Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

VOLKSMÄRCHEN DER KABYLEN

I. BAND


WEISHEIT

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



Atlantis Bd_01-0004 Flip arpa

EINBANDZEICHNUNG VON VON F. H. EMCKE


33. Schürzenjäger-Variante (Auszug)

Die nachfolgend skizzierte Erzählung gilt merkwürdigerweise als wahre Geschichte.

Vor noch nicht langer Zeit sind einmal drei Brüder gemeinsam zur Arbeit gegangen. Sie arbeiten und ruhen dann unter einem Baume aus. Sie schlafen unter dem Baume ein. Im Schlafe bittet nun ein jeder Gott um eine große Gnade. Der erste bittet: "Ich bitte Gott, daß er mich jeden Tag vierzig Sous in der Tasche haben läßt." Der zweite bittet: "Ich bitte Gott, daß er mich jeden Tag zwanzig Sous in der Tasche haben läßt." Der dritte bittet: "Ich bitte Gott, daß er mir einen Penis geben läßt, der viermal so lang ist wie ich selber bin." Gott erfüllt die Wünsche, während die drei Burschen noch schlafen.

Als sie erwachen, hat der eine vierzig Sous in der Tasche, der zweite zwanzig, der dritte hat einen Penis, der ist so lang, daß er ihn um Schultern und Lenden wickeln muß; er ist so lang, daß er es ihm unmöglich macht, zu arbeiten. Die ersten Brüder ziehen vergnügt ins Land, haben jeden Tag, der eine vierzig, der andere zwanzig Sous in der Tasche und arbeiten dazu noch, so daß es ihnen sehr gut geht. Der aber, der den langen Penis hat, ist erst unglücklich. Er läßt sich eine Zeitlang von den andern beiden mit durchfüttern, dann aber sagt er eines Tages: "Ich sehe, daß ich es nicht ertragen kann, mich von euch durchfüttern zu lassen. Ich muß mir allein helfen. Ich habe noch fünfhundert Franken bei mir, mit diesen muß ich sehen, was ich anfange." Der Mann mit dem Penis trennt sich also von den anderen beiden.

Der Mann mit dem langen Penis trifft einen Mann, der trägt eine Kiste. Der Mann mit dem langen Penis fragt, was er in der Kiste habe. Der Mann antwortet: "In der Kiste habe ich den Schlaf (nadam) und eine Ratte (arartha)." Der Mann mit dem Penis kauft nun die Kiste mit der Ratte und dem Schlafe und sagt bei sich: "Hiermit kann ich nun mein ganzes Leben lang für meinen Unterhalt sorgen." Er schickt nun den Schlaf in die Häuser. Wenn die Leute eingeschlafen sind, geht er hinein und stiehlt, was er gebrauchen kann. Er schickt die Ratte in die Felder, und die Ratte



Atlantis Bd_01-177 Flip arpa

stiehlt ihm alle Lebensmittel, die er nötig hat. So lebt er lange Zeit gut und hat ein gutes Einkommen. Er zieht umher und es geht ihm sehr gut.

Eines Tages kommt der Mann mit dem langen Penis in eine Stadt, in der lebt ein Agelith, der hat eine Tochter von sechsundzwanzig Jahren und ein Usir, der hat eine Tochter von einundzwanzig Jahren. Beide sind unverheiratet und sehnen sich, besonders die Tochter des Agelith, sehr nach einem Manne. Die Tochter des Agelith sieht einmal gerade zum Fenster hinaus, als der Mann seinen Penis, den er mehrmals zusammengerollt hat, auf einen Stein legt und auf den Kopf schlägt, wobei er sagt: "Ich fühle, daß du eine Frau haben willst. Ich bin aber arm und kann dir nur Schläge geben." Die Agelithtochter sieht das vom Fenster aus, sie erregt sich bei dem Anblick so, daß sie in Ohnmacht fällt. Sie ruft eine alte Frau, sendet sie herunter zu dem jungen Mann und läßt ihn bitten, heraufzukommen.

Der junge Mann mit dem langen Penis kommt. Die Agelithtochter setzt ihm Essen vor. Der junge Mann mit dem Penis sagt: "Ich kann noch nicht essen, ich muß erst mein Pferd in den Stall stellen." Die Agelithtochter sagt: "Du hast doch kein Pferd." Der junge Mann sagt: "Ich habe so gut ein Pferd, wie du den Stall hast."

Nun versteht die Agelithtochter. Sie legt sich hin und sagte: "Hier ist der Stall." Der junge Mann rollt seinen Penis auseinander, geht in das fünfte Zimmer und führt von dort aus "sein Pferd in den Stall". Die Agelithtochter ist selig.

Die Agelithtochter behält den Mann mit dem wunderbaren langen Penis im Hause und ist von ihm ganz entzückt. In ihrer Begeisterung erzählt sie davon der Tochter des Usir. Die will auch davon kosten. Die Agelithtochter lädt sie ein. Die Usirtochter ist aber zu jung und zu ungestüm. Sie will an Maß zu viel aufnehmen und wird dabei so erregt, nimmt den Penis so weit in sich auf, daß sie stirbt. Die Agelithtochter und der Mann mit dem langen Penis erschrecken. Sie beschließen gemeinsam zu fliehen. Sie nehmen eine Kiste mit Gold und fliehen von dannen aus dem Ort und in ein fernes Land. In dem anderen Lande, das an der See gelegen ist, wohnt nun ein Agelith, der hat auch eine Tochter, die ist neunundzwanzig Jahre alt und über die Maßen geil. An der Küste wirft der junge Mann nun eines Tages seinen Penis als Angelrute aus und fischt damit. Die Tochter des dortigen Agelith sieht das von ihrem Fenster aus. Sie erregt sich bei dem Anblick außerordentlich. Sie sendet sofort



Atlantis Bd_01-178 Flip arpa

ihre Negerin aus und läßt den jungen Mann mit dem wundervoll langen Penis rufen.

Der junge Mann beschläft nun auch diese Agelithtochter. Diese wird so beglückt, daß sie aus eigenem Antriebe ihre Eltern tötet. Sie heiratet den jungen Mann mit dem langen Penis, und der wird auf diese Weise Agelith.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt