Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[370]

Berchtold Haller an
Bullinger
[Bern],
3. Mai 1534

Autograph: Zürich StA, E II 360, 11f (Siegelspur) Teildruck: De Quervain 10f

Beantwortet vier kürzlich erhaltene Briefe von Bullinger. Zum 1. Brief Freut sich über den Erfolg von Bullingers Werken an der Frankfurter Büchermesse und wünscht dasselbe auch für Pellikans Kommentare. Bernische Abordnung beim Herzog von Savoyen wegen eines evangelischen Adeligen [Anton Bonjour?], dessen Güter enteignet worden sind. Kriegsgefahr. Zum 2. Brief: Megander hat sich bei Haller

b in der Vorlage müch.
c in der Vorlage kömen.
d in der Vorlage walich.
e in der Vorlage vorseher.
6 nützen, fruchten (SI I 722).
7 gegeben.
8 Verwalter der grundherrschaftlichen Einkünfte (SI III 204). - Im Kloster Rüti war Wolf Huber mit diesem Amt betraut (s. unten S. 163, 59), den man als den kräftigsten und rücksichtslosesten der verbliebenen Mönche fürchtete.
9 gehöre.
10 hinter dessen Rücken
11 daß es mir den Anschein macht (SI VII 555).
12 die sich (der Sache) entziehen.
13 Streit, Mißhelligkeit (Grimm XI/III 2216).
14 Gemeint ist: weil sie keinen Streit mit dem Kloster haben möchten.
15 sagen (SI III 5).
16 geschweige denn die Mönche.
17 Nicht nachweisbar, Bedeutung unklar.
18 berichtet, erklärt (vgl. Lexer I 899).
19 ihnen, den Herren des Rats.
20 genau, sorgfältig (Grimm XI/I 2 377).
21 der Pfarrer, Konrad Lüthard.
22 sich nicht einmischen wollte (vgl. SI VI 550).

nicht darüber beklagt, daß sein Kommentar zum Epheserbrief in Zürich nicht gedruckt werden konnte. Haller wird darin mit [Simon]Sulzer erwähnt, was er nicht zu verdienen meint. [Johannes]Rhellikan hat am Werk mehr Anteil als Megander. Es wurde nach Basel zum Druck gesandt. Haller freut sich über alles, was die Kirche erbaut: Bullinger soll mit seiner allgemein geschätzten Arbeit fortfahren. Der Eidgenössischen Tagsatzung hat Bern auf ähnliche Weise geantwortet wie Zürich. Johannes Lening, dem Gesandten von [Philipp] von Hessen, antwortete der Berner Rat, daß man zur Zeit keinen Durchmarsch fremder Truppen durch das eigene Gebiet erlauben könne. Von der Frechheit eines zürcherischen Landpfarrers war in Bern noch nichts bekannt. Auf der Frühjahrssynode in Bern haben Stadt- und Landpfarrer sich gegenseitig über ihre Lehre befragt. Das Ganze verlief nach Wunsch, nur Megander hat mit seiner überraschend vorgetragenen These, es gebe keinen Unterschied in der Art, wie Adam von Gott geschaffen worden sei und wir von den Eltern geboren werden, eine unnütze, für viele anstößige Diskussion verursacht. Auftritt des Franzosen Claude [d'Aliod] nach der Synode: wegen seiner antitrinitarischen Ansichten (er ist ein Schüler Michael Servets) soll ein Disput am 5. Mai mit ihm stattfinden. [Sebastian] von Diesbach ist nach Freiburg ausgewandert. Haller bittet um die Zusendung von Bullingers Kommentar zu den Korintherbriefen, sobald sie erscheinen; Bullingers Kommentar zur Apostelgeschichte gebraucht er gerade für die Predigt, den zu den Petrusbriefen las zuerst Christian [Danmatter] mit Bewunderung. Haller hielt an der Synode zwei Predigten über das Prophetenamt im Sinne von Bullingers Rede [«De prophetae officio», 1532]; er bedauert, nicht ausführlicher darüber referieren zu können. Wann könnte Bullinger nach Lenzburg kommen? Alle Berner Boten sind in Freiburg; bei ihrer Rückkehr wird dieser Brief absendebereit sein. Grüße.

S. Paucis abhinc diebus quattuor a te, amicissime Heinrice, accaepi epistolas 1 , tui in me amoris testes locupletissimas. Quibus ex ordine, quod habeo, respondebo. Primum, ut tua Franckfordiae vendita sint 2 , non miror, immo potius calamitatem imminentem existimarem, quando praesens saeculum non ea amplexaretur, quibus id ipsum dominus per te, organum suum, dignatus est, tametsi Pellicani commentarios 3 etiam divenditos summe desiderem. Deinde a nostris nihil intelligo aliud, quam quod pacem maxime desiderent. Adeunt ducem Allobrogorum 4 questor 5 , Formosus 6 ac urbis architectus 7 in causa cuiusdam nobilis 8 , viri alioqui pii et boni, cuius arces et bona, quod

1 Nicht erhalten.
2 Bei den Bullinger-Werken, die an der Frankfurter Frühjahrsmesse 1534 offenbar einen guten Absatz fanden, handelte es sich wahrscheinlich um seine Kommentare zur Apostelgeschichte vom August 1533 (HBBibl I 43) und zu den beiden Petrusbriefen vom März 1534 (HBBibl I 52).
3 Von Konrad Pellikans Kommentaren zu den Büchern des Alten Testamentes erschien der erste Band 1532, der zweite 1533, s. HBBW III 37, Anm. 13.
4 Herzog Karl III. von Savoyen.
5 Gemeint ist wahrscheinlich Säckelmeister Hans Franz Nägeli.
6 Georg Schöni.
7 Gemeint ist wahrscheinlich der Berner Bauherr Michael Ougspurger, der dieses Amt seit 1531 bekleidete (s. HBBW II 91, Anm. 21) und Bern 1533/34 öfters in auswärtigen Angelegenheiten als Abgeordneter vertrat (s. EA IV/IC 147. 164. 376).
8 Wahrscheinlich Antoine Bonjour aus alter vornehmer Familie der Stadt Avenches
(Wiflisburg, Kt. Waadt, damals im Besitz des Bischofs von Lausanne), öfters als «Banderet» (Bannerherr; SI IV 1341) bezeichnet. Er war bereits Anfang 1530 ein überzeugter Anhänger der Reformation und wurde deswegen sowohl in Avenches als auch an seinem nahen Wohnsitz, der auf freiburgischem Gebiet lag, stark bedrängt. Im Januar 1530 wurde er von Freiburg wegen öffentlicher Lektüre der Heiligen Schrift verbannt (Bern protestierte dagegen in Freiburg am 26. Januar, s. Corr. des réformateurs II 231f) und mußte sich in seine Vaterstadt zurückziehen. Die Lage der wenigen Anhänger der Reformation in Avenches - einer Stadt, die, von ihrem Landesherrn weitgehend sich selbst überlassen, ihre Unabhängigkeit inmitten der Gegensätze zwischen Savoyen und Bern einerseits, und Freiburg und Bern andererseits nur mühsam behaupten konnte - war besonders schwer, so daß Bern 1531 öfters für sie intervenieren mußte (Corr. des réformateurs II 322f und 388f). Als man Bonjour und «seinen Gesellen» Antoine Pouthauz

verbo adhereat 9 , a nonnullis occupata tenentur. In summa: Bellum abhorremus, tametsi vici omnes nihil nisi bellica tonent 10 . Atque haec ad primam responderim epistolam.

Secundam epistolam 22. aprilis a te emissam 11 3. maii et tardius quidem accaepi, in qua mentionem facis commentarii Megandri in epistolam ad Ephesios 12 . Tametsi nihil audiverim ab eo, quod male consulat hunc apud vos non impressum 13 , quidquid tamen est, mihi nunquam obtulit legendum. Hypodidascalus 14 , qui transscripsit, aliquando paucula quaedam ostendit, ubi Sultzeri et mei memoriam fecit 15 , quam tamen malim obliteratam, quod nulla re dignus sim, qui apud a bibliopolas nomine prostem 16 . Certum est Megandrum paucula quaedam annotasse, caeterum Rellicanum omnia in ordinem digessisse, ut potius dixerim Rellicani esse quam Megandri. Misit libellum Basilaeam, ut illic imprimatur. Num id facturi sint necne, responsum expectat. Ego in his omnibus a domino pendeo. Prophetias non aspernor. Quod bonum et ad edificationem ecclesiae servit, cum gratiarum actione amplector in uno maiora, in alio minora agnoscens dona. Simplicitas, syncaeritas et pietas placet in iis, qui nunc scribunt. Ceterum, quae ex inani gloria prodeunt,

a vor apud gestrichen bibli.
im Frühjahr 1534 «zur Messe zwingen oder ihnen Wunn und Weide und andere gemeine Ehehaften verbieten» wollte, protestierte Bern in Avenches durch Georg Schöni als Gesandten kurz nach dem 13. April 1534 (EA IV/IC 306). Bei der von Haller in der Vorlage geschilderten Botschaft Schönis und anderer zum Herzog von Savoyen handelte es sich möglicherweise um einen anderen Teil des selben diplomatischen Schrittes, nur ist es unklar, welche Rolle dabei dem Herzog zugedacht war. (Von einem ähnlichen Fall unter den Adeligen in Savoyen ist nichts bekannt, aber vielleicht besaß Bonjour Güter auch auf savoyischem Territorium.) Ob es überhaupt zu einem solchen Schritt gekommen ist, bleibt unsicher, jedenfalls wurden Bonjour und Pouthauz 1535 erneut schikaniert, u. a. durch Ausschluß aus der gemeinsamen Wälder- und Wiesennutzung, was weitere Proteste von Bern in Avenches zur Folge hatte (Corr. des réformateurs III 299f; vgl. Henri Vuilleumier, Histoire de l'Église Réformée du Pays de Vaud sous le Régime Bernois, T. 1, Lausanne 1927, S. 91-93). Das änderte sich natürlich infolge der Eroberung der Waadt durch Bern 1536, trotzdem blieb Bonjour von Freiburg verbannt und wurde erst auf mehrmalige Fürbitte Berns 1538 begnadigt (s. EA IV/IC 907f XX. 994. 1001).
9 weil er ein Anhänger des Wortes [Gottes] ist.
10 Zur Spannung zwischen Bern und Savoyen
im Frühjahr und Sommer 1534, die vor allem infolge der Bedrohung Genfs durch den Herzog entstanden war, s. vor allem EA IV/IC 313. 346f. 354f. 371f. 378-382. Es ist freilich möglich, daß Haller nur auf die allgemeine Spannung zwischen katholischen und reformierten Orten innerhalb der Eidgenossenschaft hinweist.
11 Nicht erhalten.
12 Siehe oben S. 130, Anm. 32.
13 Siehe oben S. 130, 37f.
14 Vielleicht ist der Hilfslehrer Peter Huber gemeint (vgl. HBBW II.III Reg.).
15 Im Abschnitt «Ac doctores» - unter den Kirchenämtern, Eph 4, 11 - führt Megander in seinem Kommentar, aaO, S. 126-134 aus, daß der Berner Rat die Klöster in Schulen umgewandelt habe und daß die Lehrer der Lateinschulen auf dem Land und in der Stadt, die er alle aufzählt, im Sinne von Paulus Jünglinge «in bonis literis, praecipue tum sacris» unterrichteten. Er will damit gegenteilige Behauptungen von reformationsfeindlichen Personen widerlegen. Über Sulzer und Haller steht S. 132f: «Siquidem Simon Sulcerus Bernâs, iuvenis, de quo dubites, prudentiorne an eruditior sit, huc quoque interim digno stipendio conductus est. Berchtoldus autem Hallerus, collega meus et primus Bernensium ecclesiastes, prophetarum colloquio praesidet.»
16 Zu Hallers Bescheidenheit und Geringschätzung seiner Bildung vgl. HBBW II 234f, 25-34. III 83f, 17-21. 149, 7-26. 178, 3-11. 192, 21-30.

ipsa fronte mihi cognita videntur. Tu perge foeliciter, ut caepisti 17 . Nam quotquot in synodo nostra audivi fratres, deum in te laudant, sua dona in te apprime commendant et perpetuo desiderio tui tenentur, qui quottidie alia et alia faeliciori successu sis praestiturus. Sapere incipiunt parochi nostri et cum delectu doctos nostri temporis agnoscunt.

Responsum Helvetiis iam datum 18 omnibus placet, et utinam habuissemus, antequam legati fuissent amandati! Par fuisset nostratum responsum 19 , tametsi a vestro nihil dissideat, nisi quod vestrum explicatius est, nostrum generalius. Cattorum principis 20 legatum Io[annem] Lenignum 21 comiter excaepit senatus et liberali satis responso hunc amandavit, nempe conditionem nostram nunc talem esse, ut milites nullos cuiquam permittere possint, promoturos tamen quovis modo conatum utriusque principis 22 nec illorum hostibus transitum apud nos fore liberum 23 . Proinde pastoris illius ex agro vestro importunitatem 24 et ego non miror, illius tamen nulla adhuc apud nos facta est mentio. Quae si incident, gaudeo me veritatem a te didicisse.

De synodo nostra 25 hec habe: Primum convenimus omnes, quotquot sunt ministri et diaconi in Bernatium agro exclusis reliquis omnibus, exulibus scilicet Salodorensium 26 et aliis, et synodi celebrandae modum proposuimus fratribus. Is erat, ut ante prandium diebus tribus nos, qui Bernae docemus, a caeteris fratribus scrutaremur, ordine tamen observato, quomodo quisque legem evangelii, abolitionem legis, iustificationem, opera, praedestinationem, sacramenta et quicquid tale esset, doceret, ea b tamen conditione, ut simili libertate uterentur erga nos, ut et ipsi interrogati responderemus. Omnia faelicissime cesserunt et, ut speramus, cum profectu, ut scilicet, qui hactenus studiosi satis et fideles fuerunt, proficiant, ignavis calcaria sint addita 27 , quo paratiores et promptiores deinceps rationem suae provinciae reddere possint. Caeterum in his omnibus suam et hactenus a me inauditam synodo obtulit sententiam Megander. Nempe cum ipse primus rogaretur a me, quomodo legem doceret, cepit ab Adam ordiri, quomodo is creatus esset a deo 28 non

b vor ea gestrichen immo.
17 Nämlich im Kommentarwerk.
18 Eine (als solche nicht mehr erhaltene) Antwort Zürichs an die V Orte, die wohl im Zusammenhang stand mit Truppenwerbungen fremder Gesandter, dem Abschließen neuer Bündnisse und dem Halten des Landfriedens, vgl. EA IV/IC 308 h. 318f b. d. e.
19 Nicht mehr erhalten; vgl. noch EA IV/IC 318 c.
20 Philipp von Hessen.
21 Zu Johann Lenings Gesandtschaft s. oben Nr. 368.
22 Nämlich Philipp von Hessen und Ulrich von Württemberg.
23 Zu den allgemeinen Kriegsvorbereitungen vor der Rückeroberung Württembergs s. Wille 144-176; zur Anfrage Philipps in Zürich vgl. oben Nr. 368.
24 Vielleicht hatte Bullinger etwas von Nikolaus Steiner berichtet, über den an vielen Synoden verhandelt werden mußte (so im Herbst 1533 und am 5. Mai 1534, Zürich StA, E II 1, 95v. 145f; vgl. unten S. 359, Anm. 1), oder von Konrad Lüthard und dessen herber Kritik am Zürcher Rat, falls er schon vor Stumpfs Brief vom 28. April (oben S. 149f, Anm. 4f) davon wußte.
25 Die Berner Frühjahrssynode war auf den 22. April angesetzt worden, s. oben S. 129, 15f.
26 Zu den infolge des Solothurner Handels verbannten Reformierten s. Haefliger 198-200.
27 Adagia 1, 2, 47 (LB II 89B); Otto Nr. 486, S. 103.
28 Vgl. Gen 1, 26-29.

alius quam nos a nostris hodie nascamur parentibus, atque id cum tanta verborum pompa, ut a multis pro oraculo susciperetur. Franciscus 29 renuit. Fratrum aliorum cum varia essent iudicia, plerique astipularentur Megandro, ego obticui expectans, quid per «similitudinem et imaginem» dei [Gen 1, 26], iuxta quam primus homo creatus erat, intelligerent. Cum itaque singulatim rogarentur, alius legem naturae hanc esse imaginem, alius pronitatem quandam ad bonum etiam impiis communem [?]c , alius iusticiam, sanctitatem et veritatem intellexit, cumque rogaretur Megander, ultimum asseruit et alius, Schlupfindhegg 30 nimirum tibi notus, cum eo. Inferebam ego non parem esse Adae et nostram conditionem, quod Adam iuxta imaginem dei creatus sit, iustus, sanctus, verax, peccabilis tamen immo praeordinatus, ut caderet, qui tamen quantum, in se esset [?]d , peccare non potuisset, immo vim benefaciendi increatam haberet, nos vero hac libertate destituti a peccatoribus nati nihil nisi ad peccandum vim, fomitem, proclivitatem et originem ab illis receperimus, ita ut peccatum nobis sit ingenitum, Adae vero increata imago dei, id est iusticia, sanctitas et veritas, tametsi iuxta dei ordinationem casus praevisus fuerit 31 . Unde [?]e non pari modo Adam creatur a deo, ut nos a parentibus nascimur f . Hic mansimus re infecta multis per hanc loquendi novitatem et temeritatem offensis, multis item Megandri acre ingenium admirantibus. Also gond wir mitt narrenwerck umm, wend 32 allein gleert sin, achtend wenig, was buwe 33 und die kilchen verbessere. Lass ich fürgon, ut devitem contentiones inter nos et ali[as]g . Sust sind wir in allen dingen wol überein kummen und wol eins, habend ouch beredt vocationem, seu [?]h examen, permutationem, capitula und imm bann zwen mangel by unß erkent, die noch ze verbesse[ren]i . Der ein, daß kein uss schliessen noch binden oder gschieden 34 bi unser kilchen, der ander, daß kein entbinden oder versünen 35 by der kilchen ist und sy desshalb noch nitt ir auctoritet hett, wie ouch by euch fern 36 in comitiis praesente Megandro 37 beredt, und als by unß nitt erhept 38 hett mögen werden. Iam habes omnia, quae apud nos acta sunt.

c Rand beschädigt; ergänzt in Übereinstimmung mit Simler, vgl. Zürich ZB, Ms S 35, Nr. 140.
d Rand beschädigt.
e-f von Unde bis nascimur am Rande nachgetragen; der innere Rand infolge zu starken Einbandes kaum zugänglich.
g-i Der äußere Rand ist beschädigt.
29 Franz Kolb.
30 Unbekannt.
31 Haller stützt sich hier offenbar auf Augustins für die Reformation entscheidende Lehre von der Erbsünde und der Prädestination, vgl. Locher, Grundzüge 566-572; Alfred Schindler, Zwingli und die Kirchenväter, Zürich 1984. - 147. Neujahrsblatt zum Besten des Waisenhauses Zürich.
32 wollen.
33 was erbauen möge. Vgl. Röm 14, 19.
34 entschieden (SI VIII 233f). Zur Schlüsselgewalt vgl. Mt 16, 19. 18, 18; Joh 20, 23.
35 Ebenda.
36 letztes Jahr (SI I 1019).
37 Unter den von Bern an die Zürcher Synode vom 6. Mai 1533 gekommenen Gästen (s. AZürcherRef 1941) befand sich somit auch Megander. Über die Schlüssel- und Banngewalt der Kirche wurde dort nicht offiziell, sondern (wohl im Zusammenhang mit Eherechtsfragen) privat gesprochen, wie diese Stelle und Bullingers Fürtrag vom 20. Mai 1533 über Eherechtsfragen (Zürich ZB, Ms T 406, 9) bezeugen. Vielleicht war Megander auch am Tag der evangelischen Städte vom 15. Juli 1533 in Zürich betreffend Ehesachen (EA IV/IC, 124-126) dabei.
38 nicht durchgesetzt werden konnte (vgl. SI II 906).

Mox peracta et soluta sinodo venit ad colloquium nostrum Gallus 39 quidam parvulus, corruptae alioqui mentis, a Basilaea propter Myconium proscriptus 40 . Is proposuit nobis se aliter sentire de deo quam n[os]k . Unum asseruit deum, trinitatem et personas in divinis non minorem abominationem esse quam missam, Christum non esse deum nec naturalem dei filium nec patri consubstantialem et coaeternum, similiter spiritum sanctum nec esse deum nec patri coessentialem 41 . Huic dies designatus est quinta maii. In colloquio nostro audiemus hominem. Quodsi non cessaverit turbare ecclesias et fratres, curabimus eum proscribi 42 . Serveti Hispani nimirum discipulus est, sed sua non poterit defendere. Parvulus homuncio est et Claudius vocatur, ut, dum ad vos venerit, ipsum noscatis. Und wie sich der schimpf[t]l , wil ich dich brichten.

Consul a Diesbach 43 hett das burgrecht by unß uffgen, ist gen Friburg zogen 44

k-l Der äußere Rand ist beschädigt.
39 Wie die weitern Angaben zeigen, meint «Gallus» hier nicht einen Franzosen, sondern den savoyischen Antitrinitarier («Arianer») Claude d'Aliod (Allodius, Allobrox, Sabaudus, Le Savoyard, Claudius von Savoyen, später auch: von Konstanz, Wassermann, fälschlich manchmal: Gallus - nicht zu verwechseln mit dem Genfer Ratsherrn Claude Savoye, s. Corr. des réformateurs V 152). Geburts- und Todesjahr sind unbekannt. Der kleine, glatzköpfige, bärtige, schwarz gekleidete Mann stammte seinen eigenen Angaben nach aus Moûtiers (Tarentaise, Savoyen) und war einst Prediger in Neuenburg. Er verfocht die absolute Einheit Gottes und verwarf die Gottheit des Heiligen Geists und Christi, der ihm als bloßer, zu seiner Zeit übernatürlich gezeugter, höchstens in Gottes Idee präexistenter Mensch Glaubensobjekt war (vgl. Blarer BW I 532-534 und unten Nr. 373). Seine an Michael Servet erinnernde Lehre verbreitete er vielerorts. Deshalb wurde er im Frühling 1534 aus Basel, darauf aus Bern und Zürich, in der zweiten Hälfte August aus Konstanz (unten Nr. 424f), Memmingen und Ulm, im September 1534 aus Straßburg, Mitte Januar aus Augsburg und im April 1535 aus Wittenberg ausgewiesen. Gegen ihn richtete sich Bullingers «Assertio utriusque in Christo naturae» (HBBibl I 62, vgl. unten S. 308f, Anm. 37). D'Aliod kehrte in seine Heimat zurück, wo er von 1536 bis 1539 als Prediger in Thonon am Genfersee wirkte. An der Lausanner Synode vom Mai 1537 widerrief er seine Lehre. 1543/44 ist er als
Bürger von Konstanz, «guter Mensch» und Briefbote von dort nach Zürich bezeugt. 1540 und 1545-1547 warnte Schwenckfeld seine Getreuen vor dem «arianischen Gift» d'Aliods. Im Januar 1547 widerrief «Claudius Wassermann aus Sophoien» seinen «Irrtumb der Dreifaltigkait halb», um aus dem Gefängnis zu Augsburg freizukommen. Als armer, hinkender, unzuverlässiger Bote erscheint er 1547 und 1548 in Konstanz und Winterthur. Von 1550 an verkündigte er einige Jahre lang seine Lehren als Prophet in und um Memmingen. Danach verliert sich sein Weg im Dunkeln. - Lit.: CO XI 71. 80. 88. 98. 104. 263. XV 48; Corr. des réformateurs III 172-174. 308 und IV-VI. IX Reg.; MO II 875 und Melanchthon BW, Regesten 183, Nr. 1564; Blarer BW I.II Reg.; Vadian BW V 182f. 189f; CSch VII 204f und VII-XI Reg.; QGT VIII Reg.; F[riedrich] Trechsel, Die Protestantischen Antitrinitarier vor Faustus Socin. Erstes Buch, Heidelberg 1839, S. 56-59; Roth III 244f. 271f; Delio Cantimori, Italienische Haeretiker der Spätrenaissance. Deutsch von Werner Kaegi, Basel 1949, S. 161f. 444f; Fast 57.
40 Von dieser Stelle wird eine Diskussion d'Aliods mit Myconius abgeleitet, s. Kirchhofer, Myconius 135; Trechsel, aaO, S. 57.
41 Haller hält sich bei der Aufzählung von d'Aliods Häresien offenbar an den Text der Confessio Nicaeno-Constantinopolitana.
42 d'Aliod wurde dann tatsächlich ausgewiesen, s. unten S. 185, 12f.
43 Sebastian von Diesbach.
44 Vgl. oben S. 128, 10-12

12

|| Caeterum, quae de epistola Corinthiorum 45 scribis iam per te illustranda, retulit et Simon 46 . Obsecro, quos semper habueris excusos quaterniones 47 ad me mittas. Posterior , epistola 48 talis est, uss deren ich mich wenig verrichten kan; wil din geist gern hören, dann er mir noch amm aller angnämesten ist, und wie ichs beger, also find ichs by dir. Apostolorum Acta pro contione tracto, ut per ocium et cum iudicio commentarios tuos 49 , quos prius tumultuanter videram, legere possim. Quae in Petrum 50 notasti, Cristanus 51 a Gerzense 52 ut prior, et diligentissime quidem pellegit, ita profectum tuum admiratur, tametsi nunc gravissima febri detineatur. Contiones duas habui de officio prophetico 53 in sinodo nostra tua oratione 54 adiutus. Utinam tantum temporis superesset, ut tibi earum scopum indicare possem! Nam alioqui, nisi adulenter [!], etiam optimi quique optime consuluerunt omnes. Aliud nihil habeo.

Dominus te nobis omnibus servet incolumem! Perge in foenore dominico 55 et me, ut soles, non solum fratrem, quem hactenus tu semper praestitisti, sed suppedaneum tuum tibi commendatum habe. Lieber, lass mich wissen, wenn es dir am aller glägnist wäre, gen Lentzburg ze kummen 56 ; wil ich erdencken, obs mir doch ienen 57 ouch müglich wäre. Wir wellind denn beiten 58 biß zu end der kriegen.

Vale.

Nuncii 59 omnes Friburgum petierunt. Interim ego scripsi, ut dum redirent, literae paratae essent.

3. maii anno 34.

Salvus sit Leo 60 , Pellicanus, Carolstadius, Theodorus 61 et alii omnes.

Tuus B. H. aut H. B.

[Adresse darunter:] Heinrico Bullingero, Tigurinae ecclesiae pastori fidissimo, fratri suo semper amantissimo.

45 Bullingers «Commentarius in priorem Pauli ad Corinthios epistolam» erschien bereits im Juni 1534 (HBBibl I 53).
46 Simon Sulzer.
47 Die Viererlagen des Oktavbüchleins. Bei den Druckern waren die Werke ungebunden erhältlich.
48 Bullingers «Commentarius in posteriorem Pauli ad Corinthios epistolam» erschien im März 1535 (HBBibl I 71).
49 Bullingers «Commentarius in Acta apostolorum» erschien im August 1533 (HBBibl I 43).
50 Bullingers «Commentarius in Petri epistolam utramque» erschien im März 1534 (HBBibl I 52).
51 Christian Danmatter.
52 Gerzensee (Kt. Bern).
53 Der Text der beiden Predigten Hallers ist nicht erhalten.
54 Gemeint ist Bullingers «De prophetae officio», 1532 (HBBibl I 33).
55 Vgl. Jer 29, 5.
56 Das von Haller gewünschte Zusammentreffen mit Bullinger in Lenzburg kam nie zustande, vgl. HBBW II 86, 67f. 108, 24f. III 116, 23-25 und oben S. 95, Anm. 45.
57 irgendwie (SI I 296f).
58 warten (SI IV 1846).
59 Offenbar die Berner Ratsboten.
60 Leo Jud.
61 Theodor Bibliander.