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Kapitel 

DIE ATLANTISCHE GÖTTERLEHRE

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1926

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

MIT EINER FARBIGEN TAFEL, 16 KARTEN

UND 87 ZEICHNUNGEN IM TEXT


1. Kapitel: Atlantis

Im Jahre 1910 gelang es mir, im Lande der Joruba, die an der Küste Westafrikas nahe der Nigermündung heimisch sind, durch Ausgrabungen bedeutungsvolle archäologische Funde zugewinnen, deren Eigenart und Bedeutung unverkennbar sind. Der Ort, an dem der Expedition dieser Erfolg beschieden wurde, ist allgemein unter dem Namen Ife im ganzen Jorubaland und weit darüber hinaus bekannt. (Vgl. 6. Kapitel)

Die archäologischen Funde bestehen zum ersten in großen Urnen, in derem Inneren Glasflusse und Glasperlen von einer Eigenart lagerten, die ich nur hier in Ife kennenlernte. Zum zweiten waren allerhand offenbar der Architektur dienstbar gewesene Terrakotten, wie geschmückte Rohre und Kacheln vertreten. Daran schlossen sich aus Quarz geschnittene Kunstgegenstände außerordentlich sorgfältiger Arbeit, von Krokodildarstellungen, Menschenköpfen und großen Hockern bis zu zierlichen Henkeln. Den Gipfelpunkt stellten aber Terrakottaköpfe und -torsen dar, von denen die ersten die Bewunderung aller Kunstkenner erweckt haben, ebenso wie das Erstaunen aller ernsthaften Fachmänner. Denn sie haben keineswegs etwas zu tun mit "primitiver Kunst", sondern sind Vertreter einer klassischen Kunst von (für Negerafrika) unerhörter zartstilisierter und großzügiger Feinheit (vgl. Seite XVII). An diese Terrakotten schloß sich ein großer Kopf in Gelbguß an, der diesen in nichts nachstand (vgl. die farbige Tafel).

Von diesen Funden berichteten alle Joruba übereinstimmend, daß die Scherben und Geräte ein in die Erde gesunkenes Gut der Götter, daß die Terrakottenporträts die zu Stein gewordenen und in die Tiefe gesunkenen Götter selbst seien, der Gelbgußkopf mit seinem eigenartigen Diadem aber der "große", der "erste" (also oberste) Gott der alten Zeit, Olokun, der Gott des Meeres selbst.

Mit diesen Funden war das vorher altgeschichtlich gänzlich beziehungslose Westafrika zu einer archäologischen Fundgrube geworden und das Arbeitsgebiet der historischen Interessen nach Westen weit aus dem Mittelmeer heraus bis an die tropischen Küsten Westafrikas verlegt.



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Diese durch so selten schönen Erfolg ausgezeichnete Expedition war die dritte der drei großen Reisen, die ich mit ganz bestimmten und vorgeschriebenen Aufgabestellungen nach Westafrika unternahm, der Fund selbst aber die Bestätigung einer auf möglichst genauen Berechnungen und Beobachtungen aufgebauten Hypothese.

Der Ausgang und die erste Gedankenrichtung waren folgende:

Schon die ersten neuzeitlichen Berichte, die wir über die "Entdeckung



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"Westafrikas aus dem 15. und 16. Jahrhundert besitzen, weisen auf Zustände und Kultur besitztümer in diesen Ländern hin, die mit unsern Vorstellungen eines primitiven Barbarismus nichts zu tun haben. Da hören wir von Städten mit breiten Straßen, von Ländern, die ohne Unterbrechung von Anpflanzungen bedeckt und mit sauberen, sorgfältig gereihten Palmenalleen durchzogen sind, von Menschen, die in Stoffe von Plüsch und von Seidenartigkeit gekleidet sind, von großen Reichen und Königtümern, bedeutenden Hofstaaten und Zeremonialen, von Tempeln usw.

Alles dies, was damals verhältnismäßig schlichte Schiffskapitäne beschrieben, ist an der Westküste Afrikas heute so gut wie ausgerottet durch den Europäer. Das grausame Prinzip "Amerika braucht Arbeiter" führte zum Sklavenhandel. An der Küste wurden Faktoreien angelegt, die wie große Saugpumpen erst in der Nähe das erreichbare Menschenmaterial aus dem Lande zogen und dann im Inlande Sklavenraubzüge und -jagden ins Leben riefen. Dadurch degenerierte die Kultur der Küsten sehr schnell. Die Charakterschwäche des westafrikanischen Negers vermochte den Verlockungen, die äußerer Tand, starker Alkohol und unwürdige Orgien waren, nicht standzuhalten. So kam es, daß in und um die Faktoreien das eigentlich Afrikanische sehr schnell degenerierte und an seine Stelle eine Nachäfferei des Europäers in äußerer, sittlicher und religiöser Hinsicht eintrat. Man vergesse nicht, daß diese "Zivilisatoren"Afrikas, diese Agenten und Matrosen des Sklavenhandels, die sich in diese ihres Klimas wegen doch sehr verrufenen Länder wagten, nicht gerade die Blüte europäischer Bildung darstellten, daß außerdem das eigenartige portugiesische Element darin eine sehr bedeutende Rolle spielte. Was hier von Europa aus auf Westafrika einwirkte, wurde von hier aus in entsprechender Verdünnung reflektiert. Dieser Gesichtspunkt war für meine Überlegungen von außerordentlicher Wichtigkeit. Denn:

Überall an der Westküste Afrikas von Senegambien bis Angola gibt es heute noch "Fetische" und den "Fetischismus", "Fetischpriester", "Fetischtempel" usw. Diese Fetische sind zum Teil und neben anderem, Figuren aus Holz, Elfenbein oder Lehm. Eine eingehendere Prüfung der Berichte über den Sinn und die Bedeutung dieser kleinen und großen Gebilde, besonders derjenigen von der Gold-, Sklaven- und Loangoküste ergab, daß durch eine dicke Schimmelschicht äußerer Verallgemeinerung in vielen Fällen noch der Kern einer wesentlichen Göttersymbolik hindurchschimmerte. Nicht schwer war es, diesen Überstrich seinem Ursprung nach zu erkennen. Er hängt direkt mit dem Worte "Fetisch" zusammen, ein Wort, das nicht afrikanischen, sondern europäischen Ursprungs ist. Seine Wurzel liegt in dem portugiesischen "feticeiro" = zaubern. Diese



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"Zauberei"spielte im Heimatlande der portugiesischen Konquistadoren Westafrikas in der Zeit der Blüte des Sklavenhandels eine große, ja eine den Volksgeist typisch charakterisierende Rolle. Der Fetischismus ist also europäische Deutung und repräsentiert in Afrika die verunklärende Verschleierung alter reinerer und bedeutenderer Anschauung. Der portugiesische Faktorist interpretierte nach heimischem Sinne die westafrikanischen Äußerungen religiöser Natur, und der charakterschwache Neger gab sich solchem Urteilsspruch hochgeachteter, weil äußerlich reich ausgestatteter Fremdlinge um so eher hin, als nicht einmal nur immer gleiche Völker diese Länder und Landstriche beherrschten, sondern immer neue Wellen von Inlandstämmen hereinbrachen, die das hier Heimische unter dem Einfluß der machtvollen Sklavenhändler von den verkommenden Voranwohnern übernahmen.

Nach Entfernung solcher unafrikanischer Neuschicht wurden also unter den westafrikanischen "Fetischen"leicht und vielfach alte Götter, und unter den "Fetischpriestern"Götterpriester bemerkbar. Eine Ordnung der Götter resp. von Göttern stand aber dem genannten Kulturbild von reichgekleideten Menschen, Palmenalleen und wesentlichen Königtümern durchaus an, und bildete mit all seinem Kulturgut zusammen ein ehrwürdiges Vermächtnis aus historischer Zeit und eines, dessen Herkunft nur aus afrikanischer Kulturbildung heraus nicht zu erklären war.

Die naturgemäße Schlußfolgerung also war, daß in einem mehr oder weniger breiten Streifen sich an der Westküste Afrikas, also am Atlantischen Ozean, in der Vorzeit eine fremde Kultur eingenistet hatte, die sich immer mehr afrikanisierend, zuletzt afrikanische Physiognomie angenommen, dann aber unter dem Einfluß europäischer Küstenzivilisation ihre Lebenskraft eingebüßt hatte.

Dieses waren die Gedankengänge, die mich zur Ausführung meiner Expeditionen nach Westafrika veranlaßten.

In den Jahren, ehe ich diese Reisen antrat, war mein Augenmerk in steigendem Maße auf die Kulturbewegungen im Pazifischen und Indischen Ozean gerichtet gewesen. Das Werden der hochmythologischen Periode (vgl. "Erlebte Erdteile" Bd. VII) mit den enormen Dimensionen der Meeresüberwölbung hatte zuerst naturnotwendig die Blicke auf die Wege um das Kap der guten Hoffnung herum gelenkt.

Die Ergebnisse dieser Reisen jedoch, wie auch ein gründliches dazwischengeschobenes Studium der Kulturentwicklung im Mittelmeer, sowie endlich die erste Kleinafrikareise 1910 führten zu vorher wenig geahnten Ausblicken.

Unwillkürlich tauchte das Problem der Atlantis auf, das nach dem



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solon-platonischen Bericht aus Sais draußen vor den Säulen des Herakles einst blühte und dann untergegangen war. Eine romantisch Fabel schien sich zu festen Formen zu verdichten.

Manches Jahr wurde seitdem anderen, umfangreicheren, sowie engeren Aufgaben gewidmet. Immer wieder tauchte, oft ganz unerwartet, diese Atlantisfrage auf. Und wie sich das Problem heute darstellt, das mag hier im Zusammenhange mit einer neuen Verarbeitung der Akten kurz dargestellt werden. Hierbei aber gilt es, nicht vom Einzelnen auszugehen, sondern das Ganze ins Auge zu fassen.

Denn nicht nur hier an der Westküste, also auf der atlantischen Seite Afrikas, sind Spuren des Einflusses hoher Kulturen von außen her nachweisbar. Gleiches ergibt sich aus den Untersuchungen des Nordens wie des Ostens.

Das Einfalltor hoher Kulturen in Afrika von Norden her ist besonders das Syrtengebiet mit Kleinafrika, ihr Bewegungsgebiet in der Richtung über Fezzan zu verlaufend. Das Bedeutsame dieser "syrtischen" Kultur lag in einer Gliederung des Gemeinwesens nach wohlgeschichteten Kasten, ihr bis heute wertvollster Niederschlag in der Ependichtung der Barden (vgl. Bd. VI).

Von Osten her trat die höhere Kultur auf zwei Gebieten vom Indischen Ozean aus in Afrika ein. Im Norden in dem Südarabien gegenübergelegenen Abessinien und im Süden in dem südlich der Sambesimündung sich ausdehnenden goldreichen Lande. Bei leichter äußerer Abweichung sind die Ausdrucksformen beider erythräischer Kulturen die gleichen. (Über die norderythräische und kaschitische Kultur vgl. Bd. IV, über die süderythräische Bd. XII.) Die Ausbildung des Gemeinwesens hat bedeutsame und charakteristische Staatsformen zum Ausdruck. Es sind Staaten im Sinne von "Reichen". Jedes Reich hatte vier Provinzen und Provinzfürsten, die die Wähler und auch Richtherren der über ihnen thronenden Priesterfürsten waren. Dieser Priesterfürst war Symbol göttlicher Macht des Ablaufs mythologischen Schicksals.

Diesen beiden Kulturen ist gemeinsam der Mangel an äußeren Symbolen materieller Natur. Aber dies aus verschiedener Ursache; der syrtischen, weil das Mythologisch-Religiöse in ihr überhaupt keine wesentliche Bedeutung hat; der erythräischen, weil das Tiefere und Symbolische in der Heiligkeit des Ablaufs menschlichen Lebens und somit im Erleben beruht (vgl. Bd. V, erster Teil). In dieser äußeren Armut und nach ihrer sozialen Struktur nun stehen beide im Gegensatz zu der westafrikanischen, atlantischen Kultur.

Diese westafrikanische Kultur ist heute von allen die am meisten zerfallene und "verbildete". Aber nicht nur der Einfluß der europäischen Zivilisation ist hierfür die Ursache. Noch zwei andere Erscheinungen



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sind für die Erklärung dieser Tatsache in Anspruch zu nehmen. Zum ersten lagerte diese von Westafrika einsickernde alte Kultur auf einer noch älteren und primitiven, die vom Osten her über den Indischen Ozean hierher vorgedrungen war; jene Kultur, die mit der Banane als Kulturfrucht einzog und die wir die alterythräische nennen wollen, und zum andern drangen die jüngeren nord- und süderythräischen Kulturen mit solcher Wucht und unbeirrter Wanderrichtung von Osten in die Steppenländer Nord- und Südafrikas ein, daß sie bis zur Westküste gelangten und die atlantische Kultur in Südguinea im späteren Reiche Kongo, im nördlichen Guinea in Joruba sich berührten, mit ihr verschmolzen oder sie überdeckten. —Dieses Erythräische muß also abgedeckt werden, um das Atlantische freizulegen.

Nach solcher Maßnahme ergibt sich dann aber als Quintessenz der Eigenart atlantischer Kultur: Erstens die Tendenz zur Bildung von Städten, zweitens eine hierarchische Ordnung des Stadtbildes sowie der Gemeindeleitung und drittens die Erhaltung eines durch Mythen, Symbole und Kultus klar ausgebildeten Welt- und Götterkosmos. Die nach sechzehn Himmelsrichtungen eingehausten sechzehn großen Götter vereinigen sich zum Mundus. Dies Weltbild ist abgespiegelt in der Anlage der Stadt und in der priesterlichen Leitung der Stadtsechzehntel. Damit sind Zeit und Raum, der Kultus und die überaus reiche Symbolik vorgeschrieben. — Solches also sind die Leitsymptome oder Charakteristika des Aufbaus atlantischer Kultur.

Und mit solchem Urwesen ist die atlantische Kultur, dem Sinne nach, der Eigenart der syrtischen und der erythräischen unverkennbar entgegengesetzt.



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Die atlantische Kultur, zunächst so benannt, weil ihr Ausbreitungsgebiet sich vom atlantischen Gestade aus in das Inland ergossen hat, zeigt in allen Eigenarten so charakteristische Symptome, daß ihre Wesenszüge nach jeder Richtung und in jedem Sinne abstechen gegen die andern afrikanischen Wesens. Eine Reihe von Beispielen soll das belegen.

Während im inneren weitausgedehnten Afrika der Mond männlich, seine Geliebte aber die Venus ist, hat im atlantischen Gebiet die Sonne männliches, der Mond weibliches Wesen. Nur in dem gleichen Gebiet sind die drei heiligen Symbole: die Hand, die Achterrosette und das Hakenkreuz (die Svastika), die alle drei dem großen Afrika als solchem fehlen, heimisch. Nur hier finden wir den Webstuhl der Plüschweberin, den Griffwebstuhl der Frauen, den sehr eigenartigen frontalen Bogen, den echten Impluvialbau, die hochentwickelte Terrakottenkunst, die alte Tragbahre, die von der Frau geflochtene westafrikanische Matte, das spezifische (den matriarchalischen Sitten zugehörige)



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Neffen-Erbrecht, die Dörr- und Sargbestattung, die Eingeweide-und Leberorakel, die Mythe vom Urweltei, den sakralen Turnus, die Vierfarbensymbolik, den Bilderdienst in seiner prominenten Form usw., und zwar dies alles in klarer Abgeschnittenheit gegen Innerafrika und gegen die Einflußwellen der syrtischen und erythräischen Kulturen.

Zu dem Grundwesen der sozialen, mythologisch-hierarchischen und kosmogonischen Stilreinheit tritt also der Block einer entscheidend wuchtigen Zusammengehörigkeit einzelkultureller Symptome, so daß das Ganze als Einzelwesen, als selbständiger Organismus, als Geschlossenes denkulturellen Eigenarten des gesamten übrigen Afrika gegenübertritt.

Solcher Geschlossenheit des Erscheinens gegenüber fragen wir mit Recht nach der Möglichkeit eine Verwandtschaft festzustellen, wo sie auch immer zu finden sei.



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An der Spitze des westafrikanisch-atlantischen Götterkreises steht Olokun, der Gott des Meeres, Poseidon. Der Götterkreis ist gebildet nach der Zahl der Sechzehn, die überall wiederkehrt, in der Zahl der Orakeiwürfel, der Zahl der Flammen, der Opferlampe, der Zahl der physischen und psychischen Glieder resp. Kräfte und Teile des Menschen, in der hierarchischen Ordnung der Priester. Die wesentlichen Orakel sind außer der Handhabung der Würfel die Schau der Eingeweide und der Leber. — Das Symbol aller Ordnung ist ein Steinbeil, aufragend aus einem Blitzbündel von sechzehn Stäben. Wesenheit einer alles schreckhaft beherrschenden und niederhaltenden düsteren Religion ist Edschu, der Gott mit den Schlangenhaaren, der Gott, der am Horizont über dem Weltkreise der vier Wassertiere sich erhebt.

Mehr und mehr lernen wir im Mittelmeer als die altklassische Periode erkennen: eine apollinisch-griechische Zeit, jungstark sich abhebend von einer älteren (pelasgischen?), die durch einen poseidonisch düsteren Charakter ausgezeichnet ist. Die Geschichte und das Wesen der jungen apollinischen Kultur kennen wir als Ur- und Wesensgeschichte des Griechentums. Des Griechentumes, das siegreich in blendender Jugendschönheit und -reinheit ein düsteres, alterndes, das Mittelmeer bis dahin ausfüllendes Kulturwesen überwand und verdrängte. Dieses ältere aber war die poseidonische Kultur, deren klarste Belege uns noch aus der tyrrhenischen Kultur, aus dem etruskischen Wesen in das Römertum hineingerettet hat.

Es kann hier nicht meine Aufgabe sein, in einer eingehenden Abhandlung die Kultur der poseidonischen Periode, wie sie uns die Zeugnisse der Etrusker, bestimmter Westasiaten, der Phönizier, die Belege von Tarschisch-Tartessos und einiger hamitisch-semitischer



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Stämme erbringen. Es muß uns hier genügen darauf hinzuweisen, daß die Kultur der poseidonischen Periode stilgemäß im Sinne wie in der Form eine Einheit war und daß diese einheitliche Kulturform das Urwesen der atlantischen Kultur in Westafrika gewesen sein muß.

Denn hier wie dort war das Weltbild sechzehngliedrig und thronte Poseidon an der Spitze der Götter, waren Gorgo wie Edschu schreckhafte Sonnengottheiten mit Schlangengekräusel und Ausgang der Riemenornamentik, war Mundus Vorbild der Stadtgliederung, bedeuteten die Fasces das gleiche, dominierte der Impluvialbau mit Atrium toscanikum, war der kleine trianguläre Bogen mit frontaler Besehnung, war (vor der Leichenverbrennung) die Sarg- und Dörr-. bestattung Sitte, war Dunkel die Trauerfarbe - dominierte jener düstere, zu Menschenopfern bereite Geist, den das Griechentumüberwand.

Das jünglingsstarke Griechentum verscheuchte das düstere Weltbild, kümmerte sich wenig um sein Dagewesensein, denn es war stark und lebensfroh genug, um sich selbst anzuerkennen. Derart, daß die Griechen wenig Interesse daran hatten, Chronisten und Ethnographen der poseidonischen Periode zu werden.

Der Umschlaghafen Tarschisch-Tartessos in Südspanien, der einst Westasien mit Westafrika verband, verschwand. Sein Dasein ward schon den Römern zu einem Märchen der Altvordern. Aber in den Akten Salomos und seines Freundes König Hiram blieb er als Tatsache bewahrt. Diese entsandten noch ihre Schiffe von dort aus auf langer Fahrt zur Goldküste -aber Platon ward das tropische Goldland schon zur Heimat eines Götterschicksals von ehedem - zum Atlantis mit den Palmen, die dem Menschen Speise, Getränk und Kleidung gewähren (Elaeispalme), das die Burgen mit Gelbgußplatten hatte (wie in Benin), zum fernen Lande der Elefanten.

Klar heben sich aus solchen Vergleichen und Betrachtungen die Tatsächlichkeiten einer hernach in Vergessenheit versinkenden atlantischen Kulturwelt hervor.



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Vor uns stehen nun diese Terrakotten, der Olokunkopf, allerhand Trümmer aus Westafrika als archäologische Belege. Dann aber ragt aus dem Nebel der Vergangenheit die Götterlehre der Joruba empor-diese nicht ein träumerhaftes Relikt, sondern ein lebendiger und belebter Organismus, eine geschlossene Mythologie als Ausdruck eines Lebensgefühles, das sonst nirgends mehr auf der Erde unbeirrt Völker durchströmt. Denn das Lebensgefühl der Joruba ist, da wo Europa noch nicht seine Magazine und Plantagen einnistete, das der hohen Mythologie - und zwar mit dem vollerhaltenen Baugerüst wie Bauschmuck der Zeit vor den Griechen.



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Was unter dem Ansturm des Griechentums vor Jahrtausenden im Mittelmeer - was damals als schon Altes und Alterndes zugrunde ging, das lebt heute noch im fernen Lande Westafrikas.

Das ist der Zauber des Altlantisproblemes.

Nicht das Anziehende aus dem Bereiche von Ahnungen und Vermutungen.

Sondern zauberhafte Wucht von erstaunlichen Tatsachen und einer nach Jahrtausenden zu bemessenden Wirklichkeit.


Copyright: arpa, 2015.

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