Name: Rahewin:
| Geschichtschreiber, Propst von St. Veit in Freising, starb gegen
das Jahr 1177. Der Name wird in Handschriften und Urkunden verschieden
geschrieben, Ragewin, Radewin u. |
s. w., aber die früher durch die erste Ausgabe
üblich gewordene Schreibart Radewicus scheint nur auf einem Lesefehler zu
beruhen. Er bezeichnet einmal Freising als seine Heimath, doch ist es nicht
ganz sicher, ob er auch von dort gebürtig war. Da er den Bischof Otto von
Freising seinen nutritor nennt, so muß er frühzeitig in Verbindung mit diesem
gekommen sein, vielleicht schon in Paris, denn die ausgezeichnete philosophische
Ausbildung Rahewin's läßt es als wahrscheinlich erscheinen, daß auch er, wie
das damals bei strebsamen Clerikern üblich war, in Paris seine Studien vollendet
habe. In künstlich gereimten Hexametern bearbeitete er die Sage von Theophilus;
ein anderes Werk über verschiedene Gegenstände aus der biblischen Geschichte ist
theils in demselben Maaße, theils rhythmisch verfaßt, und dem Propst Ha. gewidmet,
den wir nicht kennen. Am Schlusse klagt er bitterlich über die Bedrängnisse
und Belästigungen des Hofdienstes, und verspricht bessere Dichtungen,
wenn ihm Muße gewährt werde. Aber diese wurde ihm nicht zu Theil; wir
finden ihn 1144 als Archivar (cartularius) der Freisinger Kirche, und von 1147
an als Capellan und Notar des Bischofs Otto, welchen er fortwährend begleitete,
und dessen Geschichte Friedrichs I. er nach dessen Dictat aufschrieb, vielleicht auch
zu bearbeiten behülflich war. Er geleitete ihn auch 1158 nach Morimund,
wo er starb, und erhielt von ihm den Auftrag, sein Geschichtswerk fortzusetzen;
zunächst begab er sich darauf wieder an des Kaisers Hof und verweilte dort
längere Zeit. Der Kanzler Ulrich und der Protonotar Heinrich theilten ihm
Nachrichten und Actenstücke mit; andere erhielt er von befreundeten Bischöfen.
So war es ihm möglich, weitere zwei Bücher (1158-1160) hinzuzufügen, in
welchen neben den kriegerischen Ereignissen der immer heftiger ausbrechende
Kirchenstreit in den Vordergrund tritt. Vorsichtig vermeidet R. es, eine eigene
Meinung auszusprechen, er legt lieber die von beiden Seiten ausgegangenen
Actenstücke vor und überläßt dem Leser die Entscheidung. Seine Darstellung ist
klar und einfach, ohne die philosophischen Betrachtungen, welche Otto liebte, und
wir verdanken ihm einen sehr werthvollen Bericht über diese inhaltvollen Jahre;
nur durch ihn sind uns genaue Nachrichten über den Reichstag von Roncalia
1158 zugekommen. Es wird auch die Glaubwürdigkeit seiner Nachrichten nicht
dadurch beeinträchtigt, daß R. in merkwürdiger Weise die lateinische Bearbeitung
des Josephus und andere Autoren für seine Darstellung ausgebeutet, und umfangreiche
Stellen entlehnt hat, indem er doch die nöthigen Aenderungen nie
versäumte. Die Handschriften bieten an manchen Stellen erhebliche Verschiedenheiten;
er selbst scheint eine neue Bearbeitung unternommen, manche Actenstücke
erst nachträglich eingefügt zu haben, doch sind auch Aenderungen von fremder
Hand zu erkennen. Mit vier Büchern, nach der Vierzahl der Evangelien, sollte
das Werk abgeschlossen sein, doch findet sich eine ganz kurze Uebersicht der Jahre
1160 —1170, welche vielleicht noch von ihm herrührt, aber zur Ausarbeitung
ist er nicht mehr gekommen. In den Jahren 1168 und 1170 wird er als
Propst von St. Veit in Freising erwähnt, aber 1177 findet sich ein anderer Name.Wilh. Meyer, Radewins Gedicht über Theophilus, Sitz. Ber. d. Münch.
Akad. d. W. 1873. — Ottonis et Rahewini Gesta Frid. I. rec. G. Waitz.
1884. Uebers. v. Horst Kohl, Leipzig 1886. — Wattenbach, Geschichtsqu.
(5. Aufl.) IL 241 —254.
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