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[1187]

Bullinger an
Johannes Haab
Zürich,
15. Oktober 1538

Abschrift von Johann Jakob Simler a : Zürich ZB, Ms S 45, 103 Ungedruckt

Will Haab mit seinem Schreiben nicht zur Last fallen. Schickt einen [Straßburger] Bericht über die Aufnahme des Schreibens der eidgenössischen Reformierten an Luther und die Fürsten [Johann Friedrich von Sachsen und Philipp von Hessen] auf dem Schmalkaldischen Bundestag in Eisenach. Die Engländer, die in Zürich waren, schreiben Erfreuliches über die Maßnahmen von König [Heinrich VIII.]für die evangelische Predigt und gegen Wallfahrten, Bilder, Mönchtum, Fegfeuer und Privatmessen. John Butler, der Haab in Rheineck besuchte und nun nach England zurückgekehrt ist, zeigte Bullinger ins Englische übersetzte und gedruckte Zürcher Schriften; er läßt danken und grüßt. Bullinger empfiehlt Haab das Werbeschreiben von Stadtschreiber [Werner Beyel]; Hans Jakob [Beyel], der kaum nennenswertes Vermögen hat, wird - trotz seiner früheren leichtsinnigen Lebensweise - ein guter und liebevoller Ehemann werden, wenn er eine ehrbare Frau bekommt, denn er hat viele vorzügliche Eigenschaften. Grüße.

wurde, flüchtete Anton mit Beweismaterial, das vermutlich auch ihn belastete, nach Wittenberg und nahm mit Unterstützung Luthers den Kampf gegen den Kardinal auf. Erst nach Albrechts Tod 1545 erreichte er die Rückerstattung seiner eingezogenen Güter. - Lit.: WA L 387-393; Mundt, Lemnius und Luther, 12-16; Fr. Hülße, Kardinal Albrecht, Kurfürst u. Erzbischof von Mainz und Magdeburg, und Hans Schenitz, in: Geschichts-Blätter für Stadt und Land Magdeburg 24, 1889, S. 1-82, bes. 55-82.
34 Leo Jud.
35 Vgl. HBBW VI, S. 44f, Anm. 10, und Adagia, 1, 5, 57 (LB II 204f).
a Nach dem heute nicht mehr erhaltenen Original in der Schneeberger-Sammlung (vgl. dazu HBBW II, S. 42, Anm. a).

Dem frommen, ersammen, fürsichtigen und wysen Johansen Haben, landtvogte imm Rhyntal 1 , sinem günstigen, lieben herren.

Gnad und frid von got durch unsern herren Iesum Christum.

Frommer, ersammer, fürsichtiger und wyser, besonders geliepter herr und bruder, wiewol ich üch bißhar nitt geschriben hab, ist doch sömlichs nitt uß vergäßligheyt üwer und üwer früntschafft, so ir mir ye und ye erzeigt, beschähen, sunder das ich wol gewüst, das ir sust 2 mitt vilen geschefften beladen sind. Gott verlyche üch, das ir die nach sinem willen und gefallen allwäg 3 vollendint zu eer sinem namen. Amen.

Es hat mich aber dennocht zum zeychen unvergäßner üwer früntligheyt und üch zuzesenden, was uff dem tag zu Isenach 4 von fürsten unnd stenden christlicher vereinigung unser antwurt von Zürych ab letst gehaltnem tag an Luthern und an die fürsten 5 halben geredt und gehandlet ist 6 , diewyl ir uß der vorigen geschrifft der fürsten wol verstanden habend, das sy unser schriben den vereinigsverwanten 7 fürzehaben 8 willens gewäsen sind 9 . Ich bit aber, ir wölt mir die copy widerumb, wenn es üch fügen wölt, zusenden, dann ich ghein exemplar darvon behept 10 hab.

Wyter schrybend mir die engellendischen herren, so ein zyt, alls ir wüßend, by mir imm tisch gewäsen 11 und ze ostern 12 widerumb in Engelland zogen sind, heruß, das der künig 13 in all sin künigrych prediger uusgeschikt hab, das evangelium zu predigen. Das beschach ouch mitt trüwen 14 , also das schon jetzund alle wallfarten abgestellt und die fürnemmen 15 götzen, die man vereeret hat, abgethon und verbrent syend. Deßglychen stellt man hefftig das münchenthumb ab, das der münichen wenig mee in den kutten syend, doch versieht sy der künig mitt lybdingen 16 . Das fägfhüwr (schrybend sy) wirt jetzund gelöst 17 und handlet man häfftig, wie man || den kouff

1 Johannes Haab war seit der Jahrrechnung vom 1. Juli 1538 eidgenössischer Landvogt der Herrschaft Rheintal; vgl. EA IV/1c 1316f.
2 ohnehin.
3 jeweils.
4 Der Schmalkaldische Bundestag hatte vom 24. Juli bis 11. August 1538 in Eisenach stattgefunden; vgl. PC II 510-515.
5 Die reformierten Städte der Eidgenossenschaft hatten nach dem Abschluß der Zürcher Tagung vom 28. April bis 3. Mai 1538 (vgl. dazu oben Nr. 1128, Anm. 1) an Luther sowie an Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen geschrieben (s. Stumpf, Abendmahlsstreit 132-134).
6 Es handelt sich um einen Brief der Dreizehner
von Straßburg an Basel vom 26. August 1538; s. dazu oben Nr. 1176, Anm. 4 und 21.
7 Bundesgenossen.
8 vorzutragen.
9 Vgl. die Antwort der beiden Fürsten an die reformierten Eidgenossen, 3. Juli 1538, in: Stumpf, Abendmahlsstreit 135f.
10 behalten.
11 Bartholomew Traheron, Nicholas Partridge und Nicholas Eliott; s. HBD 26, 4f. 23f.
12 21. April 1538.
13 Heinrich VIII., König von England.
14 ernsthaft.
15 wichtigsten.
16 Leibrenten.
17 wohl: gelöscht.

und merkt der mäß abstellen möge. Das ernstlich predgen der fürpitt Christi macht, das die fürpitt der heyligen wenig mee gilt etc. 18 Sömlichs hab ich üch dorumb wöllen zuschriben, das ich wol weiß, das es üch ein besondere froüd ist, wenn das rych Christi zunimpt und des antichristen rych abnimpt.

Ettliche bücher, so zu Zürych latin geschriben sind, vertollmetschen da in engellendisch, dero ich schon ettliche gesähen hab trukt 19 ; dann ettliche Johansen Schencken 20 dem , edelman, der by üch gewäsen zu Rynegg, zugeschikt sind. Der hat mir ouch ernstlich befolhen, üch umb alle früntschafft, so ir imm vilfaltig bewysen habend, zu danken und üch trüwlich zu gnaden 21 . Dann er jetzund ouch brieff empfangen hat, das er durch Frankrych heimm in Engelland zogen ist.

Demnach ist min ernstlich, trungenlich pitt an üch, ir wöllend üch das früntlich schriben 22 und werben unsers stattschrybers 23 trüwlich befolhen haben und in diser sach üwern müglichen flys anwenden, dann ich wol bericht 24 bin und weiß, das wo ir üch in disem handel schikend 25 und üwer bewilligung 26 , gunst und hilff zu imm stellend, das die sach ein fürgang gehaben mag 27 . Nun ist nitt minder 28 , des guts 29 ist vilicht ghein huffen, das üch möchte vor benampset werden. Ir sähend aber wol, wie es meerteyls gadt und wie sich ettwan 30 die jüngling ires guts vertröstend 31 und den töchtern, iro wybern, vast wenig guts und früntschafft bewysend 32 . Johans Jacob 33 , ob er schon ein zytli har 34 , wie ir wol wüßend, ettwas frölicher 35 , wie

18 Zu den Reformmaßnahmen in England vgl. insbesondere Nicholas Partridges Brief vom 17. September 1538 (oben Nr. 1178), aber auch das kurz zurückliegende Schreiben Gwalthers vom 3. Oktober (Nr. 1183).
19 Von Bullinger selbst war in diesem Jahr der Kommentar zum 2. Thessalonicherbrief in englischer Übersetzung erschienen; s. HBBibl I 82.
20 John Butler.
21 Segen zu wünschen.
22 Nicht erhalten.
23 Werner Beyel.
24 unterrichtet.
25 wenn ihr dazu bereit seid.
26 Einverständnis.
27 gelingen kann.
28 trifft es zu.
29 Besitzes.
30 zuweilen.
31 sich darauf verlassen.
32 sehr wenig Gutes und Freundliches bekunden.
33 Hans Jakob Beyel, 1512-1551, von Zürich, Sohn des Stadtschreibers Werner Beyel, wurde 1540 Rechenschreiber und 1545 Unterschreiber. Der als Mann von stattlichem Äußeren beschriebene Beyel stand 1538 und 1539 wegen seines leichtfertigen Lebenswandels vor dem Ehegericht. Er heiratete - wohl noch zu Ende der dreißiger Jahre - Anna Meyer. Am 23. Juli 1551 nahm er sich während eines Badeurlaubs in Urdorf (Kt. Zürich) das Leben. - Lit.: Carl Keller-Escher, Promptuarium genealogicum, Bd. I, S. 205 (Zürich ZB, Ms Z II 1); Erhard Dürsteler, Auszüge aus den Ehegerichtsprotokollen (Zürich ZB, Ms E 160, S. 24 und 28); ders., Auszüge aus den Ratsund Richtbüchern (Zürich ZB, Ms E 163, S. 322f); Das Tagebuch des Johannes Gast, bearb. v. Paul Burckhardt, Basel 1945, S. 397.
34 obgleich er vor einiger Zeit noch.
35 leichtsinniger.

jung lüt pflägend, gewäsen ist, begipt er sich 36 doch so früntlich, das, wo imm gott in den heyligen stand der ee hälffen wurde und inn mitt einem eeren wyb beradten 37 , wölt er sich gepürlich und wol halten und iro alles guts, alle eer und früntschafft, liebe und trüw bewysen. So ist er vast geschikt in der prattik 38 , || er hat vil guter und fürnemmer 39 gaaben, die ein yeder verständiger höher rächnet und schetzt dann rychtag 40 . So hat er ein eeren und geschikten vatter, gunst und willen guter eerenlüten, dorumb ich hoffte, die dochter 41 wurde gantz wol versähen. Und ist min früntlich bitt, ir wöllind zur sach verhälffen und mich üwers willens ein früntliche antwurt wüßen lassen. Wo ich üch dann alls minem besonders lieben herren und bruder dienen könte, wölt ich nitt spaaren. Und bitten üch, kan ich üch ettwarinn 42 gedienen, ir wöllind mich nitt spaaren 43 .

Hiemitt befelch ich üch b ; ewer eeren hußfrowen 44 üwere kind 45 und gesind dem herren.

Datum Zürych, 15. octobris 1538.

Heinrych Bullinger, der üwer.