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VOLKSERZÄHLUNGEN UND VOLKSDICHTUNGEN


AUS DEM ZENTRAL-SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 2 KARTENBEILAGEN

25. Die wählerische Maid und der Fischmann

In einer Stadt der Eadjici (Joruba =Eadjischi, Sing. Eadji; Nupe =Nufendji, Plur. Nufendjischi) kam immer ein Njika (Fisch) mit zwei Kameraden ans Ufer. Alle drei verwandelten sich dann in Männer und gingen so auf den Markt. Der erste Njika war also Fisch von der Ebadji genannten Art; der zweite Fisch war ein Egodji; der dritte Fisch war ein Eladji.

In der Stadt wohnte ein Nupemädchen. Das Mädchen wollte keinen Fisch heiraten. Kein Mann war ihr recht. Sie wollte nicht diesen Mann. Sie wollte nicht jenen Mann. Das Mädchen ging auf den Markt. Auf dem Markte sah sie den Njikamann mit seinen beiden Kameraden. Das Mädchen konnte nicht wissen, daß der Mann und seine Kameraden Fische waren. Das Mädchen sagte: "Den Mann will ich heiraten." Der Njikamann sagte: "Ich will aber nicht das Mädchen zur Frau haben." Das Mädchen weinte. Das Mädchen sagte: "Ich will aber keinen anderen Mann heiraten." Das Mädchen weinte. Der Njikamann sagte: "Du willst also keinen anderen Mann; dann will ich dich heiraten!"

Das Mädchen kam nach Hause. Das Mädchen sagte zu seinem Vater: "Ich sah heute einen Mann, den will ich heiraten." Der Vater gab dem Mädchen 100 Kleider, 100 Edeko (Leibschals), 100 Tikwe (Kopftücher), 100 Doro (Lendenschnüre aus Scheibchen), 100 Lufuta (Kopfwickel). Der Vater ließ das Mädchen kleiden und schmücken. Der Vater führte das Mädchen dem Mann zu. Als der Markt zu Ende war, ging der Njikamann mit seinen Kameraden weg, und das Mädchen folgte ihm.

Der Njikamann ging mit seinen beiden Kameraden herab zu Edu (dem Niger). Das Mädchen folgte ihnen. Nach einiger Zeit kamen sie nahe an das Ufer. Der Njikamann sagte zu dem Mädchen: "Kehre um; wir haben kein Haus!" Das Mädchen sagte: "Wenn ihr in die Luft geht, gehe ich mit; wenn ihr ins Wasser geht, gehe ich mit." Der Njikamann und seine Kameraden kamen an den Edu. Der Njikamann sagte: "Hier im Wasser ist unser Haus. Wir müssen uns trennen." Das Mädchen weinte; der Ebadjimann weinte; der Egodjimann weinte; der Eladjimann weinte.



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Der Ebadjimann sagte: "Jetzt singe ich, aber nachher gehe ich ins Wasser!" Der Egodjimann sagte: "Singe nur! Nachher singe ich auch und gehe dann ins Wasser." Der Ebadjimann begann zu singen: "Ich will jetzt ins Wasser hineingehen und hindurchschwimmen, wie andere kleine Fische." Der Ebadjimann sprang auf. Er sprang ins Wasser. Er ward zum Fisch. Er schwamm von dannen. Das Mädchen schaute ihm vom Ufer aus nach.

Der Egodjimann sagte: "Wo Ebadji hinging, gehe ich jetzt auch hin. Wo Ebadji durchschwamm, schwimme ich jetzt auch durch." Der Egodjimann sprang auf. Er sprang ins Wasser. Er ward zum Fisch. Er schwamm von dannen. Das Mädchen schaute ihm vom Ufer aus nach.

Der Eladjimann sagte: "Wie meine Freunde taten, will ich jetzt auch tun." Das Mädchen sagte: "Was soll das werden?"Eladji sagte: "Wenn jemand in unsere Heimat will, muß er sich erst im Niger baden." Das Mädchen ging hin und badete sich. Sie kam schnell zurück, ehe Eladji ins Wasser springen konnte. Eladji sagte: "Nun reibe dich mit Issa (Rotholz, Kamwood) ein!" Das Mädchen nahm eine kleine Schale; sie brach vom Rotholz Ballen ab; sie tropfte Wasser darauf; sie rührte es an. Sie nahm Butter (Mansanu; Haussa =Manschanu; Joruba =Riama) und rieb sich mit Butter und Issa die Hände. Eladji sang: "Wo meine Brüder hingehen, muß ich jetzt auch hingehen. Wo meine Brüder hindurchschwammen, schwimme ich nun auch durch."Eladji sprang ins Wasser. Eladji ward auch zu einem Fisch. Das Mädchen sprang ans Ufer. Das Mädchen griff nach dem Fisch ins Wasser. Das Mädchen faßte den kleinen Eladji an der Schwanzflosse. Eladji glitt ihr aus den Fingern.

Das Mädchen hatte rotgefärbte Hände. Daher hat der Eladjifisch eine rote Schwanzflosse.


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