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Kapitel 

Hauffs Werke

Erster Teil

Gedichte — Märchenalmanache

Herausgegeben

und mit einem Lebensbild versehen

von

Max Drescher


Hoffe!

Stimme von dem braunen Hügel,
Die du oft ins stille Tal
Wiedertönst die lauten Worte,
Lieben trauten Wiederhall,
Stimme, die du meine Lieder,
Die Akkorde meiner Zither
Wiedertönst, erschalle,
Gib nicht neckend meine Frage wieder,
Gib mir Antwort, Stimm' im stillen aale.
Stiller Strom im grauen Bette,
Eile nicht so schnell davon,
Daß mein Ohr einmal verstände
Deiner Wellen leisen Ton;
Deine schönen Silberquellen
Sollen traulich mir erzählen,
Rausche lauter, rausche,
Sprich zu meinem Ohr aus deinen Wellen,
Daß ich deine Sagen mir erlausche.



Hauff_Vol_1-012_Gedichte Flip arpa

Die ihr an dem alten Turme
Oft im Mondesschimmer webt
Und in nächtlich-stiller Stunde
Durch den blassen Hain entschwebt,
Nebelschatten alter Helden,
Ach, daß sie mir doch erzählten,
Steht mir Red', ich frage,
Wollt ihr nichts aus euren Tagen melden.
O wie gerne lauscht' ich eurer Sage.
Von den alten, öden Zinnen
Schauen düster sie herab,
Ach, sie blicken von den Türmen
Schweigend in ein ödes Grab,
Alles Edle ist verklungen,
Alles hat die Zeit verschlungen,
Dem Geschlecht hienieden,
Das so tief in seinem Fluch gesunken,
Haben keine Antwort sie beschieden!
Auch des Stromes stille Wellen
Haben schönre Zeit gesehen,
Als noch edlere Geschlechter
Bauten auf der Berge Höhen,
Stolz verachtet er die Frage,
übertönet meine Klage,
Seine blauen Wogen
Denken schweigend jener schönen Tage,
Schweigend sind durchs Tal sie hingezogen.
Und so steh' ich denn alleine
In der stillen Mondesnacht,
Weine um die trüben Zeiten,
Ob kein neu Geschlecht erwacht?
Ach, daß sich mein Volk ermannte,
Daß es sprengte seine Bande!
Ob ich wohl noch hoffe?
Lautlos fließt der Strom vom grauen Strande
Nur das leise Echo ruft mir: Hoffe!