warte nur bis zu der Zeit, da Schnee fällt!"

Es wurde Winter. Die Kinder des Hirten stellten Fallen (Stock mit Stein -thachfitz). Der Schakal versteckte sich neben den Fallen.



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Sowie ein Vogel in seiner Falle gefangen war, scharrte er unter dem Fallstein ein Loch und holte sich die Beute hervor. So holte er sich aus den Fallen der Kinder des Hirten ein Essen nach dem andern hervor.

Die Kinder des Hirten fanden nun keine Beute mehr in ihren Fallen. Sie erzählten es dem Vater. Der Hirt sagte: "Baut neben den kleinen Fallen eine große. Der Räuber wird kein anderer sein als der Schakal." Die Kinder bauten neben der kleinen Falle eine große. Als der Schakal wiederkam, sich aus der kleinen Falle die Vögel zu holen, bemerkte er die große Falle nicht, und als er unter den kleineren Steinen die Erde wegscharrte, um zu seiner Beute zu gelangen, stürzte der große Stein über ihn nieder und begrub ihn unter sich.

Nach einiger Zeit kamen die Kinder des Hirten, um nach ihrem Fang zu sehen. Sie fanden den Schakal unter dem großen Stein. Die Kinder des Hirten nahmen den Stein auf und begannen den Schakal zu schlagen. Der Schakal wälzte sich aber derart in Schmutz und Kot, daß die Kinder ihn nicht anfassen mochten. Sie faßten ihn nur an der Schwanzspitze. Da riß der Schakal sich los und sprang von dannen.

Die Kinder des Hirten, die nun aber den Fallenräuber kannten, suchten das Loch auf, das in seine Wohnung führte. Sie nahmen zwei Hunde mit, um den Schakal fangen zu können, wenn er etwa noch einen Ausweg habe. Die Hunde stellten sie als Wache auf. Dann begannen sie zu graben. Sie fanden ein Nest von fünf Schakalen. Sie schlugen auf der Stelle drei von ihnen tot. Der vierte lief von dannen, ward aber von den Hunden ergriffen und totgebissen. Der letzte sprang auf der Flucht in seiner Angst in ein Wasserloch und ertrank.


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