Name: Schwarzschild: Vorname: Heinrich S.,
S., einer jüdischen Familie entstammend und selber in dem damals noch abgesonderten Judenviertel geboren, erhielt seinen Unterricht zuerst auf einer Privatschule, später auf dem Frankfurter Gymnasium, das damals sich besonderer Blüthe erfreute. Schon frühe zeigte S. eine außerordentliche Begier zu lesen; er las, wie er selbst zu
sagen Pflegte, alles, was nur lesbar war, und auch als beschäftigter Arzt
benutzte er die Nachtstunden, um seinen Schriftstellern nicht ganz entsagen zu
müssen. S. studirte nach absolvirtem Gymnasialcurs in Heidelberg und Würzburg
Medicin, promovirte 1825 an ersterem Ort und ließ sich darauf in seiner
Vaterstadt als praktischer Arzt nieder. Mit Ausnahme größerer Erholungsreisen
verließ er dieselbe nicht wieder. S. war von vielseitiger Thätigkeit: als ausübender
Arzt, als fachwissenschaftlicher Schriftsteller und als Dichter. Als Arzt
wandte sich S. vorzugsweise seinem Lieblingsfach, der Gynäkologie, zu; daneben
erwarb er sich als allgemeiner Praktiker wie als Consultarius einen bedeutenden
Ruf, so daß er eine lange Reihe von Jahren hindurch zu den gesuchtesten und
beschäftigtsten Aerzten Frankfurts zählte. Die seltene Beliebtheit, deren er sich
bei seinen Patienten, wie im Kreise seiner Collegen erfreute, war gleicherweise
bedingt durch seine fachmännische Tüchtigkeit, wie durch seine Menschenfreundlichkeit.
Aeußere Anerkennung fand sein Wirken in der Ernennung zum Geheimen
Sanitätsrath bei Gelegenheit seines 50 jährigen Doctorjubiläums, der Verehrung,
die er bei seiner Umgebung fand, nicht zu gedenken. Als Schriftsteller war S.
auf verschiedenen Gebieten thätig; der Titel seiner Dissertation lautete: "De fungis
capitis" Heidelberg 1825). 1834 erschien von ihm eine Abhandlung "Der
Zweck der Menstruation (in Siebold's Journal XIII) als Bruchstück einer größeren
gynäkologischen Arbeit, die er demnächst unter dem Titel: "Die Menstruation
historisch-physiologisch betrachtet" zu veröffentlichen gedachte. ES sollte
dazu nicht kommen: Das fast fertig gestellte Manuscript wurde durch ein Mißgeschick
ein Raub der Flammen. Die 1867 vollendete Schrift: "Zange oder
Wendung bei verengtem Becken" (Frankfurt a. M.) ist die weitere Ausführung
einer Preisarbeit, die 1863 von der französischen Akademie der Wissenschaften
mit der "mention honorable" bedacht worden War. Die gleiche Auszeichnung war
bereits 1863 einer Arbeit über Kehlkopfschwindsucht seitens der Académie Royale
de médecine in Paris zu Theil geworden. Weiter schrieb S. über "Magnetismus,
Somnambulismus, Clairvoyance. 12 Vorlesungen für Aerzte und gebildete
Nichtärzte (2 Bde. Cassel 1853-54), sowie über "Licht und Schatten der
heutigen Heilwissenschaft" (Frankfurt 1871).Schwarzschild's dichterische Befähigung fand zunächst ihren Ausdruck bei
Festlichkeiten im Kreise seiner Collegen. Die hierzu verfaßten Gelegenheitsgedichte
hat er gesammelt unter dem Titel: "Poetische Tischreden für Aerzte und deren
Freunde" (Frankfurt a. M. 1859). Sie "bergen in humoristischem Gewande
treffliche, ernste Ideen und geißeln mit feiner Ironie die Auswüchse und Schäden
der Wissenschaft und des Standes" . ES sind ferner erschienen ein Gedicht in 20
Gesängen: "König Rübezahl und seine Gnomen" (Frankfurt a. M. 1842);
"Frühlingslieder eines Aergerlichen" (Frankfurt 1851), sowie als sein letztes und
größtes Werk eine Uebersetzung der Odyssee in Form moderner Stanzen
(Frankfurt 1876), die von der Kritik in günstiger Weise beurtheilt worden ist.
S. hat diese Arbeit an seinem 70. Geburtstag begonnen und mit 74 Jahren
vollendet, ein Beweis der Jugendfrische, die er sich bis in sein Alter bewahrt hatte.Nekrolog von Dr. Hirsch in: Jahresbericht über die Verwaltung des
Medicinalwesens der Stadt Frankfurt a. M. XXII. Jahrg. 1878. S. 214 bis
229. — Biographie von Stricker in: Hirsch, Biographisches Lexikon der Aerzte
V — Stricker, Geschichte der Heilkunde in Frankfurt a. M. S. 328.
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