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Das blaue Band


Norwegische Märchen Band II

Übersetzt von Käthe Wolf-Feurer

J. CH. MELLINGER-VERLAG STUTTGART


Der Herr vom Berg und Johannes Blessom

Johannes Blessom war einmal in Kopenhagen, um einen Prozeß zu führen, denn in jenen Zeiten konnte man sich hierzulande kein Recht verschaffen. Wenn man zu seinem Recht kommen wollte, so mußte man wohl oder übel nach Kopenhagen reisen. Das hatte Blessom getan, und das tat später auch sein Sohn, der auch einen Prozeß hatte. Am Weihnachtsabend hatte Johannes mit den hohen Herren geredet und seine Geschäfte geordnet, und so ging er nun betrübt den Weg entlang, denn er hatte Heimweh.

Wie er nun so ging, kam ein Mann aus Vogo an ihm vorbei, er trug ein weißes Wams mit Knöpfen, wie Silbertaler so groß, und er trug auch einen Rucksack. Er war ein großer, stämmiger Mann, er schien ihn zu kennen, aber er ging so schnell.

»Du gehst aber schnell«, sagte Johannes.

»Ja, ich muß eilen«, antwortete der Mann, »ich muß noch heute abend nach Vogo«.

Ach könnte ich doch auch dahin!« seufzte Johannes.

»Du kannst bei mir auf den Schlittenkufen stehen«, sagte der Mann, du mußt wissen, ich habe ein Pferd, das braucht zu einer Meile nur zwölf Schritte.«

So begannen sie ihre Fahrt, und Johannes Blessom hatte genug zu tun, sich auf den Schlittenkufen zu halten, denn es ging durch Wind



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und Wetter, er konnte weder Himmel noch Erde sehen.

Einmal hielten sie an und ruhten sich aus. Wo das war, konnte er nicht genau sagen, erst als es wieder eilends weiter ging, glaubte er einen Totenkopf auf einer Stange zu sehen. Als sie wieder ein Stück Weges zurückgelegt hatten, begann Johannes Blessom zu frieren.

»O weh, ich habe einen meiner Fausthandschuhe vergessen, dort, wo wir ausgeruht haben; jetzt friert meine Hand!« sagte er.

»Das mußt du schon in Kauf nehmen, Blessom«, sagte der Mann, »es ist nicht mehr weit bis Vogo, als wir Rast machten, hatten wir die Hälfte des Weges zurückgelegt«.

Als sie über die Finnbrücke kamen, hielt der Mann an und setzte Johannes Blessom ab.

»Nun hast du nicht mehr lang zu gehen bis nach Hause«, sagte er, »aber, versprich mir, dich nicht umzuschauen, wenn du ein Brausen hören solltest und einen Lichtschein siehst.«

Das versprach auch Johannes Blessom und dankte für die schnelle Heimfahrt.

Der Mann fuhr weiter und Johannes ging über den Hügel nach seinem Hofe. Wie er so dahin ging, hörte er ein Brausen im Jutulsberg, und vor ihm der Weg wurde mit einem Male so hell, daß man eine Nadel vom Boden hätte aufheben können. Er dachte nicht mehr daran, was er dem Mann versprochen hatte, sondern drehte den Kopf, um zu sehen, was das sei.

Da stand die Trolltür vom Jutulsberg weit offen, und es leuchtete und schimmerte daraus hervor wie von viel tausend Lichtern. Mitten darin stand der Herr vom Berg, das war der Mann, mit dem er gefahren war.

Doch von der Zeit an saß ihm der Kopf schief, und er blieb so, solang er lebte.


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