Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[1190]

Bullinger an
Oswald Myconius
Zürich,
30. Oktober 1538

Autograph a : Zürich SIA. E II 342, 88 (Siegelspur) Teildruck: Bächtold, Bullinger vor dem Rat 204f, Anm. 47

Wünscht ihm Bewahrung vor der Pest, die in seinem Haus wütet. Dankt für das, was er für Gwalther tat, und schickt ihm das Geld, das ihm dieser bei der Abreise schuldig blieb; bittet, ihm einen Brief und eine Mütze nach Straßburg nachzusenden und zu berichten, was er von ihm weiß. Der Rat hat für die Stipendiaten das Haus der Äbtissin zur Verfügung gestellt; Rhellikan ist ihr Lehrer und wohnt im gleichen Haus wie einst [Wolfgang]Mangolt, während sich Ammann [Bartholomäus] Köchli als Verwalter um ihre Versorgung kümmert. Grüße.

Gratiam et pacem a domino.

Audio, Myconi doctissime, quod vehementer dolet, pestem aedes tuas ingressam grassari crudelius 1 . Dominus, qui Danielem e lacu leonum eruit 2 et populum suum inter Aegyptios agentem a plagis exortem servavit 3 , liberet te quoque, servum suum, et ad ecclesiae suae utilitatem diu servet incolumem.

Pro benefitiis illis tuis propter me in Gvalterum collatis 4 maximas tibi ago gratias. Dominus Iesus sit merces tua. Scripsit mihi nuper 5 , cum a te discederet, et significavit aureum se tibi debere, quem tibi numerarem oravit. Habes ergo bazones Constantienses 15. Si vitam homini concesserit dominus, haud ingratum tibi fore arbitror. Addidi litteras 6 et tiaram papyro involutam; obsecro, quam primum licuerit illi Argentoratum mittas, et si quid de illo habes, quid agat, apud quem hospitetur et ut valeat, mihi b communices.

der Zürcher (HBBibl I 161) erwarb, ließ es ihm der Kurfürst abfordern (s. WA LIV 125). Ab 1546 lebte er als stiller Gelehrter in Stolberg; nur vorübergehend scheint er in fürstlichen Diensten gestanden zu haben. 1551 heiratete er Margarete Meysenbug (s. PA I 73, S. 59). Er war befreundet mit Konrad Geßner, dem er deutsche Sprachaltertümer zusandte (s. Richard J. Durling, Konrad Gesner's Liber amicorum 1555-1565, in: Gesnerus 22, 1965, S. 134-159, bes. S. 145 und 155, Nr. 122b). 1562 besuchte er nochmals Zürich und Basel (s. ebd. sowie Amerbach, Korr. 1X12 458). Mit Bullinger scheint er nie korrespondiert zu haben. - Lit.: Eduard Jacobs, Luthers Tischgenosse Joh. Wilhelm Reiffenstein, in: Zeitschrift des Vereins für Kirchengeschichte in der Provinz Sachsen III, 1906, S. 48-67; Johannes Ficker, Neue alte Bilder Luthers, in: Luther 6, 1924, S. 54-76 (bes. S. 65-73); Eduard Jacobs, in: ADB XXVII 692f.
a Mit Anstreichung von späterer Hand.
b mihi über der Zeile nachgetragen.
1 Vgl. oben Nr. 1189, 11f.
2 Dan 6.
3 Ex 7,14-12,42.
4 Myconius hatte Rudolf Gwalther auf Bitte Bullingers als Kostgänger bei sich aufgenommen; vgl. oben Nr. 1150, 16-23.
5 am 22. Oktober (oben Nr. 1189).
6 Nicht erhalten.

Novarum rerum, quas tibi scribam, nunc nihil habeo, nisi quod senatus noster aedes illas amplissimas et pulcherrimas abbatissae studiosis suis stipendiariis inhabitandas concredidit 7 . Adhibitus est illis paedagogus Rhellicanus 8 , homo doctus et diligens. Habitat is [p]one templum c in ista domo, quam felicis memoriae scriba Mangoldus 9 inhabitabat 10 . Amanus Köchli 11 istis omnibus victum suppeditat et oeconomum agit. Studiosi nihil negotii nisi cum litteris habent. Et ita sane videtur pulchre consultum studiis ac studiosis.

Vale.

Tiguri, 30. octobris 1538.

Salutabis fratres omnes, inprimis Gastium, Wissenburgium, Berschium 12 , Carolstadium, Battum 13 et reliquos. Mater mea 14 et uxor 15 salvam cupiunt uxorem tuam 16 .

H. Bullingerus tuus.

[Adresse auf der Rückseite:] Domino Osvaldo Myconio, vigilantissimo Basileiensis ecclesiae antistiti, fratri charissimo.

c [p]one templum am Rande nachgetragen; Wortanfang im engen Einband verdeckt.
7 Am 12. Oktober hatte der Rat beschlossen, das neugeschaffene Alumnat in das Haus der Fraumünsteräbtissin zu verlegen; s. Bächtold, Bullinger vor dem Rat 203; Vögelin, Das alte Zürich I 542.
8 Vgl. oben Nr. 1123, bes. Anm. 2.
9 Wolfgang Mangolt, 1478-1529, von Konstanz, geboren wohl auf Schloß Blatten bei Krießern (Kt. St. Gallen), studierte ab 1492 in Tübingen und ab 1494 Basel. Hier soll er 1500 zum Doktor beider Rechte promoviert worden sein. Anschließend diente er in St. Gallen dem Fürstabt und der Stadt. 1510 zog er nach Konstanz; ab 1513 ist er im bischöflichen Dienst nachweisbar, u. a. 1522/23 als Kanzler. Von 1526 bis zu seinem Tod war er Stadtschreiber in Zürich, wo er wegen seiner Bildung sehr geschätzt wurde. Als erfahrener Diplomat begleitete er Zwingli zur Berner Disputation. - Lit.: Z VII 522; Paul Staerkle, Beiträge
zur spätmittelalterlichen Bildungsgeschichte St. Gallens, St. Gallen 1939. - Mitteilungen zur vaterländischen Geschichte XL, S. 227f, Nr. 378; Vögeli, Schriften II/II 870f; Helvetia Sacra 1/2 743f.
10 Gemeint ist das eigentliche Klostergebäude; vgl. Vögelin, Das alte Zürich I 541.
11 Bartholomäus Köchli, gest. 1555, nach Bullingers Worten "ein gottsförchtiger trüwer redlicher man", war ab 1534 Fraumünsterammann. Von 1541 an saß er als Zunftmeister zum Katuhel im Kleinen Rat. 1553 ist er als Inhaber des Baumeisteramtes nachweisbar (s. Heinzpeter Stucki, Bürgermeister Hans Rudolf Lavater, 1492-1557. Ein Politiker der Reformationszeit, Zürich 1973. -ZBRG III, S. 175, Anm. 4). - Lit.: HBRG I 126. 162; III 119; Fabian, Geheime Räte 520f.
12 Markus Bertschi.
13 Beat Gering.
14 Anna, geb. Wiederkehr.
15 Anna, geb. Adlischwyler.
16 Margret.