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Schweizer Märchen Sagen und Fenggengeschichten


Neu mitgeteilt von Curt Englert-Faye

1984

ZBINDEN VERLAG BASEL


Ma und Frau im Essigkrueg

Es isch emol e Ma gsi und e Frau. Die hann lang lang mitenander im ene-n-Essigkrueg gwohnt. Z'letscht am änd aber isch's ne verleidet, und der Ma het zur Frau gsait: «Du bisch schuld dra, daß mer in däm suure-n-Essigkrueg Eibe miend; wäre mer nur nit do!»

Derno hänn si agfange mitenander händle-n-und wies<. lii tue und sind enander in däm Essigkrueg als nochegloffe. Do isch uff eimol e goldig Vegeli an dä Essigkrueg ko z'fliege, das het gseit: «Was händle-n-er denn eso mitenander?» «He!» sait d'Frau, 's Essigkriegli isch is verleidet und mer mechte-n-au emol wohne wie ander Lyt; derno wämmer zfriede si!»

Do het sie' s goldig Vegeli us dam Essigkrueg use gb. het sie an e nagelnei Hysli gfiehrt, wo hinde dra e zierlig Gärtli gha het, und sait zuenene: «Das isch eier! Labet jetz einig und zfriede, und wenn er mi bruche, so derfe-n-er nur dreimol in d'Händ klatsche und riefe:

«Goldvegeli im Sunnestrahl!
Goldvegeli im Demantsaal!
Goldvegeli iberal!»

Wie sie aber e paar Wuche in däm Hysli gwohnt sind, und emol in der Nochberschaft umme kemme. hänn sie do e großmächtige Buurehof gseh, mit große Ställ, Gärte-n-und Äcker und Gsind. Jetzt het's e ne scho wider nimme gfalle in ihrem munzige Hysli, und s'isch ene ganz verleidet gsi,



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und arne scheene Morge hänn sie heidi fascht zue glycher Zyt in d'Händ klatscht und hänn gruefe:

«Goldvegeli im Sunnestrahl!
Goldvegeli im Demantsaal!
Goldvegeli iberal!»

Und in eim Witsch isch's goldig Vegeli zuem Fänschter yne ko z'fliege-n-und het sie gfrogt, was sie welle. «Ach», hänn sie gsait, «das Hysli isch doch au gar z'klai! Wemmer nur au sone große prächtige Buurehof hätte, derno wette mer z'friede si!» s'Goldig Vegeli het mit syne-n-Aigli e weneli blinzlet, het aber nit gsait, und fiehrt sie ane große prächtige Buurehof, wo viel Äcker dra gsi sind und Ställ mit Vieh und Knächt und Mägd, und het ene-n-alles gschänkt.

Der Ma und d'Frau sind vor Fraide-n-in d'Hechi gumpt und hänn sich fascht nid kennt. Jetz sind sie e ganz Johr lang froh und zfriede gsi und hänn sich gar nit Bessers kenne dänke. Aber lenger het's au nid duuret, denn wie sie jetze-n-als mängmol in d'Stadt gfahre sinn, hänn sie do die prächtige große Hyser und die feine putzte Heere und scheene Dame gseh in de Stroße schpaziere goh; do hänn sie dänkt: In der Stadt muaß es aber herrlig zuegoh, und me bruucht do nit eso viel z'schaffe; und d'Frau het sich gar nid kenne satt seh an däm Staat und däm Wohiläbe und het zue ihrem Ma gsait: «Mer wänn au in d'Stadt! Rief du dän goldige Vegeli! Mer sind jetze scho lang gnueg uf däm Hof!» Der Ma het aber gsait: «Frau, rief du-n-em!» Änntlig het d'Frau dreimol in d'Händ klatscht und het gruefe:

«Goldvegeli im Sunnestrahl!
Goldvegeli im Demantsaal!
Goldvegeli iberal!»

Do isch's goldig Vegeli wieder zuem Fänschter yne ko z'fliege und het gfrogt: «Was wänner vommer?!» — «Ach», het d'Frau gsait, «'s Buureläb-n-isch is verlaidet, mer mechte-n



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au gärn Stadtlyt si und scheeni Klaider ha und im ene so-ne große prächtige Huus wohne; derno wämmer zfriede si!» 's goldig Vegeli het wieder mit de-n-Aigu blinzlet, het aber nit gsait, und het sie ins scheenscht Huus in der Stadt gfiehrt, und in de Käschte sind scheeni Klaider g'hange uf die neischti Mode. Jetz hänn sie gmaint, s'gäb nit Bessers und nit Scheeners uf der Wält, und sind ganz ußer sich gsi vor luter Fraid.

S'het aber laider wieder nit lang duuret, so hänn sie gnueg gha und hänn zue-n-enander gsait: «Wemmer's nur hätte wie d'Edellyt, wo in große Paläschte-n-und Schlesser wohne und Bedienti mit goldige Borte binde uf der Gutsche hänn! Das wär erscht eppis Rächts!» Und d'Frau het gsait: «Ma, jetz isch's an dir, em goldige Vegeli z'riefe.» Der Ma het wieder lang nit welle, äntlig, so d'Frau gar nit het welle noh b mit Miede, het er dreimol in d'Händ klatscht und het gruefe:

«Goldvegeli im Sunnestrahl!
Goldvegeli im Demantsaal!
Goldvegeli iberal!»

Do isch's goldig Vegeli wieder zuem Fenschter yne ko z'fliege und het gfrogt: «Was wänner scho wieder vommer?» Do het der Ma gsait: «Mer mechte gärn Edellyt si, derno wämmer z'friede si!» Do het aber 's goldig Vegeli gar arg mit de-n-Aigu blinzlet und het gsait: «Ihr unzfriedene Lit! Wenn wärde-n-er emol gnueg ha? I will eich au zue Edellyt mache, aber s'isch eich nit guet!» Und s'het ene gly e scheen Schloß gschänkt, Gutsche-n-und Resser und e Huufe Dienste. Jetz sind sie Edellyt gsi und sind alli Tag schpaziere gfahre und hänn an nyt meh dänkt, als wie sie der Tag welle-n-umme bringe-n-in luter Fraid und Nyttue.

Emol sind sie in d'Hauptstadt gfahre fir e groß Fescht z'gseh; do isch der Keenig und d'Keenigin in-ere ganz vergoldete Gutsche gsässe in goldgschtickte Klaider, und vornen-und



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hinde-n-und uf beide Syte sind Marschall, Hoflyt, Page-mund Soldate gritte, und ahi Lyt hänn d'Hiet und Nastiecher gschwänkt, wo sie vorb gfahre sind. Wie het do däm Ma und däre Frau s'Härz pepperlet! Kuum sind sie haim ko, hänn sie zue-n-anand gsait: «Jetz wämmer no Keefig und Keenigin wärde! Derno wämmer aber uffliecre!» Do hänn sie wider ahi beide mitenander in d'Händ klatscht und hänn gruefe, so luut a's nur hän kenne:

«Goldvegeli im Sunnestrahl!
Goldvegeli im Demantsaal!
Goldvegeli iberal!»

Do isch's goldig Vegeli wider zum Fänschter sue ko z'fliege und het gfrogt: «Was wanner jetze vommer?» Do hann sie gsait: «Mer mechte gärn Keenig und Keenigin si, derno wämmer z'friede si!» Do het aber s'goldig Vegeli gar arg mit de-n-Aigu blinzlet, d'Fäderli gsträibt und mit de Fligeli gschlage und het gsait: «Ihr wieschte Lyt! Wenn wärde-n-er emol gnueg ha! i will eich nu no zue Keenig und Keenigin mache, aber derby wird's doch nit blybe, denn ihr hann doch nie gnueg!»

Jetz sinn sie Keenig und Keenigin gsi und hann her's ganz Land z'bifähle gha und hänn sich e große Hofstaat ghalte, und ihn Minischter und Hoflyt hann als mieße uf d'Knei falle, wenn sie eins von-ene gseh hänn, und nodino hänn sie ahi Biamte im ganze Land zu sich IL) ko und händ ene vo ihrem Thron abe schträngi Bifähl gä. Und was nur Tirs und Prächtigs in alle Länder gsi isch, das het mieße häregschafft wärde, daß es e Glanz und e Rychtum gsi isch, es isch nit zum sage.

Jetze sind sie aber doch nit z'friede gsi und hänn als gsait: «Mer wänn no eppis meh wärde!» Do het d'Frau gsait: «Wärde mer Kaiser und Kaisere!» «Nai!» het der Ma gsait, «mer wänn Pabscht wärde!» «Das isch alles nit gnue», «het d'Frau in ihrem Yfer gruefe, «mer wänn lieber Herrgott si!»



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Kuum aber het sie das Wort gsait gha, so isch e mächtige Sturmwind ko z'bruuse und e große schwarze Vogel mit funklige-n-Auge, wo wie Firreder grollt sind, isch zuem Fänschter yne ko z'fliege und het gruefe, daß alles zitteret het: «Versuuren ihr numme-n-im Essigkrueg!» Und derno isch die ganzi Herrligkait verschwunde gsi, und der Ma isch wieder mit syner Frau im Essigkrueg gsäße. Und jetz kenne sie au drinn sitze blybe.


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