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[2163]

Camillo Renato
an Bullinger
Chiavenna,
15. Mai 1545

Autograph: Zürich StA, E II 335, 2078 (Siegelspur)

Renato dankt für Bullingers Brief [nicht erhalten] und für die [,,Orthodoxa Tigurinae ecclesiae confessio"]der [Zürcher]. Über das Abendmahl lehren Renato [und seine Pfarrkollegen] sozusagen dasselbe [wie die Zürcher], denn auch sie erkennen nichts anderes im Abendmahl als ein Gedächtnis des Todes Christi, durch den der Mensch von der Macht der Finsternis in das Reich des Lichtes aufgenommen wird. Anders Lehrende haben keine Chancen bei ihnen. Angeblich soll der einflussreiche Peter Finer Bullinger bald besuchen. Bullinger möge Renato bei Finer wärmstens empfehlen, zumal dessen Sohn [Johann Jakob] nun als Commissari des Veltlins 1 beim Präfekten [Jörg Beeli von Belfort]2 wirkt. Bullinger soll Peter Finer auch die Sache des Evangeliums ans Herz legen. Vom Konzil zu Trient ist nichts Ernstes zu erwarten. Angeblich befinden sich dort immer noch nur drei Kardinäle [Giovanni Maria Ciocchi del Monte, Marcello Cervini und Reginald Pole]3 , die unter dem Vorwand des Konzils für ihre Mägen sorgen und der unerfahrenen Menge glaubhaft machen, dass es nicht an ihnen liege, wenn die Religions[sache]nicht geregelt wird. In Italien gedeiht die Frömmigkeit gut. Die Brüder grüßen und beglückwünschen [die Zürcher] zu ihrem Bekenntnis. Irgendwann wird Renato Bullinger besuchen. Renato ist nicht Prediger in Tirano, sondern Schulmeister im Veltliner Städtchen Traona, was ihn dennoch nicht davon abhält, [das Evangelium] zu bekennen.

[Gedruckt: Epistolae ineditae, in: Museum Helveticum V/19, Zürich 1751, 479f (ohne Datum); Petrus Dominicus Rosius a Porta, Historia Reformationis Ecclesiarum Raeticarum, Bd. 1/2, Chur 1771, S. 45, Anm. c (ohne Datum); Graubünden, Korr. I 74f, Nr. 58; Renato, Opere 140f, Nr. 4.]

34 Jer 7, 31: ein Ort, an dem Götzenopfer dargebracht wurden hier eine Anspielung auf das Messopfer.
35 Aus dem vom 23. Juni 1545 datierten Brief Konrad Pellikans an seinen Sohn Samuel (Zürich ZB, Ms F 47, 119) geht hervor, dass das Wappen thom Camphs aus
einer Blume bestand, "cui insident apicula et araneum".
1 Richtig: als Vicari in Sondrio; s. Handbuch der Bündner Geschichte IV 302.
2 Landeshauptmann in Sondrio; s. aao.
3 Siehe oben Nr. 2153, Anm. 40.