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Märchen vom Balkan und den Mittelmeerinseln


Illustrationen von Eva Raupp Schliemann

Märchen europäischer Völker


Der Bursche und die Katze

Es war einmal ein Junge bei einem Kaufmann im Dienst. Er arbeitete schon ein ganzes Jahr lang, und am Ende des Jahres bezahlte ihm der Kaufmann seinen Lohn, soviel ihm zustand. Der Junge aber gab ihm das Geld zurück und behielt nur drei Heller. Dann ging er an den Fluß und warf diese drei Heller ins Wasser, um zu sehen, ob sie wohl auf den Grund fielen. Kaum hatte er sie losgelassen, da waren sie schon auf den Grund gefallen.

Im zweiten Jahr tat er dasselbe. Im dritten Jahr aber fielen die drei Heller nicht auf den Grund, und so behielt er sie mit gutem Recht.

Auch im vierten Jahr blieb er noch bei dem Kaufmann im Dienst. Da beschloß der Kaufmann, auf den Markt zu fahren. Der Junge gab ihm seine drei Heller, er sollte ihm dafür etwas auf dem Markte kaufen. Der Kaufmann nahm die drei Heller und lächelte. »Ach, für die drei Heller werde ich dir auf dem Markte eine Flöte kaufen«, sagte er ihm ganz ruhig. Dem Jungen aber gefielen die Worte seines Herrn nicht.

»Meister«, sagte er ihm, »ich bitte dich, nimm mich mit auf den Markt, da kann ich dir unterwegs dienen.« Der Meister war damit einverstanden, und beide machten sich auf den Weg nach den Markt. Ehe sie auf ihr Schiff stiegen, sah der Junge, wie drei Kinder ein Kätzchen schlugen. Dem Jungen tat das Kätzchen leid, deshalb wollte er es aus den Händen der Kinder retten, doch die Kinder wollten seine Bitten nicht erhören und das Kätzchen totschlagen. Schließlich kaufte ihnen der Junge das Kätzchen um einen Heller ab und rettete ihm das Leben. Er nahm es und ging mit ihm zu seinem Dienstherrn.

Sie stiegen auf das Schiff und fuhren über das Meer. Als sie so eine Zeitlang gefahren waren, erhoben sich mächtige Wellen und trugen das



Bd-01-178_Maerchen aus dem Balkan Flip arpa

Schiff aus seinem Wege und an eine Insel. Die Mannschaft band das Schiff am Ufer fest, und alle gingen auf die Insel. Einige Leute auf der Insel luden den Meister und den Jungen zum Abendessen in ein Haus. An diesem Abend kamen in dem Hause, in dem der Kaufmann und der Junge waren, einige Einheimische ins Gespräch.

Als die Gäste sich zum Abendessen niedersetzten, gaben die Leute von der Insel ihnen Stöckchen in die Hand und sagten ihnen, sie sollten sich damit wehren, denn es würden viele Mäuse kommen und versuchen, ihnen das Brot wegzunehmen.

Als der Junge das hörte, holte er sein Kätzchen. Er nahm es aus dem Sack und hielt es auf dem Arm, um abzuwarten, bis die Mäuse kämen. Kaum lag das Brot auf dem Tisch, da kamen die Mäuse in hellen Scharen. Der Junge ließ das Kätzchen los, und als das Kätzchen die Mäuse packte und erwürgte, piepsten die Mäuse und flohen Hals über Kopf, soweit sie sich noch retten konnten.

Die Katze hatte etwa die Hälfte der Mäuse getötet. Die anderen aber versteckten sich in ihren Löchern.

Als die Leute auf der Insel sahen, daß das Kätzchen so tüchtig war, staunten sie sehr und baten den Jungen, er sollte es ihnen verkaufen. Der Kaufmann sah, daß das Kätzchen an diesem Ort sehr dringend gebraucht wurde. Da fragte er die Leute, wieviel Tausende sie ihm geben würden, wenn er ihnen das Kätzchen dortließe, damit es ihnen die Mäuse vernichte und sie von der Mäuseplage befreie.

»Soviel du verlangst, so viel geben wir dir, nur erbarme dich, bitte, und verkaufe uns das Kätzchen«, sagten ihm die Leute.

Sie gaben ihm so viel Geld, wie er wollte, dann aber fuhren der Kaufmann und der Junge auf den Markt, zu dem sie auf dem Weg gewesen waren. Der Junge kaufte doppelt soviel Ware wie sein Dienstherr und wurde ein großer Kaufmann.

So vermehrt sich ehrlich erworbenes Geld.


Copyright: arpa, 2015.

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