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[957]

Benedikt Schütz an
Bullinger
[Baden],
28. Februar 1537

Autograph: Zürich StA, E II 360, 321 (Siegelspur) Ungedruckt

Bittet Bullinger, bei den Verantwortlichen in Zürich eine finanzielle Zuwendung für Pfarrer Johannes Cervinus zu erwirken, der von Zürich aus die Reformierten in Lengnau [Kt. Aargau] betreut; denn die kleine Kirchgemeinde ist nicht in der Lage, einen Pfarrer zu besolden.

Min früntlich, willig diennst und was ich eeren unnd guts vermag zuvor, ersamer, wolgelerter, innsunders günstiger, lieber herr.

Alls dann der erber herr Johanns Cervin 1 uß dem Bergel etlich unnderthanen zu Lengnow 2 mit dem götlichen wort versicht unnd allwegen 3 inn

9 Vgl. oben Nr. 947, 2-18 mit Anm. 3.
10 Adagia, 1, 1, 49 (LB II 48).
1 Johannes Cervinus (Hirz), gest. 1565, stammte aus dem Bergell (vgl. Z. 3). Ab 1532 versah er von Zürich aus die Reformierten der aargauischen Gemeinden Lengnau und Tegerfelden; von 1536 bis 1541 wurde er mit Beiträgen aus dem Zürcher Studentenamt unterstützt (vgl. Zürich StA, G II 39. 1). Diese Tätigkeit endete mit einem von den Tegerfeldern gegen ihn geführten Verfahren wegen übler Schimpfreden im März 1541 (vgl. Zürich
StA, A 27. 14). Anschließend amtete er vorerst klaglos als Pfarrer in Weiningen (Kt. Zürich); in den Synoden des Jahres 1546 wurde jedoch sein ständiges Ausbleiben angemerkt und sein Eheleben als anstoßerregend, sein Predigen als lächerlich und töricht bemängelt (vgl. Zürich StA, E II 1, 328. 331); als er im Sommer 1547 gegen einen Dorfbewohner einen blutigen Friedbruch beging, wurde er des Landes verwiesen (vgl. Zürich StA, B III 28, 67). Er wurde im selben Jahr Pfarrer in Lauperswil, dann Helfer in Büren an der Aare, und von 1549

vierzechen tagen einmal von Zürich zu inen gat, diewyl dann der unnderthanen eben wenig unnd si inn in irem eygnen costen enthallten 4 müssen, das aber inen zu schwär und nit vermogenlich ist, deßhalb sy mich umb fürdrung an min gnedig herren von Zürich gepettenn, das sy im etwas stürr 5 unnd handtreichunng thun wellen, damit er by inen allso verharren unnd das götlich wort verkünden moge 6 . Unnd diewyl nun mich nit von nöten bedunckt, das ich mine herren darumb bekümbern sölle, sunder zwifflet mir nit, so ir des bericht habenn, ir werdent inn zu söllichem fürdren, diewyl nun, alls obstatt, der unnderthanen wenig und inn irem vermogen nit ist, inn allso inn irem costen zu enthallten, unnd mir aber nit zwifflet, wo er by inen bliben möchte, das er got zu lob vil nutz und cristanliche zucht by inen schaffen und der gloub sich by inen treffenlich meren wurde, deßhalb ist an üch min geflissen, früntlich pit, ir wellent minen gnedigen herren von Zürich oder die, so über der closter güter gsetzt 7 , anhalten 8 unnd sy von minetwegen ouch pitenn, das sy dem guten armen herren ir handtreichung thüyend, damit und er by inen bliben unnd sy des gotlichen worts nit allso gar entroupt werdent. Das begeer ich umb üch allezit willigklichen zu verdiennen 9 .

Hiemit sygent dem allmechtigen got inn langwirriger gsundtheit trüwlichen bevolchen.

Datum den letsten tag februari anno etc. 37.

Üwer williger

Benedict Schütz vonn Bernn,

lanndtvogt zu Badenn.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem ersamen, wolgelerten Meister Heinrichen Bullinger, predicanten der statt Zürich, minem sundren, günstigenn herrenn.

an bis zu seinem Tod an der Pest wirkte er als Pfarrer in Bargen (alle drei Kt. Bern). - Lit.: Zürich StA, G I 72, 29r. 31v. 33r. 36r. 40r.; ebd. E II 90, 57a; Pfarrerbuch 338; Lohner 422. 466. 554.
2 Lengnau (Kt. Aargau).
3 jeweilen.
4 besolden.
5 finanzielle Zuwendung, Kostenbeitrag.
6 könne.
7 Klosterobmann war von 1533 bis 1554 Georg Müller (vgl. HBLS V 190). -Dem Gesuch wurde offensichtlich entsprochen; dies geht aus dem Schreiben Zürichs an Bern vom 3. April 1537 (Zürich StA, B IV 8, 56) hervor.
8 bei ... nachsuchen.
9 euch ... zu vergelten.