Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[697]

Bullinger an
Joachim Vadian
Zürich,
12. Dezember 1535

Autograph: St. Gallen Stadtarchiv Vadiana, Trucke XXVI, Nr. 4 (Siegelspur) Gedruckt a : Vadian BW VII 61f

Anton Sprüngli hat zugegeben, mit Peter Graf und Othmar Widenhuber über einige [in den Appenzellerkriegen] erbeutete Banner gesprochen zu haben, und hat sich auf eine Chronik berufen, in der vom Verlust eines St.-Galler Banners in der Schlacht am Stoß die Rede sein soll; er wollte aber St. Gallen nicht beleidigen und hat gebeten, seine Entschuldigung weiterzuleiten.

Min bereydt, willig dienst bevor.

Insonders günstiger, lieber herr, Anthoni Sprüngly ist beckantlich 1 , das er gägen Peternn Graffen 2 und Othmaren Widehubren ettwas sich habe mercken

s superstitionis korr. aus superstitionem.
34 Theodor Bibliander.
35 Leo Jud.
36 Anscheinend hat Bullinger Zwick um eine Stellungnahme zur 1535 gedruckten Neubearbeitung der Zürcher Agende (HBBibl I 613) gebeten.
37 Bullinger hatte das Ave Maria beibehalten und neu gedeutet; s. Z IV 698, 5-11; vgl. Markus Jenny, Bullinger als Liturg, in: HBGesA II 215f.
a Gedruckte Zusammenfassungen: Bodemer 36; Appenzeller Urk. II 111, Nr. 2005.
1 gesteht, bekennt sich dazu (SI III 372).
2 Peter Graf, 1500-1584/85, war Kaufmann, gehörte ab 1544 dem St. Galler Rat an und amtete 1540 als Stadtrichter, 1552 als Bauherr sowie 1545, 1553 und 1563 als Spitalmeister. — Lit.: Hans-Peter Höhener, Bevölkerung und Vermögensstruktur der Stadt Sankt Gallen im 16.

lassen 4 , das S. Gallen ettliche paner und Apptzel 5 ettliche paner gewonnen. So habe er in einer chronicka (sye imm rächt 6 ) geläsen, das die statt S. Gallen amm Stooß ze Apptzell habe ein paner verloren 7 . Sölichs könne er nitt lougnen, er habe es geredt, er habe es aber under vertruwten 8 geredt und nitt vermeint, das es imm söllte einigen nachteyl bringen. So habe er liebere lüt nitt gehept dann Santgaller, züge er ann gott 9 ; dorumb er sömlichs inn ghein wäg ze schmach der statt geredt, sunder alein uß anzug 10 und wie ein red die ander gäben. Hatt mich gar früntlich gepätten, denen widerumb, vonn denen mir die gschrifft 11 fürckummen 12 , 12 , ze schryben und früntlich zu bitten, sy wöllind verhälffen, das nützid 13 uß der sach wyter gemacht, dann er es ye 14 geläsen und uß gheinem argen 15 geredt; wölle allwäg 16 ein guter Sangaller sin. Dorumb bitt ich üch trüngenlich 17 , ir wöllind inn der sach das best thun; dann er sust gar ein redlicher, frommer, guthertziger xell 18 ist.

Lassend mich allter kundtschafft 19 unnd früntschafft geniessenn. Hiemitt sind gott befolhen.

Datum Zurych, 12. decembris 1535.

Heinrych Bullinger,

üwer gantz eygner.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem frommen, ersammen, fürsichtigen unnd wysen h[errenn] Joachimen vonn Watt, burgermeisternn zu Sangallen, sinem lieben herrenn b .

b Darunter ein Kanzleivermerk.
und 17. Jahrhundert (Auswertung der Steuerbücher), Diss. phil., Zürich 1974, S. 202 und Reg.; St. Gallen Stadtarchiv Vadiana, Stemmatologia Sangallensis, Appendix I, Nr. CXXXII. 4; Appenzeller Urk. II, Reg; Vadian BW V 278.
3 Über den Bildhauer Othmar Widenhuber ist wenig bekannt. Er wurde 1531 im Gefecht am Gubel gefangengenommen, nach Luzern gebracht und vom St. Galler Rat losgekauft. — Lit.: St. Gallen Stadtarchiv Vadiana, Stemmatologia Sangallensis X, Nr. CXXXVI. 6; HBRG III 205; Kessler, Sabbata 370, 46; Traugott Schieß, in: Schweizerisches Künstlerlexikon, redigiert von Carl Brun, Bd. III, Frauenfeld 1913, S. 495; HBLS VII 511.
4 Vgl. oben Nr. 695, 2-8. 35-38.
5 Appenzell.
6 wenn er sich richtig erinnere (SI VI 204).
7 Die Appenzeller behaupteten allerdings,
sie hätten das Banner in der Schlacht bei Vögelinsegg (1403) erbeutet (vgl. Bodemer 13). Die Schlacht am Stoß fand zwei Jahre später statt; zu diesem Zeitpunkt waren St. Gallen und Appenzell miteinander verbündet.
8 unter Freunden, im Vertrauen (SI XIV 1609).
9 das bezeuge er bei Gott.
10 weil man darauf zu sprechen gekommen sei.
11 der Brief (oben Nr. 695).
12 zugekommen ist (SI III 279).
13 nichts.
14 irgendeinmal (s. Matthias Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Bd. I, Leipzig 1872, Sp. 1413).
15 nicht aus böser Absicht (SI I 445).
16 immer (Grimm I 241f).
17 inständig.
18 Geselle, junger Mann.
19 Bekanntschaft (SI III 353).