Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

[775]

Hans Vogler an
Bullinger
St. Gallen,
27. März 1536

Autograph: Zürich StA, E II 351, 182 (Siegelspur) Ungedruckt

Mochte, daß Bullinger nun, nach Abschluss des Kommentars zu den neutestamentlichen Briefen, den Druck des [Ersten Helvetischen Bekenntnisses] besorgt. Bittet um Neuigkeiten über die Solothurner "Banditen", die Belagerung des Schlosses [Chillon] usw. Abt [Diethelm] ist auf dem Weg nach Wil mit dem Schirmhauptmann und dem Hofmeister zusammengetroffen; der Mönch, der über die Teilnehmer der Basler Zusammenkunft geschimpft haben soll, ist wieder in St. Gallen. Vogler hofft, daß Bullinger die Kopie, über die er Bescheid weiß. Kaspar [Megander] geschickt hat; der Mann, der nicht nachläßt, die Berner zu schelten, ist gekommen. Grüsse. Wenn [Heinrich] Rahns Haus bereit ist, wird Vogler mit seiner Familie kommen. Die Egnacher sollten ihre Sache weiterziehen, da sie von Bern jetzt Unterstützung erwarten können.

Gottes gnad erhalte unns. Amen.

Fürgliepter herr und bruder, min herr Vadian hat mich sechen lassen das büchly über die epystel, so ir gemacht, und gen Franckfurt in die mess getruckt worden etc. 1 So nun ir mitt dem selben fertig, hab ich üch um gottes willen us min und andrer beger petten, Dass ir verhelffen, das die predig, zu Basel beschechenn 2 , by üch getruckt wurde. Nochmals unser ernstlich pitt, ir wellend das fürdernn a , wie man üch vertruwt etc. Gott syg lob des Basileyschen tags etc.

Was ir dess tags Baden vernemen b3 , och Solutornen panditen, die zu Bern ligen 4 , oder zitung 5 , mittailend uns. Och wie es um das schloss, davor die Berner ligen 6 , stande etc.

a in der Vorlage fürdenn.
b in der Vorlage vermen.
1 Im März 1536 war bei Froschauer in Zürich Bullingers Kommentar zu den Thessalonicher- und Pastoralbriefen sowie zum Philemonbrief (HBBibl I 81) erschienen; vgl. HBD 24, 26f. — Zur Frankfurter Frühjahrsmesse vgl. oben Nr. 774, Anm. 18.
2 Vogler denkt wohl an das auf der Basler Tagung erarbeite, am 4. Februar den versammelten Abgeordneten auf dem Rathaus verlesene Bekenntnis, das aber - so
war beschlossen worden - nicht gedruckt werden sollte (vgl. Köhler, ZL II 413f; zur Basler Tagung vgl. oben Nr. 737, Anm. 1).
3 Auf den 27. März war eine Tagsatzung nach Baden einberufen worden (vgl. EA IV/1c 666-669).
4 Hans und Rudolf Roggenbach, die Führer der Solothurner "Banditen" (vgl. HBBW V, S. 352, Anm. 13) waren auf bernischem Territorium festgenommen worden (vgl. oben Nr. 772, Anm. 10).
5 Neuigkeiten (Grimm XV 591-593).
6 Gemeint ist das Schloß Chillon (vgl. oben Nr. 766, Anm. 14).

Alhie stat es wol. Der apt 7 redt 8 vordrigs tag us der statt gen Wyl zu. Underwegen komen im der hoptman 9 , hoffmaister 10 . Und der from mönch 11 , der hie, also ist die sag, predigt sol haben: "Die kätzer kond aber 12 zu Basel zusamen", ist och wider hie. Die sag was, er käm nit mer, welte gen Lutzern etc.

Mich wundert, ob ir die copy gen Bern her Casparn 13 geschickt, wie ir wol wist. Dann der mann 14 ist komen, ist recht, dann er den fromen Bernern wenig schenckt mit reden uff der stras etc. 15

Wir baide 16 begered, daß ir uns uxor 17 , mater 18 , puer 19 , virgo 20 und alles grüssend.

Wenn des Ronen hus uberhin ist 21 , dörftend wir wol bald komen.

Actum Sant Gallen, mentag nach letare anno 36. jar.

U[wer]w[illiger] Hans Vogler.

Wie ich nächstmals 22 mit üch redte, us pitt der biderben lüten us dem Egny 23 , so gen Arben 24 ghörend, oder och Arben etc., ob sy nit erlangen möchted, lut der abschaiden 25 haisen fürfarn, diewil ich sich 26 , daß die Berner sich och yetz ernstlicher annemen etc. Uwer williger c .

c in der Vorlage irrtümlich willen.
7 Diethelm Blarer von Wartensee, Abt des Klosters St. Gallen.
8 ritt.
9 Schirmhauptmann Anton Auf der Maur von Schwyz (vgl. unten Nr. 832, Anm. 17).
10 Niklaus Friedrich von Heidenheim zu Klingenberg (s. St. Gallen Stiftsarchiv, Rep 14a, S. 45).
11 Wahrscheinlich Wendelin Oswald (vgl. HBBW V, S. 486f, Anm. 9). 12 wieder.
13 Kaspar Megander. — Zur Sache ist weiter nichts bekannt (vgl. auch unten Nr. 790, 12-15).
14 Unbekannt.
15 nicht nachläßt, die Berner öffentlich zu schelten.
16 Vogler und seine Frau Appolonia, geb. Baumgartner.
17 Bullingers Frau Anna, geb. Adlischwyler.
18 Bullingers Mutter Anna, geb. Wiederkehr.
19 Bullingers Sohn Heinrich.
20 Brida Schmid, die Dienstmagd.
21 bezogen werden kann (SI II 1323). —
Heinrich Rahn hatte das Haus Zum hohen Steg von den Nachkommen des bei Kappel 1531 gefallenen Hans Schneeberger gekauft, trat im Frühjahr 1536 aber als Landvogt Amt und Wohnsitz auf der Kyburg an. Vogler bezog das Haus im Juni 1536 (vgl. Werner Schnyder-Sproß, Die Familie Rahn von Zürich, Zürich 1951, S. 36; Zürich ZB, Ms S 318, 11; auch unten Nr. 790, 4-6).
22 letztes Mal.
23 Egnach (Kt. Thurgau).
24 Arbon (Kt. Thurgau).
25 Die reformierten Bewohner von Egnach, das kirchlich zu Arbon gehörte und damit dem Bischof von Konstanz unterstand, politisch aber Teil der eidgenössischen Landvogtei Thurgau war, beanspruchten — unter Berufung auf den Landfrieden und auf den 1532 mit Bischof Johannes von Lupfen geschlossenen Vertrag - einen Teil des Pfrundgutes zur Besoldung eines eigenen Pfarrers (vgl. Knittel, Kirche 55-62, und bes. EA IV/1c 566. 712 z. 721). Ein Vergleich wurde erst 1537 mit dem bischöflichen Vogt Jakob Christoph Krumm erreicht (vgl. HBBW V, S. 137, Anm. 1).
26 sehe. 1QS

[Adresse auf der Rückseite: d :] An minen fürgeliepten hernn und fründt Hainrichen Bull[igern] zu hä[nden].