Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[1354]

Bullinger an
Johannes Stumpf
[Zürich,
Februar 1540]1

Autograph: Zürich ZB, Ms A 70, 639r. -v. (Siegelspur) Ungedruckt

Hat das Buch erhalten und bittet um Rückgabe des Büchleins über den Konkordienhandel. Hat die 4 Schilling und 15 Batzen bekommen; wird die Restschuld von 10 Schilling notfalls aus der eigenen Tasche begleichen. Wird sobald wie möglich Neuigkeiten aus England mitteilen. Bezüglich Reichenau ist noch nichts entschieden, obschon die [Konstanzer]Domherren drängen; Zürich und andere wehren sich. Der Kaiser [Karl V.] war in Paris und weilt jetzt in Flandern; die Protestanten werden wohl eher durch List als durch Gewalt gefügig gemacht. Wenn Bullinger [nach Bubikon] zu Besuch kommt, will er nicht, daß Stumpf die Pfarrer zusammenruft; möchte einfach der Hektik [der Stadt] entfliehen. Stumpf kann die Liedstücke für die Laute abholen lassen. Hat seit Monaten nicht mehr in solcher Zeitnot schreiben müssen.

Gnad und frid von gott etc.

Das buch 2 hab ich wider empfangen von bruder Wolffen 3 ; begärte, wo es üch nitt ungelägen were, ir wöltind mir ouch das büchlin bald zuschicken, das ich üch von der handlung concordie gelyhen hab 4 etc.

3 Adagia, 1, 4, 26 (LB II 160f).
1 Der Hinweis auf die Reichenauer Angelegenheit und die Mitteilung über den Aufenthalt des Kaisers in Flandern (s. unten Z. 10f mit Anm. 8 und Z. 12 mit Anm. 9) weisen den Brief in die erste Hälfte des Monats Februar 1540.
2 Um welches Buch es sich handelt, ist nicht bekannt.
3 Gemeint ist wahrscheinlich Wolfgang
Meyer; über diesen vgl. HBBW IX, S. 198, Anm. 4, und unten Nr. 1422.
4 Gemeint ist zweifellos Bullingers Aktensammlung zu den Konkordienverhandlungen, die Stumpf für seine Darstellung der Geschichte des Abendmahlsstreits verwendete; vgl. Rainer Henrich, Zu den Anfängen der Geschichtsschreibung über den Abendmahlsstreit bei Heinrich Bullinger und Johann Stumpf, in: Zwa XX, 1993, S. 11-51.

Die 4 ß sind mir ouch worden 5 , deßglych die 15 batz. Der überigen schuld ist noch 10 ß; der dörffend ir ghein acht haben 6 . Wirt mir hie neißwas a7, so gib ichs, wo nitt, so gib ichs uß dem minen. Und söllend niemandts wyter ansträngen.

So bald ich ettwas gwisses uß Engelland hätte, wölt ich üch mitteylen. Mitt der 0w ist noch nOt uußgemacht; die dommpfaffen hättends gern, min herren und ander werrend 8 .

Der keyser ist zu Parys gewäsen und ist jetzt in Flandern 9 . Vil prachts wirt geprucht. Ich besorg, man werde die unsern mee mitt listen zu hindergon dann mitt dem schwärt zu nöten underston'°. Damitt wirt man inen ouch mee angewünnen" dann mitt gewallt. Die unsern vermeinend redlich und dappffer zu sin. Gott gäb gnad.

Wenn ich schon zu üch hinuff 12 kumb, wil ich gheiner versammlung und unruw oder kostens, den die bruder mitt mir habind; ich wurde ee daheim blyben. Wenn ich zü üch käm, so käm ich mee, daß ich ein wenig uß der unruw entflüch und mich mitt üch, einen oder 2 uffs höchst, erfrowte etc.

Der stucken uff 639v. die luten 13 söllend ir gewüß sin. Empfellend ettwan einen met 8 tagen har zum huß 14 ze vragen etc.

Ich halb] in so grosser unmüß 15 geschriben, alls ich nitt ett manot gehept. Vale.

Tuus ex animo H. B.

[Adresse darunter:]Stumpfio suo.

a neißwas aus nicht mehr lesbarem Wort korrigiert.
bC Randtext im engen Einband nicht zugänglich.
5 habe ich auch erhalten.
6 darüber macht euch keine Sorgen.
' etwas.
8 Um die Jahreswende 1539/40 waren die Verhandlungen von Bischof Johann von Weeze mit den Eidgenossen in bezug auf die Inkorporation der Abtei Reichenau ins Konstanzer Hochstift in die entscheidende Phase getreten. Zürich und weitere Orte widersetzten sich dem Vorhaben; vgl. vor allem EA N/ic 1144 d, 1165 k und 1177 il (Tagsatzungen vom 10. November, 8. Dezember 1539 und 3. Februar 1540). Die zerstrittenen Orte einigten sich auch nicht, nachdem die Inkor
poration nach der Abdankung von Abt Markus von Knöringen am 9. Februar 1540 vollzogen wurde. Vgl. Hermann Baier, Zur Einführung in die Geschichte des Klosters. Von der Reform des Abtes Friedrich von Wartenberg bis zur Säkularisation, in: Die Kultur der Abtei Reichenau, hg. y. Konrad Beyerle, München 1925, S. 213-262, hier: 238-241.
~ Kaiser Karl V. weilte vom 1. bis 7. Januar 1540 in Paris, zog weiter durch Frankreich und traf am 29. Januar in Brüssel ein; s. Stälin 574.
10 versuchen.
11 beikommen.
12 nach Bubikon.
13 Lied-, Gesangsstücke für die Laute.
14 zu mir nach Hause.
15 mit so vielen Geschäften überhäuft.