Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

[2111]

Bullinger an
Ambrosius Blarer
Zürich,
16. März 1545

Autograph a : St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 35 (VBS VI), 20 (Siegelabdruck) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 352, Nr. 1171

Der Bote [...] überbringt die restlichen Blätter vom [,,Warhafften Bekanntnuß"]; es ist tatsächlich ein wenig lang geworden, was sich aber nicht vermeiden ließ. Bullinger übersendet ein Exemplar an [Thomas Blarer] und lässt diesen grüßen. Er bittet, die anderen vier Exemplare [der deutschen oder lateinischen Fassung] samt Begleitbriefen an [Hans] Welser, Claudius [Pius]Peutinger, [Wolfgang]Musculus und Georg Frölich mit dem nächsten Boten nach Augsburg weiterzuleiten; er schickt auch ein Exemplar an [Martin] Frecht. Bullinger dankt für die Nachrichten über den Reichstag [zu Worms], über [Karl V] und über Landgrafen [Philipp von Hessen]. Hat Blarer Nachrichten über das Konzil von Trient? Was, wenn die Bestie ihre Kräfte zeigt und mit ihren drei Hörnern (welche die geistliche, kaiserliche und königliche Macht symbolisieren) die Gläubigen erdolcht? Aber Gott wird die Bestie besiegen; deshalb hat Bibliander die [,,Relatio fidelis"] veröffentlicht, die Blarer bald sehen wird. Blarer soll after schreiben und Bullinger wissen lassen, ob dieser ihm noch Botenlohn schuldet. Gruße. [P.S.:]Die lateinische Übersetzung [,,Orthodoxa Tigurinae Eccleasiae confessio"] von Gwalther ist auch gedruckt.

Gratiam et pacem.

Tabellio 1 hic reliqua tibi, frater mihi plurimum observande, folia 2 dabit. Suspicatus es fortassis adhuc multo-plura tuis-deesse-, -unde--scripsisti 3 malle nos succinctiores; ac revera satis prolixi sumus. Sed in re tanta et tam varii argumenti, quomodo, quaeso, breviores esse potuimus? Mallemus et nos omnia esse breviora. Fratri tuo germano 4 exemplum mitto, cui me, quaeso, commendes, et salutem ex me dices officiosissime. Oro utrumque, ut munuscula haec exigua non aspernemini. Exempla reliqua 4 una cum literis Augustam, quaeso, per proxime oblatum nuncium mitte. Scripsi d. Welsero. 5

a Mit Randbemerkung von unbekannter Hand.
1 Unbekannt.
2 Den Rest der deutschen Ausgabe der Schrift "Warhaffte Bekanntnuß"; s. oben Nr. 2094, 44f.
3 Siehe oben Nr. 2094, 36-38, wo Blarer die Länge der Schrift bedauert hatte.
4 Thomas Blarer.
5 Der Brief an Hans Welser ist nicht erhalten.

d. Claudio Peutingero d. Musculo 7 et d. Georgio Laeto 8 . quibus me commendes quoque. Mitto et Frechto nostro 9 exemplum, etc.

Pro iis quae ex amici literis 10 consignasti et communicasti de comitiis 11 , caesarea 12 et langraffii 13 13 rebus, maximas ago gratias. Quid vero habes de consilio Tridentino 14 ? Quid, si canis triceps 15 et bestia tricornis 16 maximas hic vires suas exereret ac triplicato dentium ordine 17 carnes sanctorum con-terere aut tridente spirituali, imperatoria et regali potestate fideles confoderet? Sed vivit pater, filius et spiritus sanctus, benedictus in saecula deus, 18 qui in aeternum maledictam bestiam confodiet. Edidit contra bestiam non poenitendum librum Bibliander 19 quem mox videbis.

Scribe ad me, quaeso, frequentius; nam intra 3 menses semel et iterum modo scripsisti. 20 Stadt neißwas 21 noch botten thon uß, lieber, so lassend

6 Nicht erhalten. — Claudius Pius Peutinger (1509-1551), der älteste Sohn des einflussreichen Augsburger Stadtschreibers und Humanisten Konrad Peutinger, genoss eine ausgezeichnete Ausbildung und erhielt schon 1522 Pfründen in Freising und Kempten. 1524 bewegte er sich im Reformatoren-und Humanistenkreis Basels und näherte sich dem Protestantismus an. Ab 1526 studierte er Jura in Orléans, Bourges und Ferrara, wo er 1532 promovierte. Nach einer Tätigkeit am Reichskammergericht in Speyer kehrte er 1533 nach Augsburg zurück, wo er zum städtischen Syndikus ernannt wurde; 1534 heiratete er Lucia Lauginger, die wie er selbst aus einer reichen Kaufmannsfamilie stammte. Anfang der 1540er Jahre nahm er an mehreren Zusammenkünften des Schmalkaldischen Bundes teil und näherte sich angesichts des drohenden Krieges wieder dem Katholizismus an; auf sein Betreiben hin unterwarf sich die Stadt Augsburg 1547 dem Kaiser. Mit der Abschaffung des Augsburger Zunftregimes durch Karl V. 1548 verlor auch der kaisertreue Peutinger sein Amt und wurde als Jurist für die verschiedenen Augsburger Handelshäuser tätig. 1551 wirkte er im Zusammenhang mit der Kapitulation Augsburgs vor Moritz von Sachsen nochmals für die Stadt tätig und hoffte auf eine Rehabilitierung durch den Kaiser. Bevor dies geschehen konnte, starb Peutinger Ende 1552. Es sind drei Briefe von ihm an Bullinger aus den Jahren 1545 und 1546 erhalten. —Lit.: Fried-
rich Roth, Zur Lebensgeschichte des Augsburger Stadtadvokaten Dr. Claudius Pius Peutinger (1509-1552), in: ARG XXV 99-127. 161-255; Roth passim (s. Reg.); ADB XXV 567 (unter Peutinger, Konrad).
7 Der Brief an Wolfgang Musculus ist nicht erhalten.
8 Der Brief an Georg Frölich ist nicht erhalten.
9 Der Brief an Martin Frecht ist nicht erhalten.
10 Hans Welsers nicht erhaltenener Brief an Ambrosius Blarer vom 9. März 1545, im Auszug oben Nr. 2094, 5-22.
11 Der Reichstag in Worms.
12 Karl \;
13 Philipp von Hessen.
14 Zum Konzil von Trient s. oben Nr. 2071, Anm. 24.
15 Cerberus, der angsteinflößende Hüter der Hölle, hier als Symbol für den Antichristen verwendet.
16 Anspielung auf Dan 7 und Apk 13, wobei aber diese den Antichristen symbolisierenden Tiere nicht drei Köpfe haben.
17 Anspielung auf den Mantikor.
18 Vgl. Ps 41, 14 (Vulg. 40, 14); 106 (Vulg. 105), 48; Dan 2, 20.
19 Theodor Bibliander, Relatio fidelis, Basel, Johannes Oporin, 1545; s. oben Nr. 2109 und Anm. 10.
20 In der Tat sind es vier Briefe: oben Nr. 2060, 2065, 2084f, 2094.
21 Stadt neißwas: Es steht vielleicht.

michs wüssen. Ists noch ettwas, so weiß ichs nitt mee. Ir söllend minen oder unserthalb kein kosten noch schaden haben, etc.

Dominus servet te cum tuis omnibus.

Tiguri, 16. martii 45.

Tuus Bullingerus.

Responsionem nostram b Latinam fecit Gvaltherus, quae et ipsa impressa est. 22

[Adresse auf der Rückseite:]c Clarissimo viro d. Ambrosio Blaurero, Constantiensis ecclesiae pastori, fratri charissimo. Constantz.