VOLKSDICHTUNGEN AUS OBERGUINEA
I. BAND
FABULEIEN DREIER VÖLKER
HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS
1924
VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA
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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE
MIT 4 BILDBEILAGEN
7. Die Gute und die SchlechteEin Mann hatte zwei Frauen. Jede von den beiden hatte ein kleines Mädchen. Die eine der beiden Frauen ging eines Tages
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mit einem Beil und ihrem Kinde in den Wald, um Feuerholz zu schlagen. Die Frau stieg auf einen Baum, um oben trockene Äste abzuschlagen. Sie schlug einige Äste ab. Dann aber stürzte der Baum um. Der Baum stand am Rande eines Flusses. Die Frau stürzte mit dem Baum in den Fluß.
Als die Mutter im Wasser lag, rief sie ihrem kleinen Mädchen zu: "Laufe schnell nach Hause zu Vater. Sage Vater, daß ich in den Fluß gefallen bin und daß ich ihn bitte, er möchte dir rote Farbe (die sehr geschätzte Rotholzfarbe) geben, damit du sie in den Fluß wirfst. Dann wird der Fluß mich wohl wieder herauslassen." Das Kind lief fort und zu seinem Vater. Der Vater war gerade auf dem Missifelde mit Ackerbau beschäftigt. Das Kind sagte: "Mutter ist in den Fluß gefallen und bittet dich, ihr rote Farbe zu schicken, damit der Fluß sie wieder frei läßt." Der Vater gab dem Kinde die rote Farbe. Das Kind lief zurück. Es warf die rote Farbe in den Fluß. Der Fluß ließ darauf die Frau frei. Als die Frau ging, gab er ihr noch viele schöne Stoffe mit. Die Frau ging mit den Stoffen und mit ihrem kleinen Mädchen wieder nach Hause.
Die andere Frau des Mannes sah die schönen Stoffe. Sie sagte zu ihrem kleinen Mädchen: "Ich will auch so schöne Stoffe haben." Die Frau nahm ein Beil und ihr Mädchen und ging mit ihm in den Wald an den Fluß. Die Frau hackte eine Zeitlang ein wenig Holz. Aber sie fiel nicht in das Wasser. Sie sagte: "Das währt mir zu lange!" Dann ließ sie sich in den Fluß fallen. Sobald die Frau im Wasser lag, rief sie ihrem kleinen Mädchen zu: "Laufe sogleich nach Hause zu deinem Vater und sage ihm, daß ich ins Wasser gefallen bin. Sage ihm, er soll dir sogleich viel rote Farbe geben. Die bringst du her und wirfst sie in den Fluß. Lauf aber schnell, damit ich bald wieder aus diesem gräßlichen Wasser herauskomme. Und wenn du dann meinen Kopf oder mein Bein oder meine Hand auftauchen siehst, so zieh mich schnell heraus. Paß auf, daß du dabei die Stoffe nicht zerreißt."
Das Kind lief sogleich zu seinem Vater. Es traf den Vater auf dem Missifelde bei der Farmarbeit. Das Kind sagte: "Meine Mutter ist auch in den Fluß gesprungen; gib schnell rote Farbe, aber recht viel, damit der Fluß ihr recht viel schöne Stoffe mitgibt." Der Vater gab dem kleinen Mädchen rote Farbe. Das kleine Mädchen lief zurück und warf die rote Farbe in den Fluß. Nach einiger Zeit kam der Kopf der Mutter zum Vorschein. Das Kind zog den Kopf heraus. Er war abgeschnitten. Nach einiger Zeit kam ein Arm zum
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Vorschein. Das Kind zog ihn heraus. Er war abgeschnitten. Nach einiger Zeit kam ein Bein zum Vorschein. Das Kind zog es heraus. Es war abgeschnitten. Der Leib der Frau war vollständig zerschnitten.
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