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[207]

Peter Simler an
Bullinger
Kappel,
1. April 1533

Autograph: Zürich StA, E II 340, 53. Siegelspur. -Ungedruckt

Befürchtet, daß die V Orte trotz freundlicher Worte einen Angriff auf Zürich vorbereiten, da sie nicht bereit sind, einen Vergleich im Mandatstreit anzunehmen. Zudem hört man von Kriegsvorbereitungen des Müssers und der Mailänder, vom Ritt Reichmuths zum Papst und von der Anwesenheit der päpstlichen, kaiserlichen und herzoglich mailändischen Gesandten in Luzern. Bitte um Rat, wie er sich in Kappel verhalten soll.

Gnad unnd frid von gott. Lieber her gfatter.

Nach allerley umbstennden wil mich beduncken, das die früntlichenn wort, so die 5 ort minen herenn geben, unnd der früntlich fürtrag 1 , damit das rechten erspart, sigint ein uffzug 2 , bis daß sy nach nottdurfft gerüst unns onsersenlich unnd ongerüst mogint überfallen. Dann es hat mir gester ein vertruwter 3 uß den 5 orten enbottenn, die 4 wallstett sigint einhellig, das nit anzenemmen, so jetzt abgeredt ist 4 , sonnder nit ein har von dem ze wychenn, das mine heren söllind den artickel uß dem mandat

15 Wahrscheinlich Kaspar Megander, s. oben S. 84, Anm. 14; vgl. auch die Bemerkung von J. J. Simler zu dieser Stelle, Zürich ZB, Ms S 33, Nr. 74.
16 Franz Kolb.
17 Ulrich Eckstein.
18 Zu Bullingers Scholien zum Johannesevangelium s. oben S. 85, Anm. 25.
1 Was damit konkret gemeint ist, bleibt unklar; zu den Verhandlungen zwischen Zürich und den V Orten über das Messemandat im März 1533 und den dabei ausgetauschten Voten s. EA IV/1c 41-48.
2 Aufschub.
3 Unbekannt.
4 Simler meint wohl den von den am Streit unbeteiligten Schiedorten vorgeschlagenen Vergleich, der an der Badener Tagsatzung vom 21. Januar 1533 zum ersten Mal formuliert wurde (s. oben S. 55, Anm. 6). Die V Orte und Freiburg lehnten diese Vermittlung in einer Versammlung am 11. März 1533 in Luzern ab (s. oben S. 92, Anm. 2) und waren an einem nächsten Tag am 27. März in Brunnen uneins über das weitere Vorgehen (s. EA IV/1c 51 a.).

thun, deßhalbenn er sich keins annderen versech dann eines schnellen uffbruchs. Daruff wenndent sich ouch die umbstennd, namlich des zügs im Meyland, des Müssers rustung 5 das 6 amman , Rychmut in bottschaffts wyß hinynn (als sy sagent) zum bapst ryt 7 . Dann, das sy sagent, si besorgent ir lannden enthalb dem Gotthart, ist ein blendung, dwyl sy des bapsts 8 , keysers 9 unnd hertzogs von Meyland bottschafft 10 im land habennd. Nun han ich nit zwyfel, mine heren sigint der dingen aller bericht, unnd ir ouch, nütdester minder schrib ich das zu üch, damit ir mir, ob bottschafft von Einsidlen 11 käm, das man doch rechten müßt, schribint unnd radtint, wie ich mich hallten sölle, ob ich sölle etwas ab weg füren 12 ; dann ich bin radtloß, mach nit gern ein gschrey, so verlaß ich nit gern minen heren das ir, das ich mit grossem kosten, müg 13 unnd arbeyt zesamen bracht han 14 . Damit sinnd gott bevolchenn.

Datum ze Cappell, zinstags nach Judica im 1533.

Üwer williger Petrus Simler.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem ersamen, wolgelerten heren Meister Heinrichen Bulli 15 , predicanten Zürich, minem lieben gfatter.

5 Die Furcht vor einer Konzentrierung kaiserlicher oder päpstlicher Truppen in der Lombardei zur Unterstützung der V Orte sowie vor einer neuen Auseinandersetzung mit Gian Giacomo de Medici, dem Kastellan von Musso, schien in jenen Tagen bei den Reformierten weit verbreitet, s. EA IV/1c 50; Johannes Stumpfs Schweizer- und Reformationschronik, II. Teil, hg. v. Ernst Gagliardi, Hans Müller und Fritz Büsser, Basel 1955. - QSG, I. Abt.: Chroniken, Bd. IV/II, S. 302.
6 Gilg Reichmuth, um 1465-1554, aus Schwyz, wurde mehrmals mit Gesandtschaften nach Mailand und zum Papst betraut. 1521, 1523-1525 und 1531-1534 Landammann; nahm als Bote von Schwyz an zahlreichen Tagsatzungen teil. Bei den Reformierten galt er als Erzfeind des evangelischen Glaubens. - Lit.: HBRG I-III, Reg.; Z XI 395, Anm. 9; Josef Wiget, Landammann Gilg Reichmuth, in: Das Geschlecht der Reichmuth, Schwyz 1977, S. 11-17; HBLS V 572.
7 Reichmuth war im März/April 1533 in Rom, um vom Papst die Bestätigung des neugewählten Abtes von Einsiedeln, Ludwig II. Blarer von Wartensee, zu erlangen, s. EA IV/1c 36k.; Wiget, aaO, S. 16.
8 Über Ennio Filonardis Mission s. HBBW II 247, Anm. 25 und oben 97, Anm. 13.
9 Der Gesandte Karls V. verhandelte wie Filonardi
über das geplante Bündnis zwischen Papst, Kaiser, den V Orten und Freiburg (s. EA IV/1c 14f); vielleicht war es Léonard de Gruyères, Official von Besançon, der allerdings erst im Sommer 1533 in dieser Funktion belegt ist, s. EA IV/1c, Reg.
10 Johannes Angelus Ritius und Johannes Dominicus Panizonus, die Gesandten des Herzogs Franz II. von Mailand, hatten am 8. Januar 1533 in Luzern eine Kapitulation mit den V Orten abgeschlossen, s. EA IV/1c 2t. und 1293-1295.
11 Am 2. April 1533 tagten die X Orte (ohne Bern, Basel und Schaffhausen) in EinsiedeIn, um u. a. über den Mandatstreit zu verhandeln, s. unten S. 102, Anm. 4.
12 Simler befürchtet offenbar einen Angriff der katholischen Orte auf Zürich, der das hart an der Zuger Grenze liegende Kappel wie im Jahre 1531 wieder zuerst treffen würde.
13 Mühe.
14 Als Verwalter des Kappeler Klostergutes und der Schule brachte Simler das im Zweiten Kappelerkrieg beschädigte und geplünderte Kloster und dessen Güter wieder in Ordnung, so daß 1533 die Schule wieder eingerichtet werden konnte (HBRG I 94-96).
15 Im Aargau gängige Verkürzung des Namens Bullinger, s. HBBW II 127, Anm. 32.