Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[1807]

Peter Fuchs an
Bullinger
[Biel],
24. Oktober 1543

Autograph: Zürich StA, E II 355, 101r.-v. (Siegel) Ungedruckt

Dankt für Bullingers Schreiben und bedauert die Arbeit und Mühe, die sie ihm [wegen der Hochzeit von Samuel Wyttenbach und Küngold von Schönau]bereiten; es besteht kein Grund, sich wegen des Artikels [des Ehevertrags] über [das Erbvorrecht] der Söhne Sorgen zu machen; der Widerstand gegen die Hochzeit war vergeblich; will ihm alles berichten, wenn sie sich [in Zürich]treffen. Die Hochzeitsgesellschaft, die am Samstag [den 3. November] in der Nacht eintreffen wird, wird sich aus Niklaus und Samuel [Wyttenbach], Bendicht und Glado May, Hans Wunderlich, Sulpitius Brüggler, Bendicht und Christoph Wyttenbach, Valerius Göuffi und möglicherweise noch zwei weiteren Gästen zusammensetzen, sodass mit etwa 16 Pferden zu rechnen ist. Bittet Bullinger, bei Fuchs' Wirt Vorsorge zu treffen, damit er, falls er krank würde, sich auskurieren könnte. Der Kaiser [Karl V.] liegt mit seinen Truppen vor [Landrecies] unweit vom [französischen] König [Franz I.]; es wird wohl zur Schlacht kommen. Grüße. [Niklaus Wyttenbach]möchte, dass Bullinger und Bürgermeister [Diethelm]Röist sie [nach Biel]begleiten.

Fryd und gnad von gott dem vatter durch Cristum Jesum sig zu allen zitten mit unß allen. Demnoch min willig dienst und was ich eren, liebs und gutz vermag, sig üch alle zitt bereit.

Lieber her und bruder, üwer schriben 1 , mir aber mols gethan, hab ich entpfangen. Ist mir ein groß beduren, das ir so vil groß müw und arbeit haben von wegen Samuels. 2 Gott sig uwer lon. In welchem 3 ich nun woll verston, das villicht ir a vermeinen, so die eren fruntschafft 4 zu samen koment, 5 möcht villicht etwas spans 6 witter entston von wegen deß artikels der sünen. 7 Dörffend ir üch noch sy 8 gar nützit mer entsitzen 9 ; dann, ob got wil,

a ir über der Zeile nachgetragen.
1 Bullingers Antwort auf Fuchs' Schreiben vom 15. Oktober (oben Nr. 1801) ist nicht erhalten.
2 Zu den Vorbereitungen für die Hochzeit von Samuel Wyttenbach und Küngold von Schönau vgl. oben Nr. 1795f und 1800f.
3 Gemeint ist: in welchem Schreiben.
4 ehrenwerte Verwandtschaft.
5 wenn sich die beiden an der Hochzeit beteiligten Familien treffen.
6 Streit.
7 Vgl. oben Nr. 1800, 8-20; 1801, 7-27.
8 Die Brautfamilie.
9 Befürchtungen hegen.

wie es angefangen, also wirt es ein furgang haben, wie wol, wie vor geschriben, der tüfel sich hefftig gewunden hat, 10 aber nütz geschaffen, got sy lob. Acht 11 , got werde sinen segen dorzu senden, das nüt dann gluck und heill do wirt sin. Vil dorvon zu schriben ist nit von nötten. So es got zu last und wir zu samen komen, will ich üch deß handels alles woll berichten.

Demnoch, alß ir mir schriben, üch zuberichten, wer die sigen, so mit minem gefatter 12 komen werden, wil ich üch anzöigen, wie woll j[uncker] Niclaus 13 nit anheimsch 14 . Also wirt komen j[uncker] Niclaus, Samuel 15 , juncker Bendicht Mey 16 , der mutter 17 bruder, juncker Glado Mey 18 , ouch ir bruder, sinen zwen dochterman 19 Hans Wunderlich 20 und juncker Picius Brugler 21 , der drit 22 mag nitt kon, das im woll von hertz leid ist, demnoch sin

10 Fuchs bezieht sich auf den Widerstand von Verwandten Wyttenbachs gegen die geplante Hochzeit, vgl. zuletzt oben Nr. 1801, 27-30.
11 Ich hoffe.
12 Vgl. oben Nr. 1796, Anm. 5.
13 Niklaus Wyttenbach.
14 nicht zu Hause ist.
15 Samuel Wyttenbach.
16 Bendicht May, gest. 1569, Sohn des 1527 verstorbenen Glado (Claudius), Herr zu Rued, Strättligen, Thierachern und (bis 1533) Wattenwil, entstammte einem Berner Ratsgeschlecht und wurde 1519 Mitglied des Großen Rats. Durch seine Ehefrau Anna Amstad von Schaffhausen wurde er 1549 auch Gerichtsherr zu Marthalen (Kt. Zürich). —Lit.: Z IV 459; HBLS V 57; Hans Kläui, Aus der Geschichte der Gemeinde Marthalen, Marthalen 1958, S. 48.
17 Anna Wyttenbach, geb. May von Rued, vgl. oben Nr. 1801, Anm. 23.
18 Glado (Claudius) May, gest. 1568, Bruder des Bendicht May, war Schultheiß zu Burgdorf und 1534 Landvogt zu Morges. Zwischen 1539 und 1550 wurde er mehrfach in den Kleinen Rat Berns gewählt und zu Gesandtschaften abgeordnet. 1564 schrieb er einen Brief an Bullinger (Zürich StA, E II 360, 581f). — Lit.: Z IV 459; HBLS V 57.
19 Schwiegersöhne.
20 Hans Wunderlich (Jean Merveilleux) von Neuenburg, 1489-1559, wurde 1517 Kastellan zu Thielle (Kt. Neuenburg) und 1524 Staatsrat. Ab 1522 verfolgte er eine
erfolgreiche diplomatische Karriere im Dienste der französischen Krone, deren Interessen er - u. a. in den Verhandlungen um eine neue Solddienstallianz 1548/49 — als Sekretär und zeitweise als Stellvertreter der französischen Gesandten in der Eidgenossenschaft vertrat. Seit 1530 neigte der ein Jahr zuvor in den Adelsstand erhobene Wunderlich der Reformation zu. Er war seit 1541 in dritter Ehe mit Ursula, geb. Wyttenbach, verheiratet (s. Bernhard von Rodt, Genealogien burgerlicher Geschlechter der Stadt Bern, Bd. 6 = Bern Burgerbibliothek, Ms. h. h. LII 9. 6, S. 320). Von seinem Briefwechsel mit Bullinger sind insgesamt 5 Schreiben erhalten. —Lit.: Edouard Rott, Les Merveilleux secrétaires-interprètes de l'ambassade de France en Suisse aux XVI ème et XVIIl ème siècles, in: Musée neuchâtelois 1898, S. 231-236; HBLS V 86.
21 Sulpitius Brüggler, gest. 1591(?), gehörte wohl ab 1546 dem Großen und ab 1557 dem Kleinen Rat an. 1554-1556 war er Landvogt im Maiental (Valle Maggia, Kt. Tessin; s. EA IV/le 1420); um 1559 wurde er Vogt zu Ripaille (Dép. Haute-Savoie). In erster Ehe war er mit Maria Wyttenbach verheiratet. — Lit.: Bern Burgerbibliothek, Ms. h. h. XVII 64, S. 128; ebd., Mül. 642. 1, S. 9; HBLS II 370 (mit je divergierenden Angaben).
22 Samuel Wunderlich, der Bruder von Hans, war mit Margarete Wyttenbach verheiratet; s. von Rodt, aaO, S. 320.

vetter Bendicht Wyttenbach 23 und sin sun Stoffell 24 , juncker Valerius Göuffe 25 unser meyer 26 , und villicht noch zwen, das etwan uff die 16 roß kon werdendt. Er will nit vil lüt mit im unrüwig machen; es kemend gern vill, aber es ist nit von nötten. Deß tags halb zu komen, acht ich woll, es werde kein span haben 27 , will das woll zu wegen bringen, das man uff sampstag 28 zu nacht do wirt sin. Des übrigen deß huß halb werden sy woll eins inzuritten, will das woll an im haben. 29 Sunst weiß ich anders nützit, dann got gebe gluck und gutt wetter dorzu. Amen.

||101v. Witter ist min pit an üch und an minen gutten herren und bruder Rudolffen Gwalter, ir wellind so woll thun und mit minem wirt 30 in der nüwenstat 31 doben reden, das er welle das best thun, so ich keme und kranck by üch würde, das ich noch einest 32 sin gast mog sin und woll abthewen 33 ; dann die obriste 34 artzny, so man haben mag, ist abstinentia. Dorumb versorgends mir by zitten, ich besorg mir vast übe1. 35

Nüwer zittung 36 weiß ich nit besunders, dann uff mentag vergangen 37 sind etliche botten von den houpluten heruß komen, die sagen, das der keyser 38 vor einer stat lige, die im der künig 39 veren 40 abgewunen hab, hab 6 sturm dorvor verloren, heist Niß 41 , und ligt der künig nit wit von im mitt sinen züg 42 ; achten woll, es möge kum zergon on schlachen 43 .

23 Bendicht Wyttenbach, geb. 1499, Mitglied der Bieler Gerberzunft, war 1513 am Zug nach Novara beteiligt, saß 1518-1519 im Großen Rat, 1520-1548 im Kleinen Rat und versah 1549 das Meieramt. Gest. 1549 an den Folgen eines Beinbruchs. — Lit.: Bourquin, Biel 499; HBLS VII 615.
24 Christoph (Christoffel) Wyttenbach war Mitglied der Bieler Gerberzunft und kam 1550 in den Großen und ein Jahr später in den Kleinen Rat. 1553-1556 bekleidete er das Seckelmeister- und 1556-1593 das Meieramt. 1587 wurde er mit dem Kirchenbann belegt. Gest. 1593. —Lit.: Bourquin, Biel 499; HBLS VII 615; H. Türler, Die Excommunication in Biel im Jahre 1587, in: Bieler Neujahrsblatt 1910, S. 12-45.
25 Valerius Göuffi, gest. 1561, Sohn des Humbert (gest. 1500), kam 1508 in den Bieler Rat, bekleidete 1514-1516 das Venner-, 1533-1548 das Meier- und 1555-1558 schließlich das Bürgermeisteramt. 1531 befehligte er die Bieler Truppen im Müsser- und im Zweiten Kappelerkrieg. — Lit.: Bourquin, Biel 167; HBLS III 590.
26 Zum Bieler Meieramt vgl. HBBW XI, S. 168, Anm. 1.
27 wird es keine Differenzen geben.
28 D. h. am 3. November.
29 Wohl im Sinne von: selber bestimmen.
30 Nicht bekannt.
31 Zur Lokalisierung des Quartiers Neustadt vgl. Salomon Vögelin, Das Alte Zürich, Bd. I, 2. Aufl. Zürich 1878, S. 259f.
32 noch einmal.
33 verdauen; mich erholen.
34 beste.
35 ich mache mir große Sorgen.
36 Neue Nachrichten.
37 22. Oktober.
38 Karl V.
39 Franz I. von Frankreich.
40 im Vorjahr (eigentlich im Juni 1543, s. Du Bellay, Mémoires IV 128-130).
41 Die kaiserlichen Truppen lagerten vor Landrecies (Dép. Nord, Frankreich), vgl. Henne VIII 147f und Stälin 577. Bei der Lokalisierung "Niß" (Nizza) scheint es sich um ein Missverständnis des Schreibers zu handeln.
42 seinem Heer.
43 es werde kaum ohne Kampf abgehen.

Grussend mir alle gutte herren und brüder, minen herren burgenmeister 44 und alle andre gutte fründt. Es thutt uch ouch griessen all min hußgesind.

Datum uff mitwuchen vor Simonuß Jude im 43.

Ir sond 45 üch rüsten zu komen, das will er 46 gehept han. 47 Er hette woll gern minen her burgenmeyster Rösch 48 ouch heruff, so es im nit zewidrig were.

Üwer altzit williger bruder

Peter Fuchs, den

sond ir mich finden. 49

[Adresse auf f. lOla v.:] Dem hochgelerten und erenwürdigen herren her Heinrich Bullinger, diener deß wort gottes zu Zürich, minem günstigen herren und bruder zu handen.