Name: Rost: Vorname: Johann Leonhard R.,
| Astronom, geboren am 14. Februar
1688 zu Nürnberg, † ebenda am 22. März 1727. |
R. besuchte folgeweise die
Schule zu St. Sebald , das Aegidiengymnasium und die Universitäten Altdorf
(1705-8), Leipzig (1708-9) und Jena (1709-12). Immatriculirt war er
für Philosophie und Rechte, daneben aber betrieb er eifrigst die astronomischen
Studien, mit welchen er schon als Schüler unter der Leitung des wackern Eimmart
begonnen hatte. Später lebte er in Nürnberg, ohne sich als wohlhabender
Mann um ein Amt zu bewerben. Einen Theil seiner Zeit widmete er der
schönen Litteratur (s. u.), sein Hauptaugenmerk aber blieb nach wie vor auf die
Sternkunde gerichtet. In der bekannten Breslauer Sammlung veröffentlichte
er eine Anzahl meteorologischer Beobachtungen über Nebensonnen, Polarlichter,
Hagelfälle u. s. w.; auch über den Zeitunterschied zwischen gregorianischem und
julianischem Kalender verbreitete er sich in einem besondern Schriftchen. Weit
bedeutender sind dagegen Rost's Lehrbücher. Man darf behaupten, daß das
"Astronomische Handbuch" (Nürnberg 1718, mit einem Supplement 1726) das
erste streng wissenschaftliche Compendium der Astronomie in deutscher Sprache
ist! dies wurde auch anerkannt. die Berliner Akademie ernannte R. darauf hin
zu ihrem correspondirenden Mitgliede, und noch viel später konnte v. Kordenbusch
das Rost'sche Handbuch in verbesserter vierbändiger Auflage (Nürnberg
1771-77) herausgeben. Recht tüchtige Leistungen sind auch der "Atlas
coelestis portativus" (Nürnberg 1723) und "Der aufrichtige Astronomus" (ibid.
1727).Auch Rost's jüngerer Bruder Johann Karl (24. November 1690 bis
29. September 1731), der als praktischer Arzt in Nürnberg lebte, war ein
eifriger Meteorologe. Im Jahrgang 1728 der "Frank. Acta erudita veröffentlichte
er ganz interessante phaenologische Tabellen, sonst noch mehreres in dem
erwähnten Breslauer Sammelwerke.Doppelmayr, Historische Nachricht von den Nürnbergischen Mathematicis
und Künstlern, Nürnberg 1730, S. 151 ff. — Hellmann, Repertorium der
Deutschen Meteorologie, Berlin 1883, Sp. 416 ff.
Rost's schöngeistige Leistungen bewegen sich vorwiegend auf dem Gebiete
des am Beginne des 18. Jahrhunderts so beliebten Rococoromans. Seine
künstlerische Bedeutung steht im umgekehrten Verhältnisse zur Fülle seines
Schaffens. Im Vereine mit Bohse (Talander), Hunold (Menantes) u. a. versorgte
er das lesegierige Publicum mit galanten Heldenromanen, bei denen die
Entscheidung schwer fällt, ob die verworrene Composition, die langweilige Wiederholung
derselben Motive, oder die Unnatur der Sprache an ihnen das schlechteste
sei. Die einfachsten künstlerischen Grundsätze der Erzählung werden mißachtet,
und nur rohe Häufung der Effecte oder plumpe Frivolitäten, welche die
Althing'sche Richtung vorbereiten, sind die Mittel, um recht "curiose" Wirkungen
zu erzielen. Rost's Romane, die er hauptsächlich unter dem Pseudonym "Meletaon"
veröffentlichte, sind theils Uebersetzungen aus dem Französischen (z. B.
Benda, Königin in Sohlen" , Nürnberg 1715) oder Englischen (,Leben und
Thaten der englischen Coquetten und Maitressen" , London |Nürnberg, Raspeln
1721), theils Originalwerke ("Die getreue Bellandra" , Nürnberg 1707; "Liebenswürdige
und galante Novis in einem Heldengedichte" , Leipzig 1711 und zahlreiche
andere). Alle diese Romane stehen unter französischem Einfluß und
repräsentiren eine Fortsetzung und Weitere Entwicklung des dort gepflegten
heroisch galanten Romans, der in sich das "genre soutenu" und das "genre
galant" vereinigte. Wie dort werden auch hier die sogenannten "personnages
deguises" eingeführt. in idealer Ferne und entlegenen Zeiten mit überflüssigem
historisch ethnographischem Beiwerk nahe Geschehnisse und Personen geschildert,
die zu errathen das Hauptvergnügen der Leser bildete. Andere Heldengedichte"
(z. B. "Eines nordischen Hofes Liebes- und Heldengeschichte" , Cölln 1714 oder
"Die Helden und Liebesgeschichten dieser Zeit" , Nürnberg 1715) die "verdeckte
Lehren der Wahrheit" zu geben prätendiren, enthalten oft die fortgeerbten
abenteuerlichen Motive der griechischen sophistischen Liebesromane in die geschraubten
und verkünstelten Formen des damaligen Hoflebens gesteckt und mit
apokryphem, historischem und anderem Klatsch combinirt.Rost's Romane haben bei ihrem srscheinen großen Beifall gefunden und
manche wie "Der verliebte Eremit haben mehrere Auflagen erlebt. Bei seiner
großen Production mußte er es sich gefallen lassen, daß ihm oft Werke gleichen
Calibers zugeschrieben wurden. Gegen die Zumuthung, Sarcander's Scandalroman
"Amor auf Universitäten" verfaßt zu haben, wehrte er sich jedoch energisch
in der Abgenöthigten Entschuldigung wegen vermeynter Verfertigung des Tractätgens:
Amor auf Universitäten" , o. O. 1710. Er selbst hat aber ein Jahr
darauf im "Schau Platz Der Galanten und Gelahrten Welt, Welcher die
mancherley Begebenheiten auf Universitäten In einem Roman fürstellet" . . . .
den gleichen Stoff mit gleicher Tendenz bearbeitet. In heftige litterarische
Conflicte war er auch mit dem berüchtigten erotischen Schriftsteller Celander
(I. G. Gresset) gerathen. Beide fochten ihre Kämpfe in den geschwätzigen umfangreichen
Vorreden der einzelnen Romane aus. Wie die meisten Lohnschreiber
jener Zeit gab R. auch eine ganze Reihe von Briefstellern heraus, die neben der
belehrenden oft auch unterhaltende Tendenz haben. Man wird nicht fehlgehen,
wenn man in manchen dieser galanten Briefe Copien des eigenen Briefwechsels
vermuthet, die der gewinnsüchtige Besitzer — wie es auch Hunold gethan hat —
nutzbringend wieder verwendet. Als typischer Vertreter der Unterhaltungslitteratur
im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts und einer culturgeschichtlich
interessanten litterarischen Richtung verdient Meletaon immerhin historische Beachtung.
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