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Kapitel 

[1248]

Rudolf Gwalther an
Bullinger
Basel,
4. April 1539

Autograph: Zürich StA, E II 359, 2780 (Siegelspur) Ungedruckt

Möchte mehr schreiben, doch der Bote ist in Eile. Schickt einen von Bedrot in den Druck gegebenen Bericht über das Ende eines Mainzer Kanonikers [Wilhelm von Bicken]; nach dem Tod dieses Gegners lebt [Landgraf Philipp] von Hessen nun in Sicherheit. Der englische [König Heinrich VIII.] sucht Anschluß an den [Schmalkaldischen]Bund, während der Kaiser [Karl V.] gegen ihn agiert; Gwalther erwartet Briefe aus England und wird bald mehr von dort berichten können. Gruß.

Gratiam et pacem a domino.

De improviso, pater humanissime, in hunc incidi tabellarium 1 , per quem multa quidem scribere cuperem, nisi ipse abitum acceleraret. Mitto hic tibi historiam canonici Moguntinensis 2 , quae verissima est; Argentinam enim a

10 Zorn hatte zu dieser Zeit sechs Kinder; vgl. Zürich StA, A 268 (8. Februar 1539).
11 Gemeint ist das Steckborner Kapitel.
1 Laut Gwalthers Brief vom 13. April handelte
es sich um einen Zürcher Buchhändler, s. unten Nr. 1254, 2f.
2 Am 1. Dezember 1538 war der Mainzer Domkapitular Wilhelm von Bicken unter nicht ganz geklärten, aber offenbar schimpflichen Umständen zu Tode gekommen;

Franckfordia missa Bedroti consilio typis excusa est 3 , quam deinde Bedrotus ad me misit. Hi sunt nimirum sacrifecum conatus, his etiam divina providentia sortiuntur exitus. Hessus 4 nunc securus vivet tali et tam truculento, si dus placet, persecutore liberatus 5 .

Scripsit praeterea Bedrotus 6 Anglum 7 principum ambire foedus 8 , caesaris contra legatos 9 hoc unum agere, ut foedere christianorum principum eum exciudant. Bellum interim Anglo inferre parat caesar 10 . Sollicitatur ad auxilium Scotus 11 . Deus optimus maximus et regem et universam Angliam suo tueatur patrocinio. Plura nunc scribere non possum, copiosius per Froschouerum scribam et nimirum certiora; is enim (ut spero) Anglorum literas ad me perferet 12 .

Vale bene, patrone charissime, meque, ut facis, ama. Saluta[bis]a nomine meo uxorem 13 et matrem 14 cum univ[ersa]b familia.

Basileae, ex aedibus d. Miconii, pridie nonas apriles 1539.

Tui observantissimus Rodolphus

Gvaltherus.

[Adresse auf der Rückseite:] Clarissimo viro M. Heinrycho Bullingero, patrono suo imprimis colendo.

a-b Text durch Abreißen des Siegels beschädigt.
die Nachricht verbreitete sich durch die 1539 erschienene "Warhafftige Newe zeytung / von einem Thumpfaffen zu Mentz ..." (VD 16, W 416). Zu den teilweise widersprüchlichen Berichten über den Vorfall vgl. Fritz Herrmann, Die evangelische Bewegung zu Mainz im Reformationszeitalter, Mainz 1907, S. 12f, Anm. 21; Die Protokolle des Mainzer Domkapitels, Dritter Bd., 2. Teil, hg. v. Fritz Herrmann, Darmstadt 1932 (Nachdruck: Darmstadt 1974), S. 775, Anm. 2.
3 Ein entsprechender Straßburger Druck ließ sich bisher nicht nachweisen.
4 Landgraf Philipp von Hessen.
5 Der betrunkene Geistliche soll wilde Drohungen gegen den Landgrafen ausgestoßen haben, bevor er in sein Unglück rannte (vgl. MO III 648). Gwalther stilisiert
ihn ironisch zu einem gefährlichen Gegner.
6 Bedrots Brief ist nicht erhalten.
7 König Heinrich VIII.
8 Die englischen Gesandten Christopher Mont und Thomas Paynell versuchten am Bundestag in Frankfurt, die Beziehungen zum Schmalkaldischen Bund neu anzuknüpfen; s. Prüser, England 154-168.
9 Als einziger Gesandter Kaiser Karis V. war Johann von Weeze nach Frankfurt gekommen; vgl. Fuchtel, bes. S. 165— 167.
10 Vgl. oben Nr. 1232, 38-40 mit Anm. 17.
11 Zum Versuch, den schottischen König Jakob V. in eine Allianz gegen England einzubeziehen, vgl. Prüser, England 150.
12 Froschauer wurde offenbar von der Frankfurter Frühjahrsmesse zurückerwartet. Ob Gwalther die erhofften Briefe erhielt, ist nicht bekannt.
13 Anna, geb. Adlischwyler.
14 Anna, geb. Wiederkehr.