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Kapitel 

[1317]

Kaspar Franz an
die Zürcher Synode
Hettingen,
18. Oktober 1539

Autograph: Zürich StA, A 195. 1, Nr. 235 (Siegelspur) Gedruckt: Gustav Bossert, Die Reformation im Dekanat Böblingen, in: BWKG 40, 1936, S. 221

Da er wegen seiner Absetzung und der Verweisung aus Zürich [1534] in Verruf gebracht worden ist und anderswo als Pfarrer wirken möchte, bittet er um die Rehabilitierung durch die Synode und um deren Fürsprache beim Rat, damit auch die Landesverweisung aufgehoben wird.

Erwirdig, wirdig, hoch und wolgelerten, eerenhaffte, fromm, gunstig, insonders lieb herren, min underthänig, arm 1 , willig dienst sy euch alzit bereyt.

Erwirdig, wirdig, gnedig herren, ir tragen on zwyfel gut wissen, wie ich armer diener göttlichs worts von minen gnedigen herren burgermeister und rhat einer loblichen und evangelischen statt Zurich uß gnaden, mines ungeschickten lebens und handels a , der statt und lands verwisen und mich jetz in das fünfft jar in evangelischer leer und leben im furstenthum Wirtenperg enthaltenn 2 , und von etlichen brulderen gantz fur untuchtig geschmecht, veracht,

7 Zwick drängte Vadian in mehreren Briefen zur Veröffentlichung seiner Stellungnahme (s. Vadian BW V 573. 575f. 577f. 579. 591f. 628); schließlich wurde sie in überarbeiteter Form unter dem Datum 1. August 1540 bei Froschauer gedruckt (BZD C 292; vgl. Moeller, Zwick 2140.
a in der Vorlage ungeschicktens leben und handel.
1 bescheidener.
2 Kaspar Franz war seit seiner Absetzung durch die Zürcher Synode und seiner Landesverweisung im Dezember 1534 zunächst in Schönaich bei Böblingen, danach wahrscheinlich in Feidhausen bei Hettingen tätig. Vgl. HBBW V, S. 88, Anm. 67; zu seinen Vergehen und zu seiner Absetzung und Ausweisung vgl. bes. auch Gottfried Kuhn, Caspar Frantz als Pfarrhelfer in Maur, in: Zwa VI 458f.

verschetzt 3 worden, ouch mich miner diensten und stand zum theyl unwirdig geacht, dardurch ich zum offternmal verhindert 4 , diewyl 5 ich von einer statt und gantzem synodo entsetzt 6 und verwysen sy. Damit ich aber desto fryer göttlichs worts verkünder und sicher miner leer und heiligen evangelio min leben füren und mich anderschwa under den evangelischen tüchtig erhalten und sömlicher schmaach und nachred on und ab werden mög 7 , ist min hertzlich, trungenlich 8 bitt an gemeinen, christenlich versamleten synodum 9 und an yeden besonders, wöllend mich armen diener in gnaden und brüderlicher b lieb widerum erkennen 10 , verzychen, begnaden und uffnemen umm gotzwillen, ouch ein gemein fürbitt an burgermeister und rhat thun, uff das mir statt und land uß gnaden uffthon werde wie einem frömbden und wandlenden 11 gast. Dann ich gantz und gar keiner pfarr, dienst oder underschlouff, mich zu enthalten 12 , beger, alein eines fryen ztugangs, als 13 einem frömbden zimpt und geburt. Wa ich das umm euch sampt und sonders verdienen, wil ich alzit korsamm inn eweren diensten mich finden lassen 14 . Der almechtig, gütig, barmhertzig got wölle euch mit sinem geist by sinem wort krefftenklich erhalten alzit.

Geben uß der statt Hettingen uff der Alb 15 , sambstag nach Sant Gallen tag, anno etc. 39.

E[wer] w[isheit]willig, gehorsam diener

Gaspar Frantz.

[Adresse auf der Rückseite des folgenden Blattes c : ] Den erwirdigen, hoch und wolgelerten, erenhafften herren d , gemeinem synodo der loblichen statt Zurich, minen gnedigen herren.

b vom Schreiber korrigiert aus brüderlichen.
c Darüber und darunter Datums- und Re- gest-Notizen von Kanzleihand. Der Ver- merk Schuff nüdt (d. h.: Er hatte keinen Erfolg) ist von späterer Hand gestrichen.
d herren fehlt in der Vorlage.
3 geringgeschätzt.
4 zurückgesetzt.
5 weil.
6 abgesetzt.
7 enthoben sein könnte.
8 eindringliche.
9 Die Zürcher Herbstsynode 1539 tagte am 21. Oktober. Die Angelegenheit erscheint im Protokoll jedoch nicht; vgl. Zürich StA, E II 1, 238.
10 aufnehmen.
11 reisenden.
12 aufzuhalten.
13 wie.
14 Wo ich's euch entgelten kann, will ich euch immer gehorsam zu Diensten sein.
15 Hettingen (Baden-Württemberg).