Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[406]

Bullinger an
Philipp von Hessen
Zürich,
4. Juli 1534

Autographe Abschrift: Zürich StA, E II 338, 1369r.-v. Gedruckt: Reformationsbündnisse 112f

Dankt Gott für den Sieg Philipps. Fordert diesen auf, das Wort Gottes und die allgemeine Gerechtigkeit zu unterstützen und sich der Verbreitung des Evangeliums anzunehmen, ungeachtet der Verunglimpfung durch Mißgünstige.

Philippsen, lantgraffen ze Hessen, graven ze Catzemelobogen[!], sinem g[nädigen] h[erren]1 .

Durch[lüchtiger] hochg[eborner] f[ürst] und herr, min willig gehorsamm dienst syend u[wer] f[ürstlichen] g[naden] alle zyt bevoran bereydt.

Ich sagen gott, unserm hymelischen vatter, eewig lob und danck, daß er unser rüffen erhört und u. f. g. syg, eer und pryß 2 ggäben hatt und unß die

c Zum Teil mit griechischen Buchstaben: CON- greek
Bern und einen Gegenangriff gegen die Berner, falls diese gegen Österreich zu Felde ziehen würden (s. EA IV/IC 383f. 395f). Nach langen, zähen Verhandlungen kam es an der Eidgenössischen Tagsatzung zu Baden am 27. Oktober 1534 durch die Vermittlung der XII Orte zu einer friedlichen Lösung: Der Beschlag auf die Zehnten von Waldshut wurde durch die Anwälte von König Ferdinand I. aufgehoben, und Bern erhielt das Erbeinungsgeld; nur über einzelne Gegenforderungen wurde später noch weiter verhandelt (s. EA IV/IC 419 k. 494, vgl. auch Reg.).
21 Siehe Haller an Bullinger, 6. Juni 1534, oben Nr. 390.
22 Schultheiß Hans Jakob von Wattenwyl.
23 Wortspiel auf: Haller.
24 Theodor Bibliander.
1 Zu den Umwegen, auf denen der vorliegende Brief sowie jener an Ulrich von Württemberg vom selben Datum (unten Nr. 407) die Adressaten erreichten, s. unten S. 234, Anm. 2.
2 im Zusammenhang mit dem für Philipp von Hessen siegreich verlaufenen Kriegszug in Württemberg, der die Wiedereinsetzung

schand abgenommen, damitt 3 alle widerwertigen 4 die eewigen warheyt verhast gemacht, by iro sye weder syg, glück noch heyl 5 . Gott der allmächtig wölle u. f. g. wyßheyt, stercke und demut verlyhen, damitt sy iro fürnemmen ze glückseligem end bringe, daß dardurch göttlicher warheyt und gemeiner gerechtigheyt uffgange 6 . Mir ist ouch ungezwifflet, aller syg, glück und heyl werde u. f. g. alein dorumb vonn gott ggäben, daß sy gottes wort und gemeine gerechtigheyt fürdere. Und so dann söliche eer iro vonn gott gunnen 7 , ist billich, daß sy vor allenn dingen gottes eer suche, und wenn es fug 8 hatt und die unmussen 9 zulassend, der warheyt, die mitt valschem schyn und vilfalltiger valscher leer verduncklet, herfür ann das liecht hälffe. Dann alle frommen und gottliebende menschen ein grosse hoffnung von u. f. g. empfangen, allß die 10 vornaher 11 allwägen getrüw ann der warheyt erfunden. Bitt also u. f. g. zum höchsten, sy wölle iro die erbreyterung 12 deß evangelii Christi lassen angelägen sin und nitt achten unserer mißgünstigen 13 ||1369v. verklagen, die unß für schwermer, uffrurer und verachter der heyligen sacramenten uußrüffend. Dann wir mitt unser leer nützid fürtragend, das nitt gegründt sye inn der geschrifft und das ye und ye alle gottesfründ gehallten und gloupt habend 14 .

Gott wölle u. f. g. ze trost aller siner diener getrüwlich erhallten inn sinem göttlichen schirm.

Datum Zürych, 4. iulii anno 1534.

U. f. g. underthäniger, williger

Heinrych Bullinger,

diener der kylchen Zürych a .

a darunter von Bullingers Hand: Die copyen schickend mir by disem botten wider.
Ulrichs in sein Herzogtum und dessen offizielle Reformation zur Folge hatte.
3 mit welcher.
4 Feinde.
5 Zu denken ist vor allem an die Reaktion der Reformationsgegner nach dem für die Reformierten unglücklichen Ausgang des Zweiten Kappelerkrieges 1531, s. Alfred Erichson, Zwingli's Tod und dessen Beurtheilung durch Zeitgenossen. Zumeist nach ungedruckten Straßburger und Züricher Urkunden, Straßburg 1883, passim.
6 sich entwickle, blühe (SI II 13).
7 gegönnt.
8 Gelegenheit (SI I 699).
9 Überlastung mit anderen Geschäften, Zeitmangel (SI IV 497f).
10 Gemeint: die fürstlichen Gnaden, also Philipp.
11 früher (SI II 1564).
12 Verbreitung.
13 Bullinger denkt vor allem an Luther und die Lutheraner, die den Begriff «Schwärmer» (s. Z. 21) wiederholt mit Blick auf die Anhänger Zwinglis anwandten, s. HBBW II 140, Anm. 31 und 32.
14 Der Grund für Bullingers Besorgnis liegt in der Ablehnung einer Reformation Württembergs in oberdeutsch-zwinglianischer Richtung durch die Lutheraner. Der Friedensvertrag von Kaaden schloß dann tatsächlich «die sacramentierer, widertäufer, auch alle andere newe unchristliche secten, die hinfürter angericht werden möchten» ausdrücklich aus. Mit «Sacramentierer» waren schon 1532 bei den Verhandlungen um den Nürnberger Anstand die Zwinglianer gemeint gewesen, s. Kammerer 15f; vgl. HBBW II 161, Anm. 4. - Siehe noch die Verteidigung des evangelischen Glaubens in Bullingers Briefen an Herzog Ulrich von Württemberg vom 4. Juli (unten Nr. 407) und 4. September (unten Nr. 433).