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[1769]

Bullinger an
Ambrosius Blarer
[Zürich],
11. August 1543

Autograph a : St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 34 (VBS V), 208r.-v. (Siegelspur) Zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 198, Nr. 1028

Sendet Briefe und Philipp [Melanchthons]Schrift [,,Responsio Philippi Melanthonis ad scriptum quorundam delectorum a clero secundario Coloniae Agrippinae"] mit Dank zurück. Bucer hat kürzlich in einem Brief [Nr. 1763] die Ereignisse in Bonn geschildert; möge seine Mission erfolgreich sein! Nichts kann diese mehr hindern als die Kriege, mit denen Frankreich und Deutschland das göttliche Wort verachten und unschuldiges Blut vergießen; es ist Zeit zur Buße. Sendet weitere Teile des Johannes[-Kommentars] und bittet um offene Kritik sowie um häufige Berichterstattung. Die Eidgenossen haben [König Franz I.][am Tag zu Baden] 10'000 Soldaten zugesagt, was in Zürich mit Bestürzung aufgenommen wurde; der Große Rat sandte ein Schreiben, in dem vor der Anwerbung von Zürchern gewarnt wird; in der Stadt herrscht Einigkeit in der Ablehnung des Krieges. Bittet erneut um Nachrichten. Grüße.

Salve, charissime et colendissime mi Ambrosi.

Literas mihi creditas omnes 1 una cum responsione Philippi 2 pia et docta remitto et maximas ago gratias. Scripsit superioribus diebus d. Bucerus a

1 Mit Datierung 15. August 1543.
a Das Autograph weist leichte Brandspuren sowie eine Anmerkung von späterer Hand auf.
1 Gemeint ist die in Blarer BW II 197 als Nr. 1027 abgedruckte "neue Zeitung" und die dazugehörigen nicht mehr erhaltenen Teile.
2 Gemeint ist eine der verschiedenen Ausgaben

Bonna 3 et diligenter totum negotium, uti nunc geritur, pinxit. Debemus nos sedulo orare dominum, ut conatus bonorum virorum bene cedat.

Sed nihil bene cedere sinunt infelicia bella, quibus nunc Gallia et Germania, adde et nationes aliae committuntur. Adsunt, adsunt tempora vindicte 4 , vereor; luet et Germania et Gallia contemptum verbi dei, et expiabitur igni et ferro 5 sanguis ille innoxius instar aquae multis iam annis effusus, atque inciderunt in nos calamitosissima illa tempora. Omnia certe confusissima sunt nec ullo possunt humano componi consilio. Quid ergo fiet? Clamabimus: "Peccavimus, domine, peccavimus nos et patres nostri"6 etc.; Danielis 9 [3-19]. "Domine, ne in furore tuo arguas nos"7 etc. Hortabimur omnes ad poenitentiam et fidem; quis scit, an forte moveatur rigidum in nos, sed iustum dei decretum? Certus sum pios et deum timentes nunquam deserendos in tantis tumultibus. Oremus ergo, vigilemus.

Mitto et alia, quae hactenus impresserunt in Ioannem 8 , et oro, quod hactenus non semel repetii, ut libere indices et moneas, si quid videtur minus circumspecte positum. Cupide semper tuas expecto et lego. Gratissimam ergo rem facis, cum frequenter scribis et communicas, quod de rebus communibus et de rebus, ut vocant, novis communicant optimi quique et fide digni homines.

Unser nodt und grosse bekümbernuß und arbeit gadt aber 9 an, gott erbarms. Unser eydgnossen habend abermols zugesagt dem Frantzosen 10 , unsermm Aegyptio 11 , 10'000 knächt; die werdent innet 12 tagen uff sin 12 und ander 12'000 sich rüsten b . 13 Unser herren sind vast 14 beckümmert; dann all ir müy, arbeit, warnen, abmanen ist vergäbens an denen lüten. Doch habend sy inen sagen lassen, das sy inen die iren nitt hinwäg fürrind 15 . Dann styff wöllend sy by iren satzungen blyben, den kriegen under den iren weerren etc. Wir sorgend, es werdint uns ouch ettlich hin louffen; doch hatt man gut sorg 16 mitt kost, unruw und arbeit. Man hatt hütt die 200 17 gehept und

b und ander 12'000 sich rüsten am Rande nachgetragen.
der "Responsio Philippi Melanthonis ad scriptum quorundam delectorum a clero secundario Coloniae Agrippinae" (VD 16 M 4134-4139).
3 Offenbar bezieht sich Bullinger hier auf den Brief Bucers vom 21. Juli (oben Nr. 1763), den er erst am 6. August empfangen hatte (vgl. Bullingers Antwort, unten Nr. 1777, Z. 2), und nicht, wie von Schieß in Blarer BW II 198, Anm. 2, und 199, Anm. 1 angenommen, auf Blarer BW II 199f, Nr. 1030.
4 Vgl. Sir 5, 9.
5 Vgl. Adagia, 4, 8, 11 (LB II 1125).
6 Vgl. Jer 3, 25.
7 Ps 6, 2; Ps 38, 2 (Vulg. 37, 2).
8 Zu Bullingers Johanneskommentar s. zuletzt oben Nr. 1762, 22-25 mit Anm. 7.
9 erneut.
10 König Franz I.
11 Vgl. oben Nr. 1760, Anm. 4.
12 aufbrechen.
13 Am Tag zu Baden vom 6. August stimmten neun Orte der Bitte Franz' I. zu, ihm 10'000 Soldaten zur Verfügung zu stellen; von weiteren 12'000 ist nicht die Rede; s. EA IV/1d 286f d sowie PC III, Nr. 399.
14 sehr.
15 Siehe dazu EA IV/1d 286 d.
16 gibt man gut acht.
17 D. h. eine Sitzung des Großen Rates.

einmündig den eydgnossen gschriben gen Baden, da ein tag ist, uns die unsern nitt anzunend 18 , ||208v. und gott hab lob, so ist ein söliche einickeit under den burgern und aller obergkeyt, des künigs 19 gällts und kriegens müssig gon, daheym ze blyben und niemandts ze beleydigen, dass nitt einer under den 200 funden, der anders radte oder wölle. Bittend gott, dass er uns trüwlich hälffe. Der schantlich tüfel überschüttz alles mitt gantzen huffen kronen etc.

Ich bitt üch abermols, ir wöllind trüw an uns sin und thun alls ein guter fründ, so ir ettwas hortind 20 , wie ich üch vor mee geschriben und gebätten hab.

Salutant te d. Röystius 21 , d. Lavaterus 22 , fratres symmistae etc. Salutabis tuos et meos.

Augusti 11. 1543.

Tuus H. Bullingerus.

[Adresse darunter:] D. Ambrosio Blaurero, charissimo su[o]c .