Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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Kapitel 

[2277]

Johannes Gast an
Bullinger
[Basel],
2. November 1545

Autograph: Zürich StA, E II 366, 216 (Siegelspur) Ungedruckt

Gast konnte bisher keine verbürgte Nachricht über [Herzog Heinrich von] Braunschweig schreiben, da die Papisten das Gerücht verbreiteten, [Landgraf Philipp von Hessen] wäre mit seinem gesamten Heer vernichtet worden. Doch Gott lässt die Seinen nicht im Stich: Nun trauern die Papisten über [Heinrichs] Festnahme. Bullinger soll das beigelegte Dokument wieder zurücksenden. Gewiss ist [hinsichtlich der Festnahme Heinrichs] schon an den [Zürcher] Rat geschrieben worden. [Sebastian von Heusenstamm] ist zum Mainzer Bischof gewählt worden. Es heißt, er sei aus Eisenach. Weder stammt er aus einer bedeutenden Familie, noch ist er gut vernetzt. Demzufolge ist nicht viel von ihm zu befürchten. Der Bischof von Trier [Johann IV. Ludwig von Hagen] soll schwerkrank und anderen Gerüchten zufolge bereits gestorben sein. Bullinger hat wohl von den 20'000 zu Kempten beschlagnahmten Hakenbüchsen gehört. Jemand [...] schrieb an Gast, dass für [Landgraf Philipp von] Hessen der Sieg [über Heinrich] leicht war. Es sollen auf beiden Seiten nicht mehr als 400 [Mann] gefallen sein.

S. Nihil certi hactenus scribere de Brunsvicensi 1 potui ob incertum rumorem, qui sparsus est a papistis. lactarunt Cattum 2 cum exercitu omnino extinctum; sed longe aliter domino visum est, qui suos nunquam deserit 3 . Practicae iam manifestantur, quas a multis annis inchoarunt. Papales tristi vultu incedunt redemptore suo capto 4 Schedam inclusam 5 lege et remitte. Reor autem summam illius rei 6 senatui vestro scriptam. 7

Praeterea te celare nolo, quod electus est in episcopum Moguntinum nobuis quidem et doctor 8. De Isenach dicunt illum esse. 9 Ist nit eins grossen stammens 10 , namens oder anhangs 11 , et sic minus periculi ab eo metuendum.

1 Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel.
2 Philipp von Hessen.
3 qui suos nunquam deserit: Siehe Wander II 48, Nr. 1096.
4 Anspielung auf die am 21. Oktober 1545 erfolgte Gefangennahme Herzog Heinrichs und seines Sohnes Karl Victor durch die schmalkaldischen Truppen: s. unten Nr. 2281, Anm. 4.
5 Der Verbleib dieser Beilage ist unbekannt.
6 Nämlich die Festnahme Heinrichs und seines Sohnes.
7 Der Basler Rat hatte tatsächlich am 30. Oktober 1545 den Zürcher Rat über die
neuesten Entwicklungen des Braunschweiger Kriegs benachrichtigt. Erhalten ist eine Abschrift dieses Briefes von Bullingers Hand (Zürich, StA, E 11350,51 1 1f). Am gleichen Tag schickte auch der Konstanzer Rat diesbezüglich Nachrichten an den Zürcher Rat; s. unten Nr. 2281, Anm. 4.
8 Sebastian von Heusenstamm (1508-1555) wurde am 20. Oktober 1545 Erzbischof und Kurfürst von Mainz.
9 Er kam aus Frankfurt am Main.
10 nit eins grossen stammens: nicht aus bedeutender Familie.
11 Anhängerschaft, Gefolge.

Constans etiam fama est episcopum Trevirensem 12 periculose laborare morbo; 13 quidam hunc asserunt mortuum, sed incerta fidei sunt ea.

Von den 20'000 hockenbüchsen 14 zd Cämpten 15 nider geworffen 16 nosti. Preterea etiam ad me scripsit quidam 17 hanc victoriam Hesso commodissime obvenisse. Putantur non 400 utrinque occubuisse. 18

Vale in domino et salvus. 2. novembris 1545.

Tuus Gastius.

[Adresse auf der Rückseite:] An den wolgelerten herren, herren Heinrych Bullinger, lüttpriester zu Zürich, mynem lieben, gunstigen herren und frundt. 19