Name: Heinrich,
| Graf von Nassau-Siegen, ältester Sohn des Grafen Otto
von Nassau , des bekannten Gründers des nach ihm benannten Ottonischen
Stammes des Hauses Nassau und der Agnes von Leiningen, |
geboren wahrscheinlich
im 6. Decennium des 13. Jahrhunderts, da er schon um 1281 als erwachsen
vorkommt. Nach des Vaters Tode (1290) führte er mit seiner Mutter und
seinen drei Brüdern Emich, Otto (geistlichen Standes, † 3. Septbr. 1302) und Johann
gemeinsam die Herrschaft über die väterlichen Lande, welche bald eine Vergrößerung
erfuhren. Die Zeit dieser gemeinschaftlichen Regierung fällt gerade in die Periode
des Kaiserthums des Adolf von Nassau aus dem Walramischen Stamme. Wir dürfen
uns deshalb nicht wundern, Heinrichs Geschichte mit derjenigen seines Stammes
vetters mehrfach verknüpft zu sehen. Adolf belehnte 1298 seine Ottonischen
Verwandten mit 1000 Mark unter Verpfändung reicher Bergwerksdistrikte, nachdem
speciell unser H. schon ein Jahr vorher von ihm, den er 1294 und 1295
nach Thüringen begleitet hatte , auf einem neuen Zuge dahin 1297 , als der
König nach dem Rhein eilen mußte, zum kaiserlichen Statthalter und Landrichter
in der Markgrafschaft Meißen und dem Pleißner Lande ernannt worden war.
H. war übrigens auch vor Adolfs Kaiserwahl dessen Kriegskamerad gewesen
und hatte mit diesem zugleich das Unglück gehabt, in der Schlacht bei Woringen
(1282) als Helfer des Grafen Rainald von Geldern in die Gefangenschaft des
Herzogs Johann von Brabant zu gerathen. Während der Regierungsperiode
Adolfs verlautet dann noch von der Theilnahme Heinrichs an dem Feldzuge
des Grafen Guido von Flandern gegen Philipp den Schönen von Frankreich.
Auch erscheint H. im Gefolge Adolfs bei den letzten unglücklichen Ereignissen,
welche mit dessen Ende ihren Abschluß fanden. Nach der Mutter Tode theilten
die drei Brüder Heinrich, Emich und Johann die bisher in Gemeinschaft besessenen
Lande (1303), wobei H. Ginsberg, die nassauische Hälfte von Siegen (die
andere Hälfte besaß das Erzbisthum Köln), Haiger, den Westerwald und mehrfache
Gerechtsame erhielt, während er zugleich mit den Brüdern Condominialherr
über Nassau, den Einrichgau etc. blieb. So treu auch H. zu seinem
Stammesvetter König Adolf gegen dessen Widersacher Albrecht von Oesterreich
gehalten — nach dessen Untergange finden wir ihn bald genug auf des Habsburgers
Seite. Schon 1801 nahm Albrecht ihn und seine Brüder zu seinen
und des Reiches Helfern gegen eine Belohnung von 1000 Mark auf, an
welcher Summe ein Theil den Grafen auf Craft von Greifenstein angewiesen
wurde , in welchem Act späterhin erhobene Ansprüche der Nassauer auf die
herrschaft Greifenstein wurzeln. H. blieb fort und fort dem Hause Habsburg
treu. Wir begegnen ihm später auf der Seite Friedrichs des Schönen wider
Ludwig von Baiern , stets im Einvernehmen mit seinen Brüdern , wofür
ihm und diesen mehrfache Zuwendungen erwuchsen, wobei es sich u. A.
wiederum um Greifenstein handelte, wohingegen König Ludwig den Grafen
Gottfried von Sayn — eine Gegenmine — mit dieser Herrschaft belehnte.
Erwähnt sei auch H.'s Verwickelung in die Fehde des Erzbischofs Wigbold von
Köln gegen die Grafen von der Mark. Unterdeß aber hat H. niemals vergessen,
seiner engeren Heimath, seinem Territorium die nöthige Sorgfalt zu
widmen und namentlich für Befestigung und Vergrößerung seiner Herrschaft
thätig zu sein. Er gerieth dabei in mancherlei Verwickelungen, z. B. mit den
Ganerben von Dernbach und durch diese mit Hessen. Als hessischer Lehensmann
erscheint H. wegen Herborn und der sog. Herber Mark, wie er auch Lehen von
Köln, Worms und der Pfalz trug. Diese Besitzungen vergrößerte H. auch durch
Kauf. Stattlich sind besonders seine Erwerbungen von der Familie von Molsberg,
welche in den Gerichten Haiger und Ebersbach und der Landesherrlichkeit
über den Grund Sel- und Burbach bestanden. Gewann H. auf diese Weise
durch eigene Tüchtigkeit und Umsicht zu seinem Ererbten noch großen Besitz, so
begünstigte ihn auf der anderen Seite auch darin das Geschick, welches den jüngsten
Bruder Johann noch lange vor dessen Tode bestimmte (1806), H. die Nachfolge
in seinen Landen derart zu sichern, daß er diesem die ihm in der Brudertheilung
zugefallenen Besitzungen, Dillenburg, Herborn und den Calenberger Cent,
zu Lehen austrug. Als dann (1828) Johann bei seinem Tode diese Landestheile
hinterließ, zeigte sich der zweite Bruder Emich nicht weniger großmüthig, da auch
er auf seine Ansprüche Verzicht leistete. Am Ende seiner Laufbahn, hochbetagt,
gerieth H. noch in einen unangenehmen Zwist mit Reinhard von Westerburg
über die Gerechtsame auf dem Westerwalde, aus welchem er siegreich hervorging.
Dann überließ er die Herrschaft theilweise seinem älteren Sohne Otto.
Zuletzt erscheint er im Sommer 1343 thätig bei einem Vergleiche mit Erzbischof
Walram von Köln über die Gemeinschaft an Siegen. Bald darauf verliert
sich seine Spur und er muß um jene Zeit aus dem Leben geschieden sein. Er
hinterließ eine ansehnliche Herrschaft, welche dann an seine beiden Söhne Otto
und Heinrich, die ihm seine Gemahlin Adelheid von Heinsberg geboren, getheilt
wurde, wodurch die sog. ältere Dillenburger und die beilsteinsche Linie des ottonischen
Stammes des Hauses Nassau entstanden.C. H. v. Rauschard, Nassauische Geschlechtstafel des Otton. Stammes,
1789 , Manusc. J. Arnoldi, Gesch. der Oran. Nass. Länder, Hadamar
1799 ff. Schliephake, Gesch. von Nassau.
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