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VOLKSERZÄHLUNGEN UND VOLKSDICHTUNGEN


AUS DEM ZENTRAL-SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



Atlantis Bd_09-0004 Flip arpa

TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 2 KARTENBEILAGEN

91. Hankaka (Schildrabe) und Gisu (Spinne)*

Viele Hankaka kamen öfters, um die Früchte eines Baumes, der im Wasser stand, zu essen. Dann gingen sie immer, wenn sie sich vollgefressen hatten, in Gisus Haus, um zu schlafen. Gisu fragte: "Könnt ihr mich nicht mitnehmen zu eurem Futterplatze ?" Alle Raben zogen sich eine Feder aus und gaben sie Gisu, die steckte sich Gisu alle an. Dann nahm Gisu seine Tasche unter den Arm und seinen Stock. Ein Baum heißt "Hauri" (Feige). Zu dem flogen sie alle. Als nun die Raben fressen wollten, sagte Gisu jedesmal: "Die Frucht habe ich schon vorher von meinem Hause gesehen, die ist mein." So aß Gisu den ganzen Tag, stopfte sich die Tasche voll, und die Raben saßen hungrig dabei. Dann sagten sie zu Gisu: "Wenn du fertig bist, wollen wir alle hier auf dem Baume schlafen."Als nun die Nacht kam und Gisu schlief, rissen die Raben ihm alle Federn aus. Als nun der Morgen kam, flogen alle Raben weg, Gisu aber fing an zu weinen, nahm seinen Stock und steckte ihn in das Wasser. Der Stock sagte: "Das Wasser ist nicht tief.""Du lügst", sagte Gisu und steckte die Tasche ins Wasser. Sie blieb oben. Da sprang Gisu herab. Da sank Gisu unter auf den Boden des Flusses und traf dort



Atlantis Bd_09-368 Flip arpa

Jangrua_Leute.* Die riefen: "Fangt ihn! Fangt ihn!" Gisu aber sagte: "Ich bin selbst Jangrua. "Ja,"sagten die Jangrua, "wir werden sehen." Da gaben sie ihm eine Suppe, aus dem Flußschlammbereitet. "Wenn du diese Suppe essen kannst, bist du einer von unseren Leuten." Gisu setzte sich auf die Kalebasse, auf die Erde nieder, machte heimlich ein kleines Loch in den Boden und ließ alle Suppe wegfließen. Als noch ein wenig darin war, schloß Gisu das Loch wieder, rief einige Kaba und gab ihnen die Kalebasse zum Auslecken. Die balgten sich darum und zerbrachen dabei die Kalebasse. Gisu aber fing an zu schreien: "Sie haben die Kalebasse meiner Freunde zerschlagen." Da kamen die Jangrua und sagten: "Er hat die Suppe gegessen, er ist unser Bruder; aber wo soll er schlafen?" Da gaben sie ihm ein kleines Haus, auf dessen Boden Eier aufgespeichertwaren. Gisu machte dort ein Feuer, bat, daß einige Knaben bei ihm schlafen dürften und sagte zu diesen: "Wenn ihr in der Nacht ein Geräusch hört, so sagt, der Fremde hat es von hinten gemacht." In der Nacht nun warf Gisu Eier in das Feuer, und wenn sie mit einem Knall platzten, aß er sie. Die Knaben aber glaubten, daß der Fremde die Geräusche selbst gemacht habe. Als nun Gisu alle Eier bis auf eines gegessen hatte, sagte er: "Ich will nun wieder nach Hause gehen." Die Leute sagten: "Heute wollen wir unsere Vorräte zählen." "Ach," sagte Gisu, "das ist ja mein Beruf!" Da stieg Gisu auf den Eierboden, reichte dem unten sitzenden Revisor das eine Ei herab, der zeichnete es, gab es zurück. Dann leckte Gisu das Zeichen ab, gab es als ein neues zurück. Dann sagte der Revisor: "Die Zahl der Eier stimmt." "Nun will ich nach Hause gehen". sagte Gisu. Die Jangrua riefen von jeder Art einen Fisch, um Gisu im Kahn nach Hause zu führen. Als Gisu weg war, sah ein alter Mann nach dem Eiervorrat und fand nur ein Ei. Da rief er: "Holt schnell den Fremden zurück." Gisu trieb, als er die Rufe hinter sich hörte, seine Fische an: "Macht schnell, daß ihr an das andere Ufer kommt, es kommt viel Wasser von oben!" Da brachten die Fische ihn ans andere Ufer und Gisu sagte: "Kommt raus und tanzt mir!" Da kamen alle Fische heraus und tanzten mit ihm, er aber fing alle Fische und steckte sie in seine Tasche. Er rannte in sein Haus und trocknete



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die Fische an der Sonne. Da kam Salebe (der graue Reiher) an und fraß die Fische. Gisu fing den Salebe. Als Gisu gerade den Reiher schlachten wollte, kam ein Mann und sagte: "Gisu, töte ihn nicht, ich will für ihn bezahlen." Gisu sagte: "Er hat meine Fische gefressen, ich will ihn töten." Aber der Mann nahm den Reiher am Halse, und als der Mann seine Hand in die Tasche steckte, schlug ihm der Reiher mit dem Schnabel ein Auge aus und rannte fort. Gisu wollte aber sein Geld haben und bekam es.


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