Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[554]

[Johannes Bullinger] an
Bullinger
[Ottenbach,
Mitte März 1535]

Autograph: Zürich StA, E II 441, 87 (Siegelspur) Ungedruckt

Ist einverstanden mit der von Heini Jos und [Hans] Buchmann überbrachten [mündlichen] Antwort Bullingers und bittet ihn, sich betreffs der mithaftenden Bürgen nach dem Rat des Priors [Peter Simler] zu richten und diesem das Geld auszuhändigen. Will, wenn es der Mutter nicht besser geht, vor den [Oster-]Feiertagen nach Zürich kommen. Ein von Michel [...]hergerichtetes Stundenglas soll dem Schmied gegeben werden. Bittet um Neuigkeiten, weil Kriegsgerüchte verbreitet werden.

2 Der Konflikt Berns und Genfs mit Savoyen um die Wiedereinsetzung des Bischofs in Genf hatte sich nach den ersten Vermittlungsbemühungen der Eidgenossen im November und Dezember 1534 in Thonon (vgl. EA IV/1c 431-436) zu Beginn des Jahres 1535 zugespitzt; denn Bern weigerte sich - trotz starkem Druck von eidgenössischer Seite -, die Genfer zum Einlenken zu bewegen. Peter Im Haag war als Abgeordneter Berns an den gescheiterten Verhandlungen in Luzern vom 10. Januar (EA IV/1c 448-450), vom 9. Februar (ebd., S. 463f n) und vom 4. März (ebd., S. 474 bb) beteiligt gewesen.
3 am Gerichtstag Gottes, am Jüngsten Tag (SI XII 782f). Vgl. dazu Gerhard Delling, in: Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Bd. II, Stuttgart 1935, S. 946-949. 954-956.
4 vergebens, vergeblich (SI II 88).
5 daß es zu einem guten Ende kommt.
6 guter Gesinnung, Aufrichtigkeit (SI XIV 1627f).
1 Kurz vor Ausstellung des Schuldbriefes vom 20. März 1535 (vgl. unten Z. 2-8 und Anm. 6).


Briefe_Vol_05_155arpa

Salus a Christo etc.

Lieber bruder, als ich dyr Heini Jösen 2 und Buchman 3 han huit acht tag 4 gschickt, handt sy mir uff samstag 5 din anwurt geen, darwider ich nit byn. Der mitgulthan 6 halb wirdt der prior 7 wol die meinig segen. Ist es nit des ampts bruch, wil ich nit machen, bedarffs es nit (siner richtung halben), so findt er dester ee einen, der es gernn thut. Und ist min meinig, du gebest zu antwurt, das er einen geb. Doch was der prior rat, magst thun. So gib im das gelt, das ich nit inhan 8 muß, jetzt, so ich studieren 9 solt etc.

Der mutter halb schrib mir 11 , wie es um sy standt. Wil es nit besser werden, wit ich ee 12 vor den fyrtagan inhan noch einmal.

Me 14 so hat mir Michel 15 ein stundt 16 grust 17 ; die gib dem schmidt 18 und mach sy im in 19 , das ers nit zerbrech.

Wittar ist etwaß nüwer meeren 20 by üich, so bitt ich dich, las es mich wussan; dan man vil by uns lügt vom krieg, wie man denen von Schwitzs iran schilt 21 an galgan heig gmalat neiwan 22 am anstoß 23 .

Vale. Salutato familiam.

[Adresse auf der Rückseite:] An M. Heinrichen Bullinger zu Zürich, sinen bruder.

2 Heini Jos aus Mettmenstetten.
3 Gewiß der Bauer Hans Buchmann von Dachelsen (Gemeinde Mettmenstetten, Kt. Zürich), der bei Johannes Bullinger Geld aufnahm (vgl. Anm. 6). Weiteres ist über ihn nicht bekannt.
4 heute vor acht Tagen.
5 Samstag, den 13. März 1535?
6 mithaftenden Bürgen (SI II 289). — In einem Schuldbrief vom (Samstag, den) 20. März 1535 bekennt Hans Buchmann von Dachelsen, daß er von Johannes Bullinger, dem Vater und Rechtsvertreter Jost (Josua) Bullingers, aus dessen Erbe mütterlicherseits (Elisabeth Bullinger, geb. Zehnder, war 1532 gestorben, vgl. Egli, Analecta II 164) 360 Gulden Zürcher Währung gegen einen Jahreszins von 18 Pfund empfangen habe. Der von Leonhard Holzhalb gesiegelte Schuldbrief wurde (gemäß Notiz in: Neue Zürcher Zeitung, 11. April 1892, 72. Jg., Nr. 102, BI. 2) am 11. November 1891 abgelöst und ist in Notariatsabschrift vom 18. März 1895 erhalten (Affoltern am Albis, Notariat, Protokoll älterer Schuldurkunden II, AAm2. S. 166-170). Peter Simler, einst Prior, seit 1527 Verwalter des Klosters Kappel.
8 (nach Zürich) hinein (SI II 1335).
9 vielleicht im Sinne von: die Predigt vorbereiten (vgl. SI X 1388f; Grimm X/IV 278).
10 Anna Bullinger, geb. Wiederkehr.
11 Ein entsprechender Brief Bullingers ist nicht erhalten.
12 eher, lieber (SI I 10f).
13 Palmsonntag/Ostern (21./28. März 1535).
14 Überdies (SI IV 367).
15 Vielleicht jener Michel Widmer, der in einem anderen undatierten Brief Johannes Bullingers (Zürich StA, E II 441, 84) im Zusammenhang mit einem Weintransport erwähnt wird.
16 Stundenglas, Sanduhr (SI XI 1068).
17 hergerichtet (SI VI 1543-1545).
18 Unbekannt; Berufsbezeichnung oder Eigenname?
19 packe, wickle sie für ihn ein (SI IV 43).
20 Berichte, Neuigkeiten (SI IV 360f).
21 Wappenschild (SI VIII 728-734) von Schwyz.
22 irgendwo (SI IV 809f).
23 an der Grenze (SI XI 1592f) von Zürich und Schwyz. Näheres ist nicht bekannt.