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Kapitel 

DICHTKUNST DER KASSAIDEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1928

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT ZWEI KARTEN UND ZEHN ABBILDUNGEN

Die Frau bei den Riesen (Kioque)

Viele Frauen gingen fort in die Savanne, um an den Wegen Massenda auszugraben. Drei Frauen hatten Glück und reiche Beute. Sie machten sich auf den Heimweg. Die vierte fand wenig. Als die andern gingen, sagte sie: "Ich will sehen, daß ich mehr Massenda finde, ehe ich heimgehe."Sie blieb und suchte. Nach einiger Zeit kam ein starker



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Regen. Sie machte sich schnell auf den Rückweg, konnte ihn aber nicht finden. Sie kam an zwei Palmenbäume. Dazwischen hindurch führte ein Weg zu einem Häuschen, in dem Feuer brannte. Sie ging hin und setzte sich an das Feuer.

Nach einiger Zeit kam ein großer Mann herein, der trug eine Antilope (Tengu) über der Schulter. Der Mann fragte: "Wo kommst du her, was willst du hier?" Sie sagte: "Ich suchte Massenda, da kam der Regen und ich fand den Weg nicht." Der große Mann sagte: "Bleibe hier und mache das Essen." Nach einiger Zeit kam ein anderer großer Mann, der aß nur Menschenfleisch. Er trug einen toten Menschen über der Schulter. Der Mann fragte: "Wo kommst du her, was machst du hier?" Die Frau sagte: "Ich suchte Massenda; da kam der Regen und ich fand den Weg nicht." Der große Mann sagte: "So koche mir das Essen." — Die Frau kochte die Tengu für den einen. Sie kochte vom Menschenfleisch für den andern.

Am andern Tage sagten die beiden großen Männer: "Wir gehen zur Jagd." Sie sperrten die Frau in der Hütte ein und machten die Tür hinter sich fest zu. Die beiden großen Männer waren fort, da schlüpfte eine Tschulambototo (Kröte) herein. Die Tschula mbototo sagte: "Was machst du hier?"Die Frau sagte: "Ich kam auf die Felder, um Massendazu suchen. Die andern Frauen fanden viele, ich nur wenige. Die andern gingen heim, ich blieb, um noch mehr zu suchen. Es regnete. Ich verlor den Weg und kam zwischen zwei Palmen hindurch in dies Haus hier. Die Männer sind jetzt zur Jagd gegangen und haben mich hier eingesperrt." Die Tschula mbototo sagte: "Die Männer sind nicht zur Jagd gegangen, das haben sie gelogen, sie sind fortgegangen, um die andern Riesen zu holen. Dann wollen sie dich alle miteinander verzehren. Komm jedoch in meinen Leib, ich will dich retten. Ich will dich verschlucken und dich forttragen." Die Frau wollte erst nicht. Aber dann tat sie es doch. Tschula mbototo verschluckte die Frau, dann schluckte Tschula mbototo noch viel, viel Mehl.

Tschula mbototo hüpfte mit der Frau und dem Mehl im Innern von dannen. Nach einiger Zeit begegneten sie dem einen großen Manne. Der Riese fragte: "Was hast du in deinem dicken Leibe?" Tschula mbototo antwortete: "Ich habe nur Mehl im Leibe." Der Riese sagte: "Tue es heraus." Tschula mbototo übergab sich. Es war nur Mehl. Der Riese sagte: "Mach es noch einmal." Tschula mbototo tat es noch einmal. Es kam wieder nur Mehl heraus. Tschula mbototo mußte dreimal brechen. Der Riese sagte: "Es ist gut, schlucke es wieder hinter." Die Tschula mbototo aß alles Ausgebrochene wieder auf. Nach einiger Zeit traf sie wieder einen Riesen. Sie mußte wieder dreimal brechen. Sie traf einen nach dem andern.



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Zuletzt kam sie in das Dorf der Frau. Dort gab sie erst das Mehl und dann die Frau von sich. Die Frau ging hin und badete sich. Sie war sehr froh. Tschula mbototo sagte: "Sprich nicht über die Sache." Die Frau sprach nicht darüber.


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