Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

[2922]

Joachim Vadian
an Bullinger
St. Gallen,
1. Juni 1547

Autograph: Zürich StA, E II 351, 49 (Siegelspur) Druck: Vadian BW VI 626f, Nr. 1540

[1] Glücklicherweise wurde Vadian über Bullingers Aufenthalt im Bad [Urdorf]1 informiert, sonst hätte er sich über dessen langes Schweigen Sorgen gemacht. Hoffentlich war das Baden erquickend! Inzwischen gab es überall nur Falschmeldungen und nichts Besonderes mitzuteilen. -[2]Hieronymus Sailer hat aus Augsburg geschrieben. 2 Vadian legt hier den Brief bei, denn er enthält die Antwort auf die Frage, die Bullinger in seinem letzten Schreiben [nicht

7 Infolge des Schmalkaldischen Krieges ging zum Beispiel an der Universität Marburg die Zahl der Studenten stark zurück: s. Wilhelm Martin Becker, Die Marburger Studentenschaft unter der Regierung des Landgrafen Philipp. Eine historische Skizze, in: Philipp der Grossmütige. Beiträge zur Geschichte seines Lebens und seiner Zeit, Marburg 1904, S. 337f. Die Universität Leipzig hatte stark gelitten. Die Universität Wittenberg war seit dem 6. November 1546 geschlossen. Durch seine Niederlage trieb der gefangene Kurfürst die Gründung einer neuen Universität in Jena voran. Doch Melanchthon setzte sich im Verlauf des Sommers 1547 für den Erhalt der Universitäten Wittenberg und Leipzig ein und erlangte vom Kurfürsten Moritz von Sachsen eine entsprechende Zusicherung. Der Lehrbetrieb konnte in Wittenberg am 24.
Oktober wieder aufgenommen werden; s. Scheible, Wittenberg; Nr. 3045, Anm. 18. -Einige Monate später, am 24. Dezember 1547, konnte der in Leipzig dozierende Basler Philipp Bechi berichten, dass es dazumal in Wittenberg 500 und in Leipzig 1'200 Studierende gab.
8 Celio Secondo Curione, Professor für Rhetorik in Basel. Zu Simlers positivem Urteil über ihn s. schon HBBW XIX 177,13-15.
9 Anna, geb. Adlischwyler.
1 Vadian erfuhr erst spät von dieser Badekur (s. dazu Nr. 2886, Anm. 39). In seinen Briefen vom 29. April (Nr. 2890) und 1. Mai (Nr. 2892) wusste er noch nichts davon.
2 Nicht erhalten. - Sailer befand sich seit ungefähr Mitte März 1547 wieder in Augsburg; s. HBBW XIX, Nr. 2851,[4].

erhalten] stellte. 3 Bullinger soll ihn wieder zurücksenden. Darin wird auch über einen Friedensschluss 4 berichtet, der aber angezweifelt wird. Kaiser Karl V. scheint zwar Friedensvorschläge gemacht zu haben. Doch hätte sie Herzog Johann Ernst von Sachsen-Coburg abgelehnt und man warte noch auf die Antwort des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen. -[3] Gestern kam der St. Galler Bote 5 Hans Büllentretter aus Nürnberg zurück. Er berichtete, dass um den 22. Mai zehn Landsknechte aus dem Lager des Kaisers in Nürnberg eintrafen. Sie waren völlig mittellos, kaum bekleidet und trugen weiße Stäbe 6• Vier von ihnen waren schwerverletzt. Sie wurden unentgeltlich im Spital aufgenommen. Die anderen wurden im Siechenhaus untergebracht. Als man sie ausfragte, gaben sie nur an, aus dem Lager des Kaisers zu kommen und über die Umstände ihrer Verletzungen eine Zeitlang nichts sagen zu dürfen, weil sie dies bei Gott und den Heiligen schwören mussten. Vor Wittenberg 7 seien einige tausend Kaiserliche gefallen. Der Bote erzählte, dass man des Kaisers überdrüssig sei. Allerdings stehen sich die Reichsstände misstrauisch gegenüber. Zudem wollen sie nicht klar sehen! 8 Die Aussicht auf besondere Rechte 9 spaltet sie und schadet ihnen. Der Herr erlöse uns vom Bösen! 10 -[4]Gruß.