Name: Hensel: Vorname: Konrad H.,
Doktorgrad erworben — und wurde nach einer längeren akademischen Wirksamkeit als Professor in Erfurt und Greifswalde, 1474 Stadtpfarrer und Canonikus am Bartholomäusstifte zu Frankfurt a. M. Volksmann im vollen Sinne des Worts reiht er sich würdig an Männer wie Sebastian Brant und Geiler von Kaisersberg, sowie als Gelehrter an den befreundeten Trithemius, als deren Geistesverwandten ihn sein Wirken erkennen läßt. Ohne Ansehen der Person strafte er die im Schwange gehenden Laster bei Hohen und Niedrigen; seine Kanzel war stets von Tausenden umlagen; je beliebter bei den Bürgern, desto gefürchteter und verhaßter war er der Rathsaristokratie, insbesondere gab er 1498 der Antipathie der Bürgerschaft und der Zünfte scharfen Ausdruck, als der Rath die von Nürnberg ausgetriebenen Juden — wenigstens die Reichen — aufnahm. Wie sein Lehrer Johannes de Vesalia und Trithemius, wie überhaupt die liberalen Theologen des Jahrhunderts (Gerson, d'Ailly) trat auch er für das Franziskanerdogma der unbefleckten Empfängniß
der Mana ein und wurde dadurch 1500 in einen Kanzelstreit mit dem Lektor
des Frankfurter Dominikanerklosters Wigand Wirt verwickelt. Die plumpe Art,
mit welcher dieser ihn bekämpfte und die frivole Anklage, womit der Orden
ihn wegen einiger Aeußerungen in seinen Predigten bei dem Conservator seiner
Privilegien, dem Bischof von Straßburg, verfolgte, erregte den Unwillen der
Bürgerschaft, welche die Mönche allenthalben verhöhnte, beleidigte, ihnen die
Almosen entzug und die Zinsen vorenthielt; ihre Niederlage wurde völlig, als
in Folge der glänzenden Vertheidigung Sebastian Brants das geistliche Gericht
zu Straßburg H. freisprach und die Anklage der Dominikaner zurückwies. Da
entwarfen Einige von ihnen in ihrer Erbitterung auf dem Ordensconvente in
Wimpfen den Plan, durch Marienerscheinungen dem gesunkenen Ansehen des
Ordens auszuhelfen; Bern wurde zum Orte der Ausführung ersehen, der Prior, Subprior
, Lektor und Oekonom des dortigen Klosters erschienen einem einfältigen
Laienbruder in der Rolle der Maria und anderer Heiligen, erklärten die Dominikanermeinung
von der Empfängniß der Jungfrau für correct , die der Franziskaner
für irrig und brannten zum Zeugniße dem Laienbruder die Stigmata ein.
Allein der Betrug Wurde entdeckt und nach dem Spruch einer geistlichen Commission
unter dem Vorsitze eines päpstlichen Commissars wurden die vier geistlichen
Rädelsführer am 31. Mai 1509 dem Feuertode überantwortet. (Man
vgl. Murner, de quatuor haeresiarchis bei Hottinger list. eccles. N. T. V, 334
fIg.) H. erlebte dieses blutige Nachspiel seiner Controverse nicht mehr; am Mittwoch
vor Palmsonntag 1505 den 12. März war er nach einunddreißigjähriger
Wirksamkeit im 70. Jahre seines Alters in Frankfurt verschieden: in der
Todesstunde ließ er mit allen Glocken läuten und unter den feierlichen Klängen
derselben verhauchte er seine Seele. Sämmtliche Zünfte begleiteten seine Leiche
zur Gruft. Sein Name wurde nicht vergessen. Die nächstfolgenden Geschlechter
legten ihm einen prophetischen Geist bei — aber während die Katholiken seine
mißverstandenen Worte als Warnung vor den bevorstehenden Stürmen der
Reformation auffaßten, sahen die Protestanten in ihm ebenso grundlos einen
Vorläufer der letzteren. H. hat übrigens neben seiner praktischen Wirksamkeit
eine ausgedehnte wissenschaftliche Thätigkeit entfaltet. Trithemius führt von ihm
im Catalogus illustrium virorum allein bis zum Jahre 1495 17 ihm bekannte
Schriften an: "Ueber die Sentenzen des Lombardus" ; "Ueber die vier Cardinaltugenden"
; Ueber die Sonntagsevangelien und Episteln" ; "Zum Hohenlied, den
Psalmen, der Apokalypse" ; "Ueber Glaube, Hoffnung und Liebe" ; "Ueber Buße,
Fasten und Gebet" ; "Ueber die Freiheit der Kirche" ; "Vom Interdict" ; "Quästionen
zu Aristoteles" . Ich kenne keine derselben.Vgl. übrigens meine Untersuchungen im Archiv für Frankfurter Geschichte
und Kunst, Neue Folge, B. 6. S . 1 flg.
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