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[71]

Hans Mutschli
an Bullinger
[Bremgarten] ,
4. März 1532

Autograph: Zürich StA, E II 355,42. Siegelspur. —Ungedruckt

Teilt Bullinger das Schreiben der V Orte an Bremgarten mit, in welchem diese unter Strafandrohung auf die Rekatholisierung der Stadt, die Wiedereinführung der Messe und eine strengere Einhaltung der kirchlichen Vorschriften drängen; der Rat erließ daraufhin die entsprechenden Verordnungen.

Gnad und frid von got mere sich zu allen ziten, gunstig her.

Uff daß hin als 2 ich mit üch gerett hab, ist uff den jetzigen suntag begegnett 3 ein geschrifft; hatt man unß nach alltem bruch vorgelessen, lut allso:

«Wir von den 5 orten sint bericht worden, daß ir zu Bremgarten fleisch und eiger 4 essen in verbottnen zitten nach ordnung und uffsatz 5 der hellgen cristenlichen kilchen, ouch darby nit bichten, ouch die hellgen wirdigen sackrement und andere cristeliche ordnungen nit thun wellen. Darum ermanen wir üch, ir wellent a von üwerem fürnemen 6 stan 7 und thun nach ordnung deß allten gotlichen waren bruch; daran thun ir unß groß gefallen. Wo daß nit, sond ir unser straff erwartten sin 8 , dan üch woll ze wüssen ist, daß wir unsere hand gegen üch offen hand gehallten 9 . Darnach ir üch schickten 10 , darnach 11 werden ir gnedig heren haben». 12

Uff daß habend min heren gebotten, solches ze b hallten, und wer daß ubersech 13 , ir straff ze erwarten sin, und welcher vermeinti, solches nit ze thun, dem stande [das] thor offen; moge allso hinweg züchen. Daß thun ich üch in guter meinig ze verstan 14 , darmit und ir [üch] in der sach wissen ze hallten 15 . Darmit sind got dem heren befolchen.

Datum uff den vierten tag mertzen im 32. jar.

Ü[wer]williger diner

Hanß Mutschli.

a in der Vorlage vellent.
b ze irrtümlich doppelt.
1 Mutschli war nach der Rekatholisierung Bremgartens (Kt. Aargau) dort geblieben. Der Absendeort ergibt sich auch aus dem Inhalt des Briefes.
2 Nach dem, was ich
3 bekannt geworden, zu Ohren gekommen (SI II 146).
4 Eier (SI I 15).
5 Anordnung (SI VII 1529); Sinn: in Zeiten, da es nach der Anordnung verboten ist; also zur Fastenzeit.
6 Vorhaben, Vorsatz, Absicht (SI IV 746).
7 abstehen, ablassen (SI XI 517-519).
8 Wenn das nicht (geschieht), sollt ihr unserer Strafe gewärtig sein.
9 daß wir uns euch gegenüber freie Hand, bzw. Handlungsfreiheit zur Bestrafung vorbehalten haben (s. SI I 113); vgl. HBRG III 313. —Bremgarten hatte bereits Mitte Januar 1532 schriftlich versprechen müssen, sich in
allem dem Willen der V Orte zu fügen und zum katholischen Glauben zurückzukehren (EA IV/1b 1265; HBRG III 308f; Bucher 175).
10 so wie ihr euch fügen werdet (SI VIII 506f).
11 dem entsprechend, so (SI IV 639).
12 Das Original des Schreibens ist nicht erhalten; es ist erwähnt: HBRG III 309; vgl. auch ASchweizerRef IV 1496.
13 übertrete (SI VII 546).
14 Das gebe ich dir... zu verstehen.
15 zu verhalten. — Das Ergebnis dieses Schreibens und auch anderer Briefe aus Bremgarten war, daß sich Bullinger schriftlich an die Räte von Zürich und Bern wandte (s. HBRG III 309f bzw. unten Nr. 77). Zürich und Bern brachten die Angelegenheit vor mehrere Tagsatzungen im Frühling 1532, konnten jedoch die Sieger an der Ausführung ihres Vorhabens nicht hindern (s. EA IV/1b 1306f.1321 c.1342 hh. 1354 b.; ASchweizerRef IV passim; HBRG III 311-314; Blanke 130-132).

[Adresse auf der Rückseite:] Dem ersamen wolgelertten Meister Herichen [!] Bulliger, predicant Zürich, minem gunstigen heren c .