Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[1372]

Bullinger an
Johannes Stumpf
[Zürich],
13. März 1540

Abschrift von Johannes Stumpf: Zürich ZB, Ms S 313, 1Or. Ungedruckt

Was bezüglich des Amtmanns [des Klosters Rüti, Hans Habersaat]geschah, beruhte kaum auf Arglist; auch Georg Müller hat sich für ein entsprechendes Vorgehen ausgesprochen, und Bullinger billigt es ebenfalls; rechnet nicht damit, daß es Martin [Manhart] zum Nachteil

1 Gut eineinhalb Jahre nach Calvins Ankunft in Straßburg (vgl. den Briefanfang).

gereichen wird, und will gemäß Stumpfs Bitte vertrauenswürdige [Ratsherren] ins Bild setzen. Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.

Heinrichus Bullingerus Ioanni Stumphio suo.

Gratia et pax a domino.

Ego vero, charissime frater, non arbitror dolo malo factum esse, quod a de oeconomo 1 hisce diebus factum 2 . Nam priusquam certum esset, ubi negotium iure b esset decidendum, et mox post ipsum factum, cum primo huc veniret oeconomus, narrabat mihi, quod Georgio Müllero 3 , viro, ut nosti, optimo, bonum videretur, si id fieret protinus, quod tu nunc factum scribis, idque propter ominosarum avium illarum 4 ferotiam et importunitatem. Neque mihi tantum displicuit neque displicet modo. Non erit fraudi Martino c5 , arbitror, apud clarissimum senatum, quod post illud factum, de quo iurae concertabitur, admissum est. Ceterum pro virili (quod petis) vigilabo et optimos quosque istarum rerum faciam participes. Quodsi caro pro ingenio suo mentita fuerit, non tamen de divina constantia, veritate protectioneque desperandum est.

Vale in domino cum omnibus tuis. Memineris illius: Cadit in foveam, quam fecit 6 etc.

13. martii 1540.

a Johann Jakob Simler ergänzt in seiner Abschrift (Zürich ZB, Ms S 47, 165): scribis.
b in der Vorlage iurae.
C Am Rande Martinus Mannhart, Waldensis pastor.
1 Hans Habersaat, 1538-1544 Amtmann des Klosters Rüti; vgl. LL IX 382 und XV 544.
2 Die besprochene Angelegenheit gehört offenbar zum Streit Martin Manharts, des Pfarrers in Wald (Kt. Zürich), mit dem Kloster Rüti, der wohl durch Probleme bei der Ausrichtung des Pfrundgutes ausgelöst worden war. Manhart wurde in der Synode vom 2. Mai 1540 der Streitsucht bezichtigt, im Gegenzug aber mit dem Hinweis auf die Provokationen und Angriffe durch die Konventherren verteidigt. Dieser Fall führte unter den Synodalen schließlich zu einer Debatte über das ehemalige Kloster Rüti und zum Antrag an den Rat, die drei verbliebenen Mönche (Wolfgang Huber, Sebastian Hegner und Rudolf Sjauli von Rüti abzuziehen; s. Zürich StA, E II1, 244-246,
vgl. auch HBBW IV, S. 160-168.
3 Georg (Jörg) Müller, von Zürich, 1504-1567, war Goldschmied und Angehöriger der Zunft zur Meisen. 1527 wurde er Mitglied des Großen, 1532 des Kleinen Rates. 1533 übernahm er das neugeschaffene, wichtige Amt des Klosterobmanns, das er neben mehreren anderen Ämtern bis 1557 versah. In diesem Jahr ließ er sich, widerwillig zwar, doch u. a. von Bullinger ermuntert, zum Bürgermeister wählen. Müller gilt als gewissenhafter, skrupulöser Verwalter und Politiker; 1566 gründete er eine Stiftung für die Armen, in die er sein angespartes Bürgermeistergehalt einbrachte, weil es ohnehin den Armen gehöre. — Lit.: Conrad Escher, Bürgermeister Georg Müller (1504-1567), in: ZTB 1904, NF 27, S. 77-120; A. Corrodi-Sulzer, Neues aus dem Leben des Bürgermeisters Jörg Müller, in: Festgabe Hermann Escher, Zürich 1927, S. 212-238; Bächtold, Bullinger vor dem Rat, Reg.
4 Gemeint sind die Mönche.
5 Martin Manhart.
6 Ps7,16.