Name: Sechter: Vorname: Simon S.,
Jahrhunderts. Er entst mmte einer zahlreichen Faßbinderfamilie, in welcher die Musik so gut wie unbekannt war. Lesen und Schreiben lernte er von seinem älteren Bruder Bartholomäus, und besuchte später die damals einclassige Pfarrschule seiner Vaterstadt, in welcher er der Schüler J. N. Maxandt's war. Dieser Mann genoß in der Umgebung einen ausgedehnten Ruf als Musiklehrer, und zahlreiche Zöglinge, die sich später selbst dem Lehrfache widmeten, waren in der Musik seine Schüler. Bei ihm lernte S. die Anfangsgründe der musikalischen Theorie kennen, und erwarb sich einige Kenntnisse in der Behandlung der Stimme, der Geige, der Flöte und des Claviers. Da Maxandt sehr viele Schüler hatte, gab es keinen sehr ordentlichen Unterricht, und jeder der Lernenden war mehr auf seinen eigenen Fleiß angewiesen. S. studirte anfangs mit Widerwillen, nach und nach aber wuchs seine Lust zur Musik mächtig an. Noch in Friedberg entstanden seine ersten Compositionen; sie waren für die dortige Kirche bestimmt, an welcher Maxandt Regenschori war. Kaum herangewachsen mußte S. bald an einen Erwerb denken. In seinem 14. Lebensjahre wurde er Schulgehilfe zu Pfarrkirchen in Oberösterreich, wo er hauptsächlich Organistendienste zu leisten hatte. Hier fand er bei dem Schulmeister Stegmann einen ziemlich großen Vorrath an Musikalien, deren Studium er sich ergab. Nach einem abermaligen Aufenthalte im Elternhause, wo er sich ohne jede Anleitung auf dem Contrabaß einübte, kam er 1803 nach Linz, um sich durch den Besuch der Normalschule zur Präparandenprüfung, und dadurch zum Lehrstande vorzubereiten. In diesen trat er aber nicht mehr ein. 1804 machte er die Bekanntschaft des fürstl. Starhemberg'schen Güterdirectors Hofrath Kowarz, der ihn als Correpetitor für seine Kinder nach Wien nahm. Einige Ausflüge nach Linz und seiner Heimath abgerechnet, hat S. von dieser Zeit an beständig in Wien gelebt. In dem regen Musikleben dieser Stadt vervollständigte er seine litterarischen und theoretischen Kenntnisse meist durch eigenes Studium und erhielt durch Kozeluch die höhere Ausbildung im Clavierspiel. Um 1809 lernte er den berühmten Contrabassisten Dragonetti kennen, zu dessen Concerten er die Clavierbegleitung setzte. 1810 wurde er Clavier- und Gesanglehrer im Blindeninstitut; sein Honorar war hier eine tägliche Einladung zum Mittagessen. Für die Zöglinge dieser Anstalt componirte er zahlreiche ein und zweistimmige Lieder und eine Messe. Nach drei Jahren hatte er seine Schüler so weit gebracht, daß er mit ihnen ein Concert geben konnte, in welchem er ein Septett und "Die Glocke" von Schiller, beides von eigener Composition, zur Aufführung bringen konnte.
Ein ähnliches Concert fand im November 1815 statt, und die adelige Damengesellschaft
übergab nun dem Lehrer ein Ehrengeschenk von 100 Gulden und
wies ihm einen monatlichen Gehalt an. In demselben Institute lernte S.
Katharina Heckmann kennen, die er 1816 heirathete. Mehrere seiner Messen
wurden damals in der kaiserlichen Hofcapelle, andere Compositionen, darunter
ein Requiem, in den Concerts spirituels zur Aufführung gebracht. Sein Ruf
als Lehrer der musikalischen Theorie wuchs von Jahr zu Jahr. Er erreichte
seinen Höhepunkt, als S. 1824 zum Hoforganisten ernannt wurde. In dieser
Stellung fand S. die Muße, seine theoretischen Anschauungen in ein System
zu bringen, welches in seinem Hauptwerke "Die Grundsätze der musikalischen
Composition" (Leipzig 1853 —54) niedergelegt ist. 1850 erhielt er die Stelle
eines Professors der Compositionslehre am Wiener Conservatorium , die er bis
zu seinem Tode inne hatte. S. war ein ungemein fleißiger und bescheidener
Mann. Eigentliches Compositionstalent hatte er nicht. Seine zahlreichen Werke
entspringen alle der musikalischen Reflexion, nicht der Empfindung. Daher sind
sie längst verschollen. Ihm war das Mechanische der Kunst die hauptsache. In
seinen letzten Jahren hatte er sich die Aufgabe gestellt, täglich eine Fuge zu
schreiben. Die Themen dazu erfand er meist auf eine wunderliche, fast kindische
Art, indem er irgend einen beliebigen Satz, einem Gespräche oder einer Lectüre
entnommen, nothdürftig in Musik setzte. Daß diese Fugen noch steifer wurden,
als ihre Themen, ist selbstverständlich. Unter Sechter's kleineren Werken nehmen
die Fugen und Präludien den größten Raum ein; sie zählen nach Tausenden.
An größeren Werken schrieb er u. a. 13 Messen, zahlreiche Psalmen, mehrere
Sonaten und Variationenwerke, 2 Oratorien. Sodoma's Untergang" und "Die
Offenbarung Johannis und die komische Oper "Ali Hitsch Hatsch ', welche 1844
im Josephstädter Theater aufgeführt wurde. 91 seiner Werke wurden durch den
Druck veröffentlicht; alle übrigen sind Manuscript geblieben und werden zum
Theil in der kaiserlichen Hofbibliothek, zum Theil im Archiv der Gesellschaft der
Musikfreunde in Wien aufbewahrt. Zu diesen zählen auch die theoretischen
Abhandlungen Ueber die musikalisch akustischen Tonverhältnisse" und Vom
Canon" . Eine große Anzahl von Aphorismen und allerhand Gedanken über
Kunst, Kunstlehre und Künstler erschienen zu Sechter's Lebzeiten in der "Allg.
Wiener Musikzeitung" . Einige Jahre vor seinem Tode ließ der schwache Greis
seine Gutmüthigkeit mißbrauchen und gerieth in drückende Verhältnisse, so daß
er in großer Armuth starb. Unter seinen Schülern werden genannt: Gottfried
Preyer, die Fürsten Georg und Constantin Czartoryski, Fedrigotti, Theodor
Döhler, Gustav Nottebohm, Anton Bruckner, C, F. Pohl, Otto Bach, Rufinatscha,
Derffl, Karl Filtsch, Hoven, Selmar Bagge, Leopold und Rudolf
Bibl, Julius Benoni, Eugenio Galli, Henri Vieuxtemps, Ernst Pauer,
Sigmund Thalberg, Franz Grillparzer.C. F. Pohl, Simon Sechter, im Jahresbericht des Wiener Conservatoriums
1868. — J. K. Markus, Simon Sechter, ein biographisches Denkmal.
Wien 1888.
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