Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

[1668]

Bullinger an
[Baithasar Funk]
Zürich,
29. September 1542

Zeitgenössische Abschrift von unbekannter Hand a : St. Gallen Kantonsbibliothek, Ms 34 (VBS V), 221 (Siegelspur) Zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 147, Anm. 1

Bittet um Entschuldigung für die Belästigung. Dem früher in Schaffhausen und nun in Bern tätigen Pfarrer Erasmus Ritter, Bullingers Freund, wird vorgeworfen, er habe in Memmingen eine Bürgerstochter entführt und sich [im Bauernkrieg] den Aufrührern angeschlossen; der Denunziant [Adam Heinricher]hat sich auf einen ungenannten Memminger Bürgermeister als Zeugen berufen. Bullinger bittet, ihm oder Ritter mitzuteilen, ob [Funk] oder einem anderen Bürgermeister Derartiges bekannt sei; Ritter erklärt, er habe sich einzig im Jahr 1525 kurz in Memmingen aufgehalten und nichts Unrechtes getan. Bullinger ist überzeugt, dass hier ein Prediger der Wahrheit durch eine Unterstellung zum Schweigen gebracht werden soll; Ritter ist bereit, sich zu rechtfertigen; Bitte um unverzügliche Antwort.

Frommer, fürsichtiger, wyser, fürgeliepter, günstiger herr, min früntlich gruß, williger dienst, unnd was ich üch liebs unnd guts vermöchte, bevor.

Es langt ein handel an mich, der ist mir so gar beschwarlich, das ich nit hab underlassen mögen, üch 2 zuo zeschriben, wie ungern ich üch joch beschweren;

b Daneben von Blarers Hand: Remitte sententiam Bernatensem und auf der Rückseite (f 220v.): A Bullingero ultima septembris 1542.
c Bullinger schrieb die Adresse auf die Rückseite der dem Brief an Blarer beigelegten Abschrift seines Briefes an Balthasar Funk (unten Nr. 1668).
25 sehr unzufrieden.
26 Vgl. Mt 6, 13.
27 Erasmus Schmid.
a Beilage zu Bullingers Brief an Ambrosius Blarer vom selben Tag (oben Nr. 1667). Mit Randnotiz und Unterstreichung von späterer Hand.
1 Dass der im Brief angesprochene Bürgermeister von Memmingen, den Bullinger auf Bitte von Erasmus Ritter kontaktierte (vgl. oben Nr. 1665), Balthasar Funk sein muss, ergibt sich aus Bullingers Brief vom selben Tag an Ambrosius Blarer (vgl. oben Nr. 1667, 8f).
2 auch.

schweren; dann ich wo! weiß, das jr sunst mit vil geschefften belestiget sind. Darumb ich üch ouch früntlich pitt, jr wollind mir min schriben nit verargen, sunder fur gilt uffnemmen und mir in minem anligen beradten unnd beholffen sins.

Ich hab ein gilten, lieben fründ, günner und bruder ze Bernn, heist Erasmus Ritter, ist vormals zuo Schaffhusen predicant gsin, jetzund prediget er gar trüwlich das evangelium zuo Bern. Darumb er ouch von ettlichen lüten gar grossen uffsatz 4 hatt, die inn understand dannen zelupfen 5 oder an sinen eeren zeschwechen unnd zuo nüty 6 zuo machen. Da hatt sich vergangner tagen begaben, das einer inn schmecht 7 unnd mit verwegnem mut geredt: "Erasmus ist ein lottersbßb 8 , ist nit redlich von Memmingen gescheiden, sonder hatt einem biderman sin dochter dannen gfñrt unnd hatt sich da zuo den uffrñrigen gsellet, hatt unrüw gemachet, dar umb ich gilt kundtschafft hab von dem burgermeyster zuo Memmingen" etc. Nunn mag 9 ich nit wüssen, ob er üch oder ein andren burgermeyster zuo Memmingen gemeint habe; einmal aber hatt er gantz klarlich heruß den burgermeyster zuo Memmingen benamset unnd zum zügen angezogen'°. Da were jetz min fründtliche und trungenliche" pitt an üch, das ir so wo! weltind thun unnd mir oder genamptem minem lieben christenlichen bruder Erasmo Ritter zuoschriben, ob üch doch neißwas 12 der dingen, wie sy der schmeher fürtragen, zuo wüssen, oder, ob jr Erasmi gar kein kundtschafft habend 13 , ob doch ein annderer burgermeyster zuo Memmingen sy, der etwas der sach halben wüste, deren Erasmus, als obgemelt 14 , anzogen 15 wirt. Dann Erasmus mich bericht, das er zuo Memmingen sin leben lang dhein 16 besonderen wandel gehept, allein im 1525 jar nach der unrüw dar kommen unnd nit vil über vierzehen tag da gewesen sye. Da möge er wo! geredt haben mit lüten, die im vergangen uffr&' verdechtig, er habs aber nit gwüst; so hab er mit niemans überal 17 von unrßw geredt, er habe ouch niemans die sinen bosßlich oder uneerlich hinweg gefurt.

Diewyl ich mich dann gentzlich versich 18 , solliche zuored 19 habe gemelter schmeher uss bossheit, nyd unnd uffsatz erdacht, zuo nachtheyl unnd unndertruckung des predigers der warheit, das ouch jr oder ein annderer burgermeyster von Memmingen anders nüt dann liebs unnd gilts von gemeltem predicanten zuo 122 1V. Bern wüssend oder wo! als bald 20 sinen gar dhein Vor -rar gestrichenes -ruff. raten und helfen. Nachstellung. aus dem Amt zu drängen versuchen.

6 zunichte.
' geschmäht hat. —Zu den Einzelheiten vgl. Ritters Bericht vom 25. September, oben Nr. 1665.
8 ein liederlicher Geselle o. ä.
b kann.
genannt und als Zeugen angerufen.
11 dringliche.
12 irgendetwas.
13 falls ihr von Erasmus gar nichts wisst.
14 wie oben erwähnt.
15 beschuldigt.
16 keinen.
17 überhaupt.
18 Da ich fest überzeugt bin.
19 diesen Vorwurf.
20 vielleicht.

kundtschafft habend unnd gar nüt von im wüssend etc., so bitt ich üch abermals umb gottes unnd der warheit willen, ir wellend mich oder in 21 üwers gmüts berichten oder rathen, was ir meyntend das best zuo sin. Dann Erasmus sich embüt 22 , hinuß zuo üch zeriten unnd zestellen für ein eersammen rath zuo Memmingen oder sich üch anzuzeigen 23 , solte jemans unnderstan, kundtschafft c von üch oder jemans inzuonemmen. Begert ouch, im fryen platz by üch zuo geben, das er sich redlich versprechen 24 möge, ob ützid sinthalben anzogen 25 etc. Unnd hab ich im zuolieb unnd zuo dienst der waarheit, ouch gottliebender lüten zuo Bern, disen botten, nit one kosten, allein der sachen halb, 26 zuo üch hinuß geschickt. Darumb min trungenliche pit ist, ir wellend mir unverzogenlich 27 (wo es jenen 28 in üwerem vermögen were) by disem botten widerumb ein antwurt zuoschriben unnd mir also, ouch minem lieben bruder, in so schweren antigen beholffen unnd beradten sin. Kan ich üch dann ouch ymmermee 29 gedienen, wil ich gantz willig sin. Hiemit sind gott in sin schirm unnd gnad trüwlich empfolhen mit allen den üweren.

Datum Zürich, des 29. tags septembris anno domini 1542.

Uwer all zyt

gutwilliger

Heinrich Bullinger,

diener der kylchen

Zürich.

[Ohne Adresse. d ]

c In der Vorlage kundtschaff.
d Die Adresse auf f 221a v. Suo Ambrosio Blaurero gehört zum Brief dem diese Abschrift beigelegt wurde; vgl. oben Nr. 1667, 34 mit Anm. c.
21 ihn.
22 erbietet sich.
23 Auskunft zu geben.
24 verantworten.
25 falls etwas gegen ihn vorliegt.
26 nur in dieser Sache.
27 unverzüglich.
28 irgend.
29 je einmal.