Name: Schutzhar: Vorname: Wolfgang S.,
S. scheint es anfangs gut verstanden zu haben, dem glaubenseifrigen und energischen Landgrafen Philipp gegenüber die Selbständigkeit der Ballei zu wahren. Er mußte es geschehen lassen, daß in den vom Orden abhängigen Pfarreien in der Stadt Marburg wie auf den Dörfern der Protestantische Gottesdienst eingeführt wurde; er leistete sogar die geforderte Hilfe bei dem Kriegszuge zur Wiedereinsetzung des vertriebenen Herzogs Ulrich v. Württemberg. Als aber Landgraf Philipp auch in der Ordenskirche zu Marburg den protestantischen Gottesdienst einführte und die Gebeine der heil. Elisabeth fortnehmen ließ, traf er in S. einen entschiedenen Gegner. Finanzielle Forderungen kamen hinzu. Obwohl S. bei diesen Verhandlungen als einen überzeugten Anhänger der alten Kirche sich zeigte, so trug er doch den Zeitumständen Rechnung und war bereit, dem protestantischen Landesherrn Opfer zu bringen. Seit er aber zur Ueberzeugung gekommen war, daß diese erst mit der Säcularisirung der Ballei aufhören würden, nahm er den Kampf auf. Während S. aus Hessen entwich, besetzte der Landgraf die Häuser der Ballei, um daraus Stiftungen für Kirchen und Schulen zu
begründen. Die Klugheit und Entschlossenheit, welche S. in diesen Streitigkeiten
gezeigt hatte, ließen ihn nach dem Tode des Deutschmeisters als den geeigneten
Nachfolger erscheinen. S. lehnte zwar anfangs die schwierige Stellung ab, mußte
sich aber der einmüthigen Wahl fügen (17. April 1543). Seit der Hochmeister
Markgraf Albrecht Preußen, das Hauptland des Ordens, zum weltlichen Herzogthum
gemacht hatte, fehlte dem Orden eigentlich die Berechtigung zur politischen
Existenz. Wie in Hessen, so sah er sich überall, von protestantischen wie von
katholischen Fürsten in seiner Selbständigkeit bedroht. Denn der sich damals
vollziehende Zusammenschluß der Landesfürstenthümer duldete keine Staatsgebilde
von der Art des Deutschen Ordens. S. stellte sich die doppelte Aufgabe, Preußen
zurückzugewinnen und die Unabhängigkeit der Balleien zu retten. Unbedingter
Anschluß an den Kaiser konnte allein zu diesem Ziele führen, aber er forderte
persönlichen Dienst und Geldopfer. Zu beiden war S. entschlossen, stieß aber
bei der hierfür nöthigen Gründung einer Generalordenskasse auf so entschiedenen
Widerstand, daß er diesen Plan aufgeben mußte. Infolge der Besiegung der
Protestantischen Fürsten im Schmalkaldischen Kriege gewann zwar der Orden die
verlorenen Kommenden zurück, aber auf die Dauer vermochte er doch die Eingriffe
der Landesfürsten, namentlich in Hessen und Sachsen nicht fernzuhalten.
Schwere Geldopfer legten die Kriegsjahre 1552 und 1553 auf. Hatte S. unermüdlich
Pläne geschmiedet, um Herzog Albrecht von Preußen mit Krieg zu
überziehen, so mußte er sich doch schließlich überzeugen , daß Karl V. so wenig
wie seine Nachfolger geneigt Waren, des Ordens Wegen einen Krieg gegen Polen
zu beginnen. Vollends seit 1561 auch Livland dem Orden verloren gegangen, war,
Herzog Albrecht im Schutze des mächtigen Polenkönigs gegen äußere Angriffe
gesichert. Die Hauptsache war, daß der Orden selbst nicht im Stande war, sich
zu großen Leistungen aufzuschwingen. S. fand bei den Balleien keine kräftige
Unterstützung in dieser Lebensfrage. Wenn er Jahrelang einen für sein Ansehen
nicht förderlichen, erfolglosen Kampf um die Propstei Elwangen mit dem dortigen
Capitel und dem Herzoge von Württemberg führte, so veranlaßte ihn dazu vermuthlich
der pecuniäre Vortheil, den die reichen Einkünfte der Propstei ihm und
damit der Sache des Ordens gebracht haben würden. Denn die Generalcapitel
waren knapp mit Bewilligung von Geldmitteln und die Landcomthure waren zum
Theil mehr darauf bedacht, ihre eigenen Interessen zu wahren. Auch die vielfach
gelockerte Disciplin erforderte energisches Eingreifen. S. hat unter besonders
schwierigen Verhältnissen den Orden wenigstens in seinen Balleien in Deutschland
vor der drohenden Auflösung bewahrt. Daß Preußen nicht wiedergewonnen
werden konnte, war nicht seine Schuld. Bis zum letzten Athemzuge hat er mit
bewundernswerther Ausdauer dafür zu wirken gesucht. Im J. 1565 verfiel er
in eine schwere Krankheit, aus der ihn am 11. Februar 1566 der Tod erlöste.(De Wal) Histoire de l'ordre Teutonique VIII. — Voigt, Geschichte
des Deutschen Ritterordens in seinen zwölf Balleien II. — Acten im Staatsarchive
zu Marburg.
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