Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[2511]

Johannes Haller
an Bullinger
Augsburg,
24. Juli 1546

Autograph: Zürich StA, E II 370, 39f (Siegelspur) Ungedruckt

Der [Augsburger] Stadtschreiber [Georg Frölich]empfing in dieser Woche einen Brief von Bullinger [nicht erhalten], aus dem hervorgeht, dass Bullinger dem Rapperswiler [Hans Rych] ein Schreiben für Haller [Nr. 2494] anvertraut hatte. Doch genauso wie Bullinger den an ihn gerichteten Brief Hallers vom 1. Juni [richtig: 31. Mai, HBBW XVI, Nr. 2451] erst am 9. Juli

11 Otto Truchsess von Waldburg.
12 an den Schmalkaldischen Bund.
13 Zur Eroberung vieler zum Bistum Augsburg gehöriger Orte und Besitztümer durch Sebastian Schertlin s. Roth, Augsburg III 391; Zürich StA, A 177, Nr. 15. 17. — Das Domkapitel hatte sich Anfang Juli aus Protest gegen Waldburgs kriegerische Politik öffentlich von ihm distanziert; s. aaO, S 387f.
14 Siehe dazu Anm. 7.
15 Vgl. das Schreiben des Konstanzer Rats an den Zürcher Rat vom 4. August (Zürich StA, A 177, Nr. 19): Sebastian Schertlin soll ein Heer von "7 fendli
Landsknecht" und "10 fendli Aidgnossen" führen.
16 wohlauf.
17 Hans Wilpert Zoller, der im Dienste Schertlins stand.
17 seit jeher.
19 Anspielung auf Mt 10, 28.
20 d.h. der Feinde.
21 dann so viel sich inn der gegenwörhe begeben mag: es sei denn, sie würden zum Angriff schreiten.
22 Hans Rudolf Lavater und Johannes Haab.
23 Hans Escher vom Luchs.
24 Antistes.

durch [Rich]empfangen hat, wird wohl auch Haller den [Rych] anvertrauten Brief Bullingers mit Verspätung erhalten, zumal [Rych] vermutlich dem Feldlager nachgezogen ist. Und sollte Bullingers Brief von den Gegnern geöffnet worden sein (was Haller natürlich nicht wünscht), würde dies für die [Schmalkaldener]längst nicht solch schlimme Folgen haben, wie dies für die Kaiserlichen der Fall war, als (wie Bullinger vielleicht schon von Frölich erfahren hat) bei der in der Nähe von Füssen gelegenen Klause [Ehrenberg] etwa 800 Briefe aus der kaiserlichen Post beschlagnahmt wurden und demzufolge alle geheimen Absichten des Kaisers [Karl V.] ans Licht kamen. So macht der Herr die Pläne seiner Feinde zunichte! Was Haller vonseiten der Helvetier befürchtet hat, ist eingetroffen. Doch sollten sich wenigstens die Zürcher als standhaft erweisen! Vielleicht gibt ihnen nun Gott die Möglichkeit, ihre [während des Zweiten Kappeler Krieges]gefallenen Vorfahren zu rächen, denn Gott wird wohl die Helvetier für ihre unzuverlässige, käufliche Treue bestrafen. Fest steht, dass Gott (Herr sowohl über die Helvetier als auch über den antichristlichen Papst [Paul III.]und über die ganze Welt) auf der Seite der [Schmalkaldener] steht. Dies kann man nämlich aus der Reinheit ihrer Lehre, aus der Echtheit ihres Glaubens und besonders aus der von ihnen nun bekundeten Bußbereitschaft schließen. Die [schmalkaldischen Städte] haben zusammen mit Herzog [Ulrich von] Württemberg mehr als 60 Fähnlein. Ulrich und [Kurfürst Friedrich] von der Pfalz haben je 1'000 Reiter. Landgraf [Philipp von Hessen]führt ferner ein großes Heer mit sich, dem sich zusätzlich im fränkischen Mergentheim (dem Sitz des Deutschen Ordens) viele Reiter und Fußsoldaten anschließen. Laut [Jakob] Herbrot soll der Landgraf nicht weniger als 5000 Kavalleristen und 20'000 Infanteristen haben. Der Kaiser hat niemals so viel! [Kurfürst Johann Friedrich und Herzog Moritz] von Sachsen und der Kölner [Erz]bischof [Hermann von Wied] haben auch ihre Truppen und werden ihr eigenes Territorium und dasjenige des Landgrafen schützen sowie einen Zuzug von Hilfstruppen für den Kaiser aus den Niederlanden verhindern. Die sächsischen freien Hansestädte verhindern die Proviantzufuhr in die benachbarten Gebiete des Feindes. Auch [Albrecht] von Preußen, Markgraf von Brandenburg, würde vieles tun, wenn er könnte. Herbrot erfuhr durch einen Brief aus Antwerpen, dass König [Christian III. / von Dänemark mit 400 Schiffen die Nordsee besetzt hat, so dass Flandern, Brabant, Holland und Seeland keine Lebensmittel mehr erhalten. Deshalb herrscht in Antwerpen und in den ganzen Niederlanden eine große Teuerung. [König Franz I. von] Frankreich soll dem Landgrafen (wohl aus List) einen obersten Heerführer [Rheingraf Johann Philipp von Dhaun] gesandt haben. Dieser schrieb an [Sebastian]Schertlin, dass er bald an dessen Seite kämpfen werde und den vom französischen König zur Verfügung gestellten Soldaten befohlen habe, sich nach Straßburg zu begeben und dort auf weitere Anweisungen zu warten. [König]Ferdinand hat in Regensburg seine Tochter [Anna von Österreich] mit dem jungen Herzog Albrecht von Bayern verheiratet. Seine Tocher [Maria von Österreich] vermählte er mit Herzog Wilhelm von Kleve (wohl, um sich beim klevischen Hause für dessen übles Verhalten gegen den Kaiser zu "bedanken"). Der Mainzer [Erz]bischof [Sebastian von Heusenstamm] musste die Anliegen der anderen Kurfürsten bei Karl V. vortragen. Dieser aber war zu keinen Friedensverhandlungen bereit, mit der Begründung, dass die [Schmalkaldener] sich als aufrührerisch gegen ihn erweisen. [Heusenstamm] zog sich daraufhin zurück. Auch Ferdinand reiste aus Regensburg ab. Der Kaiser aber, der weniger als 1'300 Soldaten um sich hat, weiß nicht wohin. Vor zwei Tagen kam ein im selben Haus wie Haller wohnender Nachbar [...] aus Regensburg zurück. Er erzählte, wie die kaiserlichen Soldaten bereits auf den Besitz der Welser, Herwart und Herbrot spekulierten. Der aus Füssen vertriebene kaiserliche Haufen sammelt sich in der Region Freising wieder. Bei Eichstätt liegen 6'000 [kaiserliche]Söldner. Erst am 15. Juli sollen etwa 20'000 Italiener zu Bologna gemustert worden sein. Diese können also nicht vor Mitte August in [Deutschland] ankommen. Die [Schmalkaldener] werden nicht bis dahin warten. Auch hätten sie den Kaiser schon längst angegriffen, wenn sie nicht auf den Landgrafen hätten warten wollen. Sie kontrollieren beinahe schon das ganze Bistum [Augsburg]. Die [Kaiserlichen] aber vergeuden das von ihnen gesammelte schmutzige Geld! Haller ermahnt seine Zuhörer, indem er diese vor dem schlechten Beispiel Achans und Belschazzars warnt. Er nimmt auch keine Geschenke an, um zum großen Missfallen seiner Kollegen allen den Mund stopfen zu können. Mit den hier übermittelten Nachrichten will er

lediglich Bullinger auf dem Laufenden halten und nicht den Eindruck erwecken, als verließe er sich auf menschliche Hilfe. Gott allein entscheidet über den Sieg! Damit Bullinger feststellen kann, mit welcher List Augsburg angegangen wurde, noch Folgendes. Zuerst forderte der Kaiser die Augsburger brieflich auf sich ruhig zu halten, da er nicht gegen sie, sondern allein gegen einige ungehorsame Fürsten ziehe wolle, zumal er den Städten wohlgesinnt sei. Diese List wurde durchschaut, und Augsburg antwortete, den Fürsten durch das [schmalkaldische] Bündnis verpflichtet zu sein und sich selbst betroffen zu fühlen. Als [Karl V.]auf diese Weise nichts erreichte, bestellte er u.a. die Fugger und die Welser zu sich und sprach sich mit ihnen ab. Diese forderten brieflich ihre Angehörigen und Freunde auf [Augsburg] zu verlassen, weil die Stadt in wenigen Tagen geplündert werden würde. Das sollte den übrigen Bürgern Angst einflößen, sie davon abhalten, dem Landgrafen zu helfen, und sie dazu bewegen, den Kaiser um Gnade zu bitten wie die treulosen Nürnberger. Beinahe wäre diese List aufgegangen, denn die Bevölkerung geriet wegen der Flucht der Reichen in große Angst. Man fürchtet nämlich, dass zum großen Nachteil aller alle Geschäfte der Stadt ausgesetzt würden. Doch wurden die Zunftmeister sowohl auf der Kanzel als auch persönlich vom Rat gestärkt. Da [die Kaiserlichen] nicht alle Reichen aus Augsburg herauslocken konnten, behaupteten sie, dass das gegen sie aufgebrachte Volk alle ihre Güter rauben würde. Dies blieb jedoch wirkungslos. Schließlich drohte der Kaiser die Güter all der [in Augsburg gebliebenen Reichen](Frölich schätzt diesen Besitz auf 4'000'000 Florin) in deren Filialen in Italien, Spanien, Antwerpen usw. zu blockieren, was natürlich zu Lohnausfällen der Angestellten in Augsburg führen würde. Diese Anfechtung war groß, denn man musste sich entweder für Gott oder für den Mammon entscheiden. Die Augsburger gaben aber nicht nach und antworteten dem Kaiser, er könne doch nicht ehrbare Leute um ihr Eigentum bringen, zumal er Recht und Ordnung garantieren müsse. Der Große Rat beschloss, sich mit Leib, Hab und Gut an den eingeschlagenen Kurs zu halten. Angesichts dieser Standhaftigkeit erklärten die Feinde der Stadt offen den Krieg. Daraufhin rüstete sich auch diese. Bullinger kann nun feststellen, wie sehr Gott unter den Augsburgern wirksam war. Diese sind bereit, für [das ewige Leben] zu sterben! Wenn doch nur die Helvetier auch solch einen Geist bekunden würden! Haller schämt sich für sie! Er sprach mit [eidgenössischen Söldnern], u.a. mit Toggenburgern und Thurgauern, die nicht heimkehren wollen. Sie verhalten sich anständig, kommen aber mit den [deutschen] Landsknechten nicht gut aus. Haller bittet Bullinger um Nachsicht für sein etwas chaotisches Schreiben, dass er nicht ganz auf Latein, sondern zum größten Teil auf Deutsch verfasst hat. Schuld daran sind nicht nur seine vielen Aufgaben, sondern auch seine momentan mit Freude erfüllte, jedoch unkonzentrierte geistige Verfassung. Heute Nacht wurde ihm nämlich ein Sohn [Johannes]geboren! Grüße. Bitte um beständiges Gebet. In 14 Tagen wird man wohl erfahren, wer Sieger und wer Besiegter ist. [P.S.:] Haller hatte vor, das Buch Genesis auszulegen. Die aktuellen Wirren bewogen ihn aber, das Buch Richter zu kommentieren. Er benutzt dabei die Notizen, die er sich einst während Bullingers Predigten gemacht hatte. Hätte nicht schon ein Kollege vor einigen Monaten das Buch Jona ausgelegt, hätte Haller gemäß Bullingers Rat darüber gepredigt.

Salus et pax per dominum lesum, etc. Accepit d. archigrammataeus 1 hac septimana a te literas 2 , in quibus inter caetera significas etiam ad me te misisse literas 3 per Rapersvilensem 4 , qui tibi etiam meas calendis iunii datas 5 9. demum iulii reddiderit. 6 Miraris, an has acceperim. Sed sicut ille tibi meas sero tradidit, ita forsan etiam mihi tuasa; nam nondum vidi nec ipsum

a tuas über der Zeile nachgetragen.
1 Georg Frölich.
2 Nicht erhalten, aber belegt; s. Nr. 2505,1f, und Frölichs Brief vom 24. Juli (Nr. 2510,1).
3 Brief Nr. 2494 vom 10. Juli.
4 Hans Rych.
5 Brief Nr. 2451 war auf "pridie calendas iunii" datiert; s. HBBW XVI 418,60. Die

nec literas. Credo eum recta secutum esse castra. Metuo, ne aperiant, si quae scripsisti decreta. Sed non puto nobis harum tantum noceri posse apertione (quamvis libenter vellem esse servatas) nec talia ullos hostes posse ex eis invenire, qualia nostri invenerunt ex literis nuper circiter 800 una cum posta interceptis caesarea apud clausulas Füßenses 7 , quas nostri occupatas adhuc obtinent. Omnia enim adversariorum secreta revelata sunt, sicuti ex d. Laeto to 8 forsan intellexisti. Caesar 9 inventus talis esse, qualis tamen hactenus videri noluit. Ita dominus benignus non cessat revelare cogitationes hominum 10 et dissipare consilia hostium suorum. 11

De Helvetiorum 12 , quod timui, ope accidit, quamvis, quid illis fidendum, dudum compererim. Estote vos modo fortes et infracti! Quid, si et vobis aliquando daretur occasio caesos ulcisci parentes 13 ? Domino tamen committo, qui eorum 14 venalern fidem 15 inultam non feret. Habemus eum a partibus nostris, 16 qui et Helvetiorum et pontificis antichristi 17 et totius mundi dominus est. 18 Eum autem nobiscum stare religionis indicat puritas, fidei veritas et, quod maximum, ea, qua nunc se populus ad deum nostrum convertit, ex animo poenitentia. 19 Quae argumenta me unice consolantur et de divina certum et indubitatum reddunt ope. Nec, quod ad humana attinet media, quicquam nobis deest.

Habent nostri cum duce Wirtenbergensi 20 60 et ultra vexilla, Wirtenberg equites 1'000, Palatinus 21 1'000, landtgrafius 22 adducit exercitum numerosissimum. In itinere multos offendit apud Merggido 23 in Franconia (potentissimum collegium Teutonicum)24 tam equites quam pedites, quos omnes sibi iurare fecit secumque ducit contra hos, quibus erant servituri prius. 25 Herbrotus 26 heri mihi dixit, quod non infra 5'000 equitum et 20'000 peditum

falsche Datumsangabe geht auf Bullinger zurück; s. Nr. 2494.14f.
6 Zur Angelegenheit s. Nr. 2496,1-15.
7 Die Klause Ehrenberg (südlich von Füssen); s. dazu Nr. 2498,1 19f und Nr. 2499. — Zur während der Einnahme der Klause am 10. Juli erfolgten Beschlagnahmung der Briefe, die für Kaiser Karl V. und sein Umfeld bestimmt waren, s. Sebastian Schertlins Brief an Augsburg vom gleichen Tag (Herberger, Schertlin 89, Nr. 14).
8 Dies aber hatte Frölich nicht mitgeteilt.
9 Karl V.
10 Vgl. 1 Chr 28, 9; Ps 94 (Vulg. 93), 11: Dan 2, 22. 28f; Lk 2, 35.
11 Hi 5, 12; Ps 33 (VuIg. 32), 10.
12 Gemeint sind hauptsächlich die Innerschweizer. — Zu Hallers Erwartungen s. Nr. 2462,20-23; Nr. 2467,7f; Nr. 2473,34-37; Nr. 2498.62-71.
13 Die im Zweiten Kappeler Krieg gefallenen Vorfahren.
14 der Innerschweizer.
15 Vgl. Nr. 2478,39f.
16 Vgl. Neh 4, 14 (Vulg. 20); Röm 8, 31.
17 Paul III.
18 Vgl. 1Chr 29, 11; Mt 28, 18; Joh 16, 33.
19 Vgl. 1Sam 7, 3; Jer 29, 13f.
20 Ulrich von Württemberg.
21 Friedrich II. von der Pfalz.
22 Philipp von Hessen.
23 Bad Mergentheim im Taubertal (Franken), im Dialekt "Märchedo" ausgesprochen (was dem hier gebrauchten "Mergiddo" entspricht).
24 Seit 1526 war Mergentheim Sitz des Hochmeisters des Deutschen Ordens.
25 Zu den Streitkräften in Mergentheim s. PC IV/1 215, Nr. 185; PA I 567, Nr. 904.
26 Altbürgermeister Jakob Herbrot.

habeat. Talem exercitum caesar habuit nunquam. Duces Saxoniae 27 cum episcopo Coloniensi 28 habent etiam suas copias, quibus interim fines tuebuntur suos et lantgrafii et prohibebunt, si quae imperatori ex Inferiori Germania 29 venirent auxilia. Civitates Saxonicae liberae, quas Confoederatas vocant et Maritimas, 30 fortissime se gerunt prohibituri copiis, quas iam habent non paucis, vicinos, quos habent malevolos. Item der hochmeister b uß Prüßen, marchio Brandenburgensis 31 , faceret multum, si posset. Rex Daniae 32 (hoc certissimum est: Ita ex Antwerpia Herbroto hac nocte literae advenerunt) occupavit 400 navibus Oceanum Germanicum 33 , ita ut Flandris, Brabantis, Hollandis et Selandis nihil admittant commeatus; unde tanta est caritas annonae Antwerpiae et in omni Inferiori Germania, ut ipsis intollerandum sit. Gallus 34 , nescio quo dolo, landgrafio misit summum suum ducem 35 (nomen mihi excidit), qui Schertlio scripsit, sin spieß 39v || müß in kurtzen tagen nebendt sim 36 stäcken seque suos milites, scilicet a Gallo missos, Argentoratum proficisci iussisse ab illis 37 expectantes, quid ultra agendum. Haec omnia ex Herbroto habeo.

Quod ad caesarem, haec habeo: Ferdinandus filiam 38 dedit nuptui Alberto 39 , iuveni duci Bavariae. Nuptiae factae Ratisponae 40 , in quibus et alteram

b In der Vorlage hoffmeister.
27 Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen und Herzog Moritz von Sachsen.
28 Hermann von Wied.
29 Hier die Niederlande.
30 Die Hansestädte, damals als "see und handstetten" oder "sachsichen see und Handstetten" bezeichnet; s. z.B. Zürich StA, A 177, Nr. 9 (vom 9. Juli aus Lübeck mit A 177, Nr. 16, aus Konstanz am 28. Juli nach Zürich weitergeleitet). 15 (vom 26. Juli 1546). 19 (vom 4. August 1546), wo man u.a. erfährt, dass König Christian III. von Dänemark gemeinsam mit den Hansestädten eine Flotte zusammenstellte und die Einfuhr von Proviant in die Niederlande auf dem Seeweg verhinderte, was zu einer großen Teuerung führte. Siehe dazu ferner Nr. 2518,66-78. —Am 28. Juni hatte der Bremer Rat unter Androhung von Strafe ein Mandat an die den Sund passierenden bremischen Schiffe erlassen, unverzüglich mit ihren Gütern zurück zur Weser einzulaufen; s. Helmut Lucke, Bremen im Schmalkaldischen Bund. 1540-1547, Bremen 1955 — Veröffentlichungen aus dem Archiv der Freien Hansestadt Bremen 23, S. 57. Es ist jedoch unklar, inwiefern eine solche Blockade tatsächlich systematisch umgesetzt
wurde, besonders vonseiten Dänemarks (s. Nr. 2491, Anm. 30). Zumindest scheint sie nicht von langer Dauer gewesen zu sein; s. Rudolf Häpke, Die Regierung Karls V. und der europäische Norden, Lübeck 1914 — Veröffentlichungen zur Geschichte der Freien und Hansestadt Lübeck 3, S. 233-239 (bes. S. 234 unten).
31 Albrecht, Markgraf von Brandenburg, Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen und seit 1525 Herzog von Preußen.
32 Christian III.
33 Oceanum Germanicum: die Nordsee.
34 Franz I.
35 Rheingraf Johann Philipp von Dhaun (1520-1566), der noch kurz zuvor in Frankreich "als ein oberster"fungierte; s. PC IV/1 255, Nr. 234; zur Anerbietung seiner Dienste s. ebd., 328, Anm. 1 (zu Nr. 311). — Zum Rheingrafen s. Patriotisches Archiv für Deutschland, Bd. 10, Mannheim/Leipzig 1789, S. 166-344 (mit Veröffentlichung von dessen Briefwechsel ab 1556).
36 seinem.
37 von den Straßburgern oder den Schmalkaldenern.

filiam 41 Guilhelmo, Clivensi duci, 42 dedit zlon, das si imm vor so redlich pürstet habendt. 43 Is etiam Ratisponae celebravit nuptias. 44

Moguntinus episcopus 45 proposuit caesari, 46 quae habuit in mandatis a reliquis electoribus. Imperator respondit se nullas posse pacis invenire conditiones, cum nos ita seditiöse contra illum agamus. Hinc discessit iterum. 47 Ferdinandus etiam Ratispona discessit. 48 Caesar, ubi maneat, nescit. 49 Secum habet non ultra 1'300 milites, sicut mihi dixit hospes 50 , qui mecum easdem inhabitat aedes. Is enim ante biduum demum ex Ratispona venit. Ilios 51 ait petulantissimos esse: Si werffind mummschantz 52 umb deß Wälsers, Herwärts, Herbrots, etc., schuben 53 , theilend dhut, 54 eb si den bären gstochen. 55 Globus ille et examen dissipatum a nostris apud Füßen colligitur iterum apud Frysingen 56 . Apud Eichstett circiter 6'000 habet. Praeterea nihil. Itali uff 20'000 söllend 15. iulii erst zu Bononia gmusteret sin. 57 Könnendt vor mitten Augst nitt ankummen zu uns. Interea nostri non different usque ad eorum adventum. Spero, wir wellind vor bischoff oder bader werden. 58 Unus expectatur landgrafius; alioqui recta aggrederentur 59 caesarem. Nostri episcopatum fere omnem iam subegerunt. Aurum illud Tolosanum 61 diripitur, sicut collectum est.

Ego fideliter moneo publice, ne eo abutantur. Propono illis Achan 62 et regem Balthaßar 63 , etc Ego omnia reiicio munera, 44 ne adulari cogor. Nolo

c Danach wurde einige Wörter und drei weitere Zeilen ganz unlesbar gemacht.
38 Anna von Österreich.
39 Albrecht V. von Bayern.
40 Am 4. Juli; s. Viglius van Zwichem 25.
41 Maria von Österreich.
42 Herzog Wilhelm V. von Kleve.
43 zion, das si imm vor so redlich pürstet habendt: als Lohn [dafür], dass sie [d.h. die klevischen Herzöge] ihm [dem Kaiser] so übel mitgespielt haben. — Ironische Anspielung auf die Geldrische Fehde zwischen Herzog Wilhelm V. und Kaiser Karl V. — Die Heirat wurde im Rahmen des Vertrags von Venlo (1543) geplant; s. HBBW XIII 256.
44 Am 18. Juli; s. Viglius van Zwichem 27.
45 Sebastian von Heusenstamm.
46 Bei ihrem Treffen auf dem Regensburger Reichstag; s. Nr. 2498,127-131.
47 Heusenstamm war am 10. Juli in Regensburg eingetroffen und verließ den Ort vermutlich schon am 16.; s. Viglius van Zwichem 26. 37. Anm. 16.
48 Am 21. Juli, und zwar über Linz in Richtung Böhmen; s. Viglius van Zwichem 27; NBD IX 139.
49 Karl V. verließ Regensburg erst am 3. August; s. Viglius van Zwichem 53.
50 Unbekannt. 51 Wohl die kaiserlichen Soldaten.
52 Si werffind mummschantz: Sie würfeln; s. SI VIII 981.
53 Mantel.
54 Klare Anspielung auf Mt 27, 35.
55 eb si den bären gstochen: ehe sie den Bären erlegt haben. —Zur Redensart s. SI IV 1448; Wander I 235, Nr. I s.v. Bärenhaut.
56 Freising (Oberbayern). 57 Die Musterung des päpstlichen Heeres in Bologna fand am 10. Juli statt, doch brach dieses erst am 17. Juli von dort auf; s. Schüz, Donaufeldzug 17, Anm. 4; und Nr. 2528,9f.
58 Vgl. Nr. 2503, Anm. 49.
59 Subjekt sind die Truppen des Herzogs von Württemberg und der verbündeten süddeutschen Reichsstädte.
60 Das Bistum Augsburg; s. dazu Nr. 2510, Anm. 13.
61 Aurum illud Tolosanum: unehrlich (hier von den Kaiserlichen) verdientes Geld; s. Adagia 1, 10, 98 (ASD II/2 494, Nr. 998).

me participem facere horum, wils gott. lili, 65 quia os eis obstructum, tacent magna caeterorum symmistarum 66 indignatione.

Haec omnia ad te scribo, observande pater, non ut fidam ullis humanis auxiliis (scio, quis sit ille 67 , qui in manu habet victoriam; scio, quomodo ad illum converti debeamus, si volumus bene sperare), d , sed ut te de singulis redderem certiorem. Ignosce ergo, quod te his nugis occupo, quamvis, si tibi hoc meum studium ingratum esse intellexissem unquam, parcius ad te ita singula scriberem.

Hoc unum adiiciam, ut videas, quam mirabilibus artibus urbs nostra ad defectionem sit sollicitata, quomodo tamen divino afflante spiritu nostri 68 has tentationes gravissimas superarint. Primo e scripsit nostris caesar 69 petens, ut securi domi se contineant sibique in hoc suo non adversentur instituto. Se enim immorigeros quosdam imperii principes puniturum. Ex animo autem se bene velle civitatibus. Hoc nostri intelligentes et olfacientes monstrum, quod suberat, simul qui deberent principibus ex foedere 70 , et quod sua etiam hic ageretur res, responderunt 71 ||40r. caesari se hoc nullo pacto posse facere citra honestatis et veritatis adeoque totius imperii iacturam.

Hac ubi nil potuit, alia aggressus est via. Vocavit ad se Fuggeros, Welseros, etc., cum quibus conspiravit. 72 llli literas gravissimas passim in urbem 73 ad suos miserunt amicos et cognatos sollicitantes, ut fugiant ex urbe. Intra paucos enim dies urbem miserabiliter diripiendam esse. Hoc ideo fecerunt, ut metum incuterent civibus reliquis, quo in pace quieti consisterent f nec opem ferrent landtgrafio, sed caesaris niterentur clementiae (sicut perfidi Norinbergenses)74 . Et profecto hac arte effecissent aliquid, nisi dominus praevenisset. Tantus enim tremor occuparat urbem ut nihil supra ita diffugientibus ditioribus. 75 Erat et hoc artis, quod instillabant plebeis: Diframfugientibus

d Klammern ergänzt.
e Darauf folgt gestrichenes habuit caesar conspirationem suam cum Fuggeris et Bartholomaeo Weisem. cum quibus haud dubie. —
f In der Vorlage considerent.
62 Siehe Jos 7.
63 Siehe Dan 5. 64 Vgl. Dan 5. 17.
65 Wohl die wohlhabenden Familien Augsburgs.
66 Die lutheranisch gesinnten Kollegen Hallers, die es gern gesehen hätten, wenn Haller in die Kritik geraten wäre.
67 D.h. Gott. —Vgl. 1 Kur 15, 57.
68 Die Ratsherren von Augsburg.
69 Das Schreiben des Kaisers an den Rat von Augsburg vom 17. Juni; s. zuletzt Nr. 2482, Anm. 3.
70 Der Schmalkaldische Bund.
71 Zur Antwort der Augsburger s. Nr. 2473, Anm. 6. Hier könnte aber auch das Entschuldigungsschreiben der Stadt Augsburg
an den Kaiser vom 29. Juni gemeint sein, mit dem alle weiteren Verhandlungen mit dem Kaiser stillgelegt wurden; s. Hermann Joseph Kirch, Die Fugger und der Schmalkaldische Krieg, München/ Leipzig 1915 — Studien zur Fugger-Geschichte 5, S. 115.
72 Zum Treffen des Kaisers mit Anton Fugger (am 24. Juni) und Bartholomäus Welser in Regensburg s. Götz Freiherr von Pölnitz, Anton Fugger, Bd. II/2, Tübingen 1967 — Studien zur Fugger-Geschichte 20, S. 188; Kirch, aaO, S. Il. 16. 115.
73 nach Augsburg. —Vgl. Nr. 2486,29-35.
73 Siehe Nr. 2489 und Anm. 70.
75 Siehe zuletzt Nr. 2498 und Anm. 127.

divitibus illos non habere, unde viverent; omnem eorum quaestum et negotiationem atque officinas sisti; inde sequi perniciem pauperum etiam et totius urbi. Et profecto apud plebem hoc argumentum multum valuisset, nisi dominus aliud dedisset consilium. Omnes enim plebei publice (privatim a magistratu) g tribunis 76 a nobis etiam pro concionibus animati sunt.

Tertium aggressi modum, cum non omnes divites elicere possent, suggerunt illis, nisi fugiant, omnia eorum bona direpturam esse plebem iam in illos commotam. Sed nec hic multum effecerunt.

Quarto, quoniam caesar videat eos ita contra ipsius maiestatem esse praefractos, eum velle occupare omnia mercatorum 77 bona, quae passim habeant in Italia, Hispania, Antverpia, etc. Quod si faciat, iam omnes cives amisisse, quicquid habeant, et pessum isse, quia omnes suas pecunias habeant in his sodalitiis. So es dann der keiser allthalb 78 aristier 79 und die gsellschafften verderbe, so mög der gmein burger darnach nitt bsalt 80 werden; müß also jederman das sin verlüren. Dicit enim d. Laetus, quod habeant in ditione caesaris ultra 4'000'000 fl. Vides, Bullingere clarissime, quantae hae fuerint tent[ationes]h ! Hic profecto oportuit aut deo adhaerere aut mammoni 81 . Sed ne[c hic] nostri fracti sunt. Imo hoc argumentum in ipsos converterunt: Si ach[ten] kaiserliche majestät für erbarer, dann das si selche bubenstuck 82 thu, biderblüten 83 das iren mitt gwalt nemm, diewyl er das recht und die billikeit schirmen söll. Ita egregie eluserunt. 84

Undt hatt sich hieruff ein gantzer Großer radt endtschlossen, 85 das si bi disem fürnemmen 86 , diewyl si sehind, was man such, laßen wellind lyb, eer, gut, mut undt blut, ir eigen gält darstrecken, so lang si habindt. Hanc videntes illi nebulones constantiam apertum bellum indixerunt. Daruff sich die unseren auch grüst. Undt stat also der handel, sicut supra dixi. Vides, quam deus fuerit in medio nostri! Certe opus fuit precibus, hortationibus publicis et privatis. Dominus conservet hunc nobis animum perpetuo! Bi gott und der warheit begert jederman zsterben und zgnesen 87 .

Utinam omnes Helvetii tales 88 essent! Pudet me nunc illorum, cum ita male respondent tantae, quae de eis fuit, expectationi. 89 Allocutus sum multos hic, qui aegre revertentur in patriam. Sunt plaerique Toggici et Turgavi.

g Klammern ergänzt.
h Hier und unten Textverlust durch Entfernung des Siegels.
76 Zunftmeister.
77 So z.B. der Welser; s. Kirch, aaO, S. 18f.
78 überall.
79 mit Beschlag belegt (aus dem Französischen "arrêter").
80 ausbezahlt.
81 dem Gott des Geldes. —Vgl. Mt 6, 24 par.
82 Missetaten.
83 rechtschaffenen Leuten.
84 Zum Verhältnis zwischen Karl V., dem
Rat von Augsburg und den aus Augsburg geflohenen sowie den in Augsburg verbliebenen Kaufleuten s. auch Roth, Augsburg III 360-363.
85 Am 7. Juli; s. Nr. 2498,163-166.
86 Vorhaben.
87 Anspielung auf das neue Leben in der Ewigkeit.
88 wie die Augsburger.
89 Siehe schon oben Anm. 12.

Bene se gerunt, sed cum landtskechtis illis non bene convenit. Si gend 90 einander gut kappen 91 , wiewol man streng drob halt 92 .

Haec omnia ad te seria mixta ridiculis scribo tanquam ad eum, cuius mihi ita cognita est humanitas, ut certe sciam tibi molesta non esse. Ignosce autem, ||40v. obsecro, quod ita Germanice, barbare, vix tertiam partem Latine scribo. 93 Partim enim negotiorum me festinare facit numerus, partim quod animus meus iam sit vagus et laetus propter filium 94 qui mihi hac nocte natus est. Ignosce ergo et vale.

Saluta familiam et fratres omnes. Orate, obsecro, indesinenter. 95 Videmus fructum et intra 14 dies videbimus aut victores nos aut victos! Instemus 96 ergo! Dominus pugnabit pro nobis. 97 Augustae Vindelicorum, 24. iulii anno 1546.

Tui ex animo studiosissimus Ioannes Hallerus.

i 'Genesim eram incepturus, sed ingruentibus his turbis librum ludicum sumpsi, in quo exponendo et applicando plurimum me iuvat ea diligentia, qua olim ex ore tuo tuos descripsi in hunc librum sermones. 98 bonam, ut suades, sumpsissem, ni paucos ante menses alius ex ministris eum enarrasset. 99i

[Adresse darunter:] Clarissimo viro d. Heinrycho Bullingero, domino ac patri suo unice colendo. Zürich an m. Heinrich Bullinger.