Name: Uchatius: Vorname: Franz Freiherr v. U.,
Als Sohn eines k. k. Straßenbaucommissärs trat U. im J. 1829 aus dem Gymnasium zu Wiener-Neustadt als Cadetunterkanonier in das 2. Artillerieregiment und erhielt seine mathematisch technische Ausbildung in der Schule des Bombardiercorps; nach Beendigung dieses Curses versah er in der chemisch physikalischen Lehranstalt durch zwei Jahre behufs praktischer Ausbildung die Stelle als Laborant und fungirte hierauf noch durch 4 Jahre als Adlatus des Professors. Seit dem Jahre 1837 Feuerwerker, wurde U. 1841 in die k. k. Geschützgießerei übersetzt und beschäftigte sich vornehmlich mit Lösung von Problemen, die sich auf Erzeugung und Prüfung von Geschützmetallen und Schießmitteln bezogen; so legte er hier den ersten Grund zu seiner später so bedeutenden Ersindung.Am 11. Juli 1843 zum Lieutenant in der Stuckgießerei in Wien, 1848 zum Oberlieutenant im 3. Feldartillerieregiment befördert, machte er den Feldzug 1848 —1849 in Italien mit. Im Jahre 1851 ward er zur Zeugsartillerie übersetzt und blieb fortan in der Geschützgießerei in Verwendung, wo er am 1. Mai 1851 zum Hauptmann, am 11. December 1860 zum Major, am 13. August 1863 zum Oberstlieutenant, und am 8. Februar 1867 zum Obersten befördert und am 1. Juli 1871 zum Commandanten der Artilleriezeugsfabrik ernannt wurde, welche Stellung er bis zu seinem Tode inne hatte, und in derselben am 1. November 1874 zum Generalmajor, am 1. Mai 1879 zum Feldmarschalllieutenant vorrückte. Die rastlosen Studien, welche U. auf dem Gebiete der Chemie betrieb, führten ihn zu vielen Erfindungen und Verbesserungen im Artilleriematerial. Schon als Feuerwerker war er im J. 1838 einer der Ersten, welcher Daguerreotypien und Papierlichtbilder erzeugte. Im J. 1844 projectirte er die ersten Frictionszünder und richtete eine neue Methode der quantitativen Bestimmung des Kohlenstoffes im Roheisen ein, was eine bedeutende Verbesserung in der Erzeugung eiserner Kanonen zur Folge hatte. Bei der Belagerung Venedigs 1849 construirte U. zum Bombenwerfen auf große Distanzen papierene Ballons, welche sich außerordentlich bewährten. Nach dem Feldzuge bereiste U. in den Jahren 1850 und 1851 zur Vervollständigung seiner technischen Kenntnisse das Ausland und verwerthete die gesammelten Erfahrungen beim Entwurf und der Einrichtung der Geschützgießerei sowie der übrigen Werkstätten im k. k. Arsenal. In diese Zeit fällt auch die Construction mehrerer Apparate zur Prüfung der Geschützmetalle. Im Jahre 1856 trat U. mit einer neuen Methode der Stahlerzeugung durch directe Bereitung des Gußstahls aus dem Roheisen auf, 1864 erzeugte er eine Puwerprobe und construirte einen ballistischen Apparat. Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien ernannte ihn in dieser Zeit zu ihrem correspondirenden Mitgliede. Die bedeutendste seiner Erfindungen jedoch , welche seinem Namen einen Weltruf verschaffte, ist die Verwendung der Stahlbronce als Geschützmaterial. Bei der geringen Stahlindustrie in Oesterreich war man bisher bei Erzeugung des schweren Artilleriematerials größtentheils an das Ausland gewiesen. Die Verwerthung der von U. im Beginne der 70er Jahre erfundenen Stahlbronce machte jedoch Oesterreich in dieser Beziehung
vom Auslande unabhängig. Das erste Geschütz aus Stahlbronce wurde im J.
1874 gegossen und schon zwei Jahre später war die Herstellung der neuen Geschütze
vollendet; gleichzeitig wurden auch die Ringhohlgeschoße eingeführt. Die
treffliche Eignung der Stahlbronce zum Guß der Feldgeschützrohre veranlaßte
U., sein Material auch bei Erzeugung der 12 am, 15 cm und 18 am Belagerungskanonen
zu verwerthen und wurde die Einführung derselben auch am
8. Mai 1881 sanctionirt; bei den Küstenkanonen hatten jedoch die angestellten
Versuche nicht den von U. gehofften Erfolg und der kurz darauf erfolgte Tod
des greisen Generals machte weiteren Versuchen ein Ende.Uchatius ' für die Artilleriewaffe so hervorragendes Wirken wurde von Kaiser
Franz Josef wiederholt anerkannt; so erhielt U. im J. 1856 gelegentlich des
Artilleriearsenalbaues den Orden der eisernen Krone 3. Classe, infolgedessen er
in den Ritterstand erhoben wurde, im J. 1864 wurde ihm " in Anerkennung
des sehr verdienstvollen Wirkens und der besonderen Thätigkeit auf dem Gebiete
der Artilleriewaffe überhaupt, dann insbesondere bei Zustandebringung des neuen
Geschützsystems und Beschaffung des hiezu erforderlichen Materials" der Ausdruck
der Allerh. Zufriedenheit bekannt gegeben, 1875 " in huldvollster Anerkennung
der bei Beschaffung des neuen Feldartilleriematerials erworbenen
großen Verdienste um Staat und Heer" das Commandeurkreuz des Se. Stefanordens
und kurz darauf die geheime Rathswürde verliehen; auch wurde ihm eine
lebenslängliche jährliche Personalzulage von 2000 fl. angewiesen und als Commandeur
des St. Stefanordens ihm der Freiherrenstand zuerkannt. Im Jahre
1877 erhielt er gelegentlich seines 50jährigen Dienstjubiläums den Orden der
eisernen Krone 2. Classe.U., der hervorragende Artilleriegeneral, endigte sein thaten und erfolgreiches
Leben vorzeitig, indem er am 4. Juni 1881 selbst Hand an sich legte.
An diese so unerwartet eingetretene Katastrophe knüpften sich eine ganze Menge
von Gerüchten und Vermuthungen über die Gründe, welche den verdienten
General zum Selbstmord getrieben haben sollten; über die Motive seiner That
hinterließ U. keinerlei Andeutungen oder Aufzeichnungen. Die Obduction der
Leiche ergab vernarbte akute Magengeschwüre, die sich zu einem Magenkrebs auszubilden
drohten. Die Kenntniß dieses unheilbaren Leidens mag wohl dem
greisen Mann die Todeswaffe in die Hand gedrückt haben; sicherlich aber hat
Entmuthigung darüber, daß die unternommene Aufgabe aus Stahlbronce auch
die schweren Küstengeschütze zu erzeugen, da die wenige Tage vor seinem Tode
vorgenommenen Versuche geringe Aussicht auf Realisirung boten, zu dem unheilvollen
Entschlusse beigetragen. Die sterbliche Hülle wurde mit allen militärischen
Ehren vom Arsenale, der Stätte seines erfolgreichen Wirkens, am 7. Juni 1881
auf den Centralfriedhof gebracht, und dort zur ewigen Ruhe gebettet. FML.
U. war seit dem Jahre 1842 mit der Hauptmannstochter Anna Brandl vermählt
und hinterließ einen Sohn und zwei Töchter. Von der Armee und seiner
Waffe aufrichtig betrauert, hat deren Pietät ihm ein schönes Denkmal gesetzt.
In der ungeheuern Nekropole der Residenz erhebt sich unter den Ehrengräbern
ein schlank aufsteigender Obelisk mit dem wohlgetroffenen Reliefbilde des Verstorbenen.Acten des k. u. k. Kriegsarchivs. -Wurzbach, Biogr. Lexikon 48. Bd. —
Wiener Zeitung und Abendpost 1881. — Militär Zeitung 1881. — Wehr-Zeitung
1881.
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