Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[2392]

Jakob Herbrot an
Bullinger
Augsburg,
24. März 1546

Autograph: Zürich StA, E II 346, 207 (Siegel) a Ungedruckt

Herbrot hat Bullingers Brief [nicht erhalten] durch Johannes Haller empfangen. Darin bedankte sich Bullinger für die Wohltaten, die Herbrot Haller erzeigte, und bat ihn, auch weiterhin für Haller zu sorgen. Dies wird Herbrot allein schon Bullinger zuliebe gern tun. Herbrot hat sich sehr über Bullingers Brief gefreut und möchte diesen Kontakt ebenfalls pflegen. Angesichts der ärgerlichen Missverständnisse zwischen den [Zwinglianern und Lutheranern] lässt Luthers Tod nun auf Besserung hoffen. Da Melanchthon, der viel unter Luther leiden musste, ein friedfertiger Mensch ist, wäre es gut, wenn Bullinger und Ambrosius Blarer einen brüderlichen Brief an ihn richteten. Herbrot wird sich auch in diesem Sinn an Blarer wenden. Es ist zu erwarten, dass solche Schreiben der Kirche dienlich sind. Sobald Bullinger und Blarer sich darüber geeinigt haben, sollen sie Herbrot ihre Briefe zur Weiterleitung übermitteln. Gleich zu Beginn ihrer Freundschaft wollte Herbrot diesen Wunsch, der aus seinem Eifer für die Sache Gottes entsprang, Bullinger mitteilen. Grüße.

Erwürdiger, hochgelerter, was ich eern, lyeb und guts vermag, ist euer w[ürde] yeder zeyt vonn mir bevor. Innsunder, günstiger her und freint, eur schreyben, mir durch mein gelyepten hern Johann Haller gethan, 1 habe ich empfangen (in wölchm ir melden, das sich gedachter her Haller meiner guthatn, so ich ime erzeygt solt haben, beryemt 2 , das 3 ir euch gegen mir thon bedancken mit beger, das ich in furan 4 wie pisher in gunstigm bevelh haben wöll) b , habe ich ales innhalt erlesen 5 . Darauff ich euch, meinem günstigen hern, 6 freintlich zu vernemen, das ich pis an her gedachtem herrn Haller nit fül 7 sunderer freintschaft erzeygt; ist auch keynes danncks werdt. Er sol mir aber furan und sunderlich eurthalben in gutem bevolhn sein. Daran wölen ir, mein her, nicht zweyfflen.

Inn sunder, günstiger her, ich hab mich eurs gethan schreyben hoch erfreudt, das ir unverdyentr sachn dermassen kuntschaft 8 mit mir zu machen gedencken. Thu mich dessen freintlich bedancken und pin dagegn nicht mynder geneygt, furan guten wüllen bey euch, meinem hern, zu erhalten.

Und demnach ain zeyt her zwyschen unnsern kirchen 9 furwar alerley myssverstand erfolgt, wölcher nicht alein bey den widerwertigen 10 , sunder auch bey den unnsrn zu grosser ergernus gereycht, dieweyl aber Marthino Luther von got aus düsem zeyt erfordrt 11 , hoff ich zu got, die sachen solen

a Eines der beiden Siegel ist erhalten.
b Klammern ergänzt.
1 Bullingers Brief ist nicht erhalten, aber bezeugt; s. Nr. 2389,81f.
2 sich ... meiner gutthatn ... beryemt: meine Wohltaten rühmt.
3 so dass.
4 weiterhin.
5 herausgelesen.
6 Zu ergänzen: bitte.
7 ' viel.
8 Bekanntschaft.
9 D.h. den Zwinglianern und Lutheranern.
10 Gegnern.

sich zu frydlichem thon rychtn. Demselben ain anfang zu machen, were ich auff euer, meines hern, verpessrung 12 darauff bedacht.

Demnach her Fülüpo Melanchton ain theurer und frydsamer man ist, der sich füll mit Marthino leydn myessen, und warlich der kirchn wolfart zu fürdrn geneygt, ob nicht gut wer, das ir sampt dem heren Ambrosio Plaurer in mit aym bryederlichn schreyben ersuchtn, wie ir bede, meine hern, zu thon wüssen, 13 zweyfflt mir nicht. Es wurde der gemein sach zu gutem kumen. Ich thu auch solichs hiemit meinem hern und freindt, dem Plaurer, vermelden. 14 ||207v. Hoff auch, er werde sich, solichs neben und mit euch, meinem heren, fürzunemen, nit beschweren, dann ich enntlich darfur acht, das durch ain solich mitl fül myssverstand hingelegt 15 und der kirchn gotes zu gutem raychen. Da sich nun ir, bed meine hernn, dessen vergleychn 16 (wölchs auff den odr ander weg got mit seynen genaden verleyhen wöll) c , so mugen ir mir die schreyben ubersenndn; so wul ichs an ir gehörig ort 17 verschaffen.

Des habe ich euer w[ürde], meinem günstigen heren, zum anfang unnsrer freintschaft in gutem nicht verhaltn 18 solen. Dann was ich in gotes sachen zu befürdem wüst, solt mich nichts verhindern. Und thu mich zu euer, meines heren, dyennstn gannz freintlich erpietn. Die genad des herenn sey mit unns alen. 19

Actum Augsburg, den 24. tag marzo, im 1546. jar.

E[uer] w[ürden] dyenstwüliger

Jacob Herbrott, alter burgermayster. 20

[Adresse auf f. 209c,v.:] Dem erwurdigen hochgelerten heren Hainrich Bullinger, etc., meinem sunder vertrautenn lyebn hern und freint. Zurich d . 21 c

Klammern ergänzt.
d Darunter von Bullingers Hand: Jacob Herbrot, burgermeister zu Augsburg.
11 aus düsem zeyt erfordrt: aus dieser Welt abberufen. — Luther war am 18. Februar verstorben.
12 Hier im Sinne von: Förderung, Unterstützung.
13 Bullinger kam aber diesem Wunsch am 1. April (Nr. 2404) zuvor, ehe vorliegender Brief in Zürich eintraf; s. Nr. 2408,1f. Blarers Brief, zu dem es wohl auch kam (s. Nr. 2413, Anm. 41), ist nicht erhalten.
14 Ein Brief Herbrots findet sich nicht in Blarer BW; Blarer erwähnt einen solchen aber im Brief an Bullinger vom 7. April (Nr. 2413,57—61).
15 beigelegt.
16 dessen vergleychn: darin übereinkommen.
17 nämlich nach Wittenberg.
18 verschweigen.
19 Vgl. 2Kor 13, 14.
20 In Augsburg wechselten jährlich um den Dreikönigstag (6. Januar) die beiden Bürgermeister. Zwischen 1544 und 1547 amtierten als Bürgermeister Jakob Herwart und Simprecht Hoser während den geraden Jahren, Herbrot und Hans Welser während den ungeraden Jahren; s. Katarina Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik im 16. Jahrhundert. Zur sozialen Verflechtung der Augsburger Bürgermeister