Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[2299]

[Johannes Gast] an
Bullinger
[Basel,
Ende November 1545]

Autograph: Zürich StA, E II 366, 112 (Siegelspur) Ungedruckt

Myconius versprach Gast, Bullinger brieflich über die glückliche Wendung im [Braunschweiger] Krieg zu benachrichtigen. Sechs Knechte des spanischen Bischofs [Pedro de Malvenda] sind auf Solothurner Gebiet von Bauern festgenommen und auf das Schloss Gösgen geführt worden, nachdem sie ihren Wirt nicht bezahlt und auf der Straße zwei Fuhrmänner getötet hatten. Falls Bullinger Sicheres über die Unruhen im Wallis weiß, soll er es mitteilen.

S. Myconius vult de bellico tumultu catastrophen 2 satis laetam conscribere a ad te. Id enim mihi promisit se velle exequi. 3

b [p]aucis et am Rande nachgetragen. Hier und unten Text teilweise im engen Einband verdeckt.
c relationem legatorum esse imperiosam über der Zeile nachgetragen.
d [o]mnibus Hel[v]etiorum inscriptam [o]rdinibus am Rande nachgetragen.
16 Der Brief vom 13. November 1545 war an die zu Baden versammelten Boten der XII Orte gerichtet; s. EA IV/Id 560, Nr.2.
17 Mit dem Brief vom 6. Dezember (unten Nr. 2304).
a In der Vorlage conscribet.
1 Der Verweis unten Z. 1 auf ein Schreiben von Myconius über den Braunschweiger Handel (Nr. 2301) sowie der Inhalt von Gasts Brief vom 1. Dezember (Nr. 2300) legen nahe, dass der vorliegende Brief vor dem 1. Dezember 1545 geschrieben wurde.
2 Zum Sieg Landgraf Philipps von Hessen über Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel s. zuletzt oben Nr. 2289, 34-42. — Zu "catastrophe" s. oben Nr. 2287, Anm. 15.
3 Vgl. Myconius' Brief an Bullinger vom 1. Dezember 1545 unten Nr. 2301, 3-24.

Des hispanischen bischoff 4 knecht seindt in Soloturn gebeit gefangen, 6 uß inen Dise haben nit wellen in agro nostro solvere hospitem 5 . Hernach haben sie zwen fürlüt 6 gestochen uff der strassen, das sie inen nit wolten wichen, vil mutwillens getriben. Do seindt die buren uffgsin 7 , zusamen gelouffen, dise gefangen, gen Gößgen ins schloß 8 gefürt, das soloturnisch ist. Was mann inen schencken 9 wirt, das wirt man bald hören.

De Valesianis quid audis? Rumor spargitur illos maxime dissidere 10 ; quid autem sit in causa, ignoratur. Si quid hac de re certi habes, significa.

[Adresse auf der Rückseite:] An den hoch- und wolgelerten herren meyster Heinrych Bullinger, lütpriester zu Zürich, mynem gunstigen, lieben herren und frundt. Zürich.

4 Pedro de Malvenda; s. Johann Jakob Simlers Notiz in der Abschrift zu unten Nr. 2300 (Zürich ZB, Ms S 58, 133) mit Hinweis auf Bucers Brief an Konrad Hubert vom 28. Dezember 1545 (Abschrift in Zürich ZB, Ms S 58, 176) und auf eine Mitteilung Veit Dietrichs, zitiert im Brief von Matthias Erb an Bullinger vom 8. April 1546 (Zürich StA, E II 347, 354). — Aus Gast, Tagebuch 2461, geht hervor, dass der Bischof (dessen Namen Gast nicht anführt) als Gesandter Kaiser Karls V. am 20. November 1545 in Basel im Gasthaus zum Storchen eingekehrt war und von dort nach Italien und zum Reichstag (,,ad comitia imperii" —vielmehr zum Regensburger Religionsgespräch) ziehen wollte. Zu Malvendas Aufenthalt in Basel s. auch unten Nr. 2300. — Der spanische Dominikaner Pedro de Malvenda (Lebensdaten unbekannt) hatte nach Studien in Paris ab 1532 ebenda Philosophie gelehrt. 1540 wurde er als Hofprediger und Hofkaplan an den spanischen Kaiserhof berufen. 1540/1541 und 1546 nahm er am Wormser und am Regensburger Religionsgespräch teil (s. dazu auch NBD VIII 376. 433. 439f. 469. 573-575). Malvenda, Verfechter der Gegenreformation, lehnte Laienkelch und Priesterehe entschieden ab. Seine in Regensburg vertretene Position legte er in seinen Propositiones, Wittenberg, Veit Kreutzer, 1546 (VD 16 M 408f; M
4030f) dar. Im Jahr 1547 scheiterte sein Versuch, Landgraf Philipp von Hessen zu bekehren. Malvenda gilt als Verfasser der "Reformatio in doctrina", einem Vorentwurf für die Klärung der Religionsfragen auf dem Augsburger Reichstag 1547/1548 und für die im Juli 1548 erlassene "Formula reformationis". 1551/1552 nahm er am Konzil von Trient teil. —Lit.: Lettres et mémoires de François de Vargas, de Pierre de Malvenda et de quelques évêques d'Espagne touchant le concile de Trente, von Michel Le Vassor aus dem Spanischen übersetzt und mit Anmerkungen versehen, Amsterdam 1700; RGG 4 V 720; BBKL V 650f (mit weiterer Lit.); Lothar Vogel, Das Zweite Regensburger Religionsgespräch von 1546. Politik und Theologie zwischen Konsensdruck und Selbstbehauptung, Gütersloh 2009 —QFRG 82, passim.
5 den Gastwirt. —Vgl. aber unten Nr. 2301, 34.
6 Unbekannt. 7 seindt ... uffgsin: haben ... sich erhoben.
8 Schloss Gösgen in Nieder-Gösgen (Kt. Solothurn); Sitz der Landvogtei, nachdem Solothurn die Herrschaft Gösgen im Jahr 1458 endgültig an sich gebracht hatte; s. HBLS III 585. — Vgl. unten Nr. 2301, 31-33.
9 Ironisch gemeint.
10 Zu den Unruhen im Wallis s. oben Nr. 2288, 9-13 und Anm. 12.