Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Johannes Stumpf im Namen der Pfarrer des Wetzikoner Kapitels an
Bullinger
Bubikon,
2. Dezember 1535

Autograph: Zürich StA, E II 340, 70 (Siegelspur) Ungedruckt

Sie haben für die Unterbringung der hinterlassenen Kinder des [hingerichteten] Hans Lux [Riem]gesorgt, brauchen aber noch die Hilfe der Obrigkeit; sie bitten Bullinger daher, zusammen mit Georg Syz beim Bürgermeister dafür einzutreten, daß das beiliegende Schreiben rasch behandelt und beantwortet wird. Die bis zum Jahr 1534 abgeschlossene [eidgenössische] Chronik wird er Bullinger bald zuschicken.

Gratiam et pacem a domino.

Lieber her und bruder, uwer schryben 1 , Hans Luxen selgen testament 2 betreffend, habend wir 3 alles inhalts mit grosßem kumber verlesen. Daruff dennocht 4 die brüeder der zugeordneten kindlin halb 5 und die anzenemmen gantz willig sind. Nun habend mittler zyt unser g[nedige] herren dem obervogt geschriben 6 , wie ir dan des ein copy hierin verschlossen findend. Daruff wir nun warlich ernstlich mit müey, arbeit und kosten die sach der kindlinen halb zu guttem bracht, sover unser herren ouch nur ein wenig das best thon wölten. Deßhalb wir inen hiemit unsern willen und erbieten schrifftlich zusendend; des wir uch hierin ouch ein copy byhendigend 7 , darin ir allen handel 8 verston mögend. Diewyl aber die kindli arm, ouch wir sonst vil kostens hiemit erlitten, haben wir zeugern 9 dißer briefen zu uch abgefertiget, sampt eyner fürschrifft' 10 des obervogts, mit früntlicher pit, ir wöllind sampt her Georg Sytzen 11 bym burgermeyster 12 vermögen, das die brieff bald fürkommind 13 , und

1 Nicht erhalten.
2 Zum Fall des am 12. August 1535 enthaupteten Pfarrers von Hinwil (Kt. Zürich), Hans Lux Riem, vgl. oben Nr. 633, 27f mit Anm. 12. Sein Testament ist nicht erhalten.
3 die Pfarrer des Wetzikoner Kapitels (vgl. unten Z. 26f und Anm. 7).
4 denn doch (SI IV 642).
5 Offensichtlich wurden die Kinder in Pfarrfamilien untergebracht. Im übrigen hatte der Rat schon am 17. August den Pfarrer von Horgen, Dietrich Wanner, angewiesen, gemäß Hans Lux Riems letztem Willen die Tochter Anna bei sich aufzunehmen (vgl. Zürich StA, B IV 6, 91r.).
6 Hans Bleuler. — Das Schreiben ist nicht erhalten.
7 übergeben, aushändigen (vgl. SI II 1409). — Weder das Original noch die Kopie ist erhalten. Zur Frage der Unterbringung waren schon zuvor Briefe gewechselt worden; in einem Schreiben vom 8. September an die Pfarrer des Wetzikoner Kapitels hatte der Rat zu einer von diesen vorgeschlagenen Lösung Stellung genommen (vgl. Zürich StA, B IV 6, 40r.).
8 Sache, Angelegenheit (SI II 1397).
9 Unbekannt.
10 Empfehlungsschreiben (SI IX 1585). — Nicht erhalten.
11 Über Georg (Jörg) Syz, gest. 1545/1546, ist nur wenig bekannt. Der seit 1522 als Fraumünsterkaplan nachgewiesene Syz heiratete 1523, war 1525 mit dem Austeilen der Speisen für die Armen (des "Muses") beauftragt und trat 1526 im Täuferprozeß


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uns uff unßer schryben, unßer nodturfft nach, gnedige antwort begegne. Ob sich die sach allein ein tag und nacht verzuge, so mögend ir den botten wol da innen 14 heyssen warten; wo es sich aber lenger verzüchen, mögend ir den botten faren lon 15 und ir in unserm namen die antwort empfachen. Schickend unß die ingelegten copyen 16 verschlossen wider. Die missive an unser herren stad dennocht ettwas ordenlicher, weder 17 das original 18 ußwyßt.

Die chronicken han ich vollendet biß zu end des 1534. jars ordenlich 19 ; wils uch bald schicken.

Sind mynen alzyt ingedenck und sampt uwerm folckli 20 dem herren bevolhen.

Datum donstag, 2. decembris anno 1535.

Tuus Io. Stumpfius

nomine omnium scripsit.

Ich hab nit mögen der wyl haben, diß wider abzeschryben.

[Adresse auf der Rückseite:] An Meyster Heinrichen Bullingem, verkündern des evangelii Zürich, myn lieben herren und bruder.

als Zeuge auf. In den Jahren 1534-1536 ist er unter den Amtleuten des Almosenamtes verzeichnet. — Lit.: AZürcherRef 619, S. 270; 692, S. 310; 889, S. 419; 1414, S. 619; Zürich StA, F III 1a; Zürich Stadtarchiv, III B 334. 336. 338; Andreas Meyer, Zürich und Rom. Ordentliche Kollatur und päpstliche Provisionen am Frau- und Grossmünster 1316-1523, Tübingen 1986. — Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 64, S. 264.
12 Amtierender Bürgermeister war Heinrich Walder.
13 vor den Rat kommen (vgl. SI III 279).
14 in der Stadt.
15 ziehen lassen.
16 Nicht erhalten.
17 als (Grimm XIII 2842-2847).
18 die Urschrift (vgl. Grimm VII 1347). — Die Reinschrift, d. h. Abschrift, ging an den Rat.
19 Vgl. Johannes Stumpfs Schweizer- und Reformationschronik, I. Teil, hg. v. Ernst Gagliardi, Hans Müller und Fritz Büsser, Basel 1952. — QSG NF I/V, S. XVI f.
20 Familie, Hausgenossenschaft (SI I 802).