Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[474]

Johannes Bullinger an
Bullinger
[Ottenbach,
nach 11. November 1534]

Autograph: Zürich StA, E II 441, 86r.-v. (Siegelspur) Ungedruckt

Kann nicht nach Zürich kommen. Ihr Onkel Jakob [Bullinger] ist bei Varese einem Raubmord zum Opfer gefallen. Johannes hat den Angehörigen einen Trostbrief geschrieben. Heinrich, Jakobs Sohn, kümmert sich um die Sache. Ihre Tante Anna hat, trotz ihres Bruders Tod, nur das Geld im Kopf. Johannes hat deren Forderungen nachgegeben. Seine finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Frau Haas und [Hans]Kambli. Sobald die Wege gut sind, wird er kommen. Kann Bullinger in seiner Gegend kein geeignetes Schlachtschwein beschaffen. Bullingers Frau Anna wird er mit der nächsten Transportmöglichkeit Erbsen schicken.

Salus a Christo etc.

Lieber bruder, das ich nit inhan 2 kum nach dinem beger, ist vil, das mich hindarat. Erstlich han ich unsers Vetter Jacobs 3 seeligen wellen warttan. Ist leider by Feriß 4 schier uff unserem erterich 5 von dryen mit furo buchschan 6 angrent 7 und mitt gwalt angfallan, im in die brust und in halß den a dolchen gestochen, nebent den weg zegen und ußzogen biß uff das hemb b , als so erfundan,

18 Hans Schröter.
19 Theodor Bibliander.
a den irrtümlich wiederholt.
b hemb korrigiert aus hembs.
1 Das Jahr 1534 ergibt sich aus der Mitteilung über die Ermordung von Jakob Bullinger (s. unten Z. 3-7); der Terminus
post quem ist Martini, und zwar kurz danach (s. unten Z. 10f).
2 hinein [in die Stadt].
3 Jakob Bullinger, Johannes' und Heinrichs Onkel.
4 Varese (Italien).
5 Gebiet, Territorium (SI VI 157).
6 Feuergewehre, Hinten (SI IV 1002).
7 angegriffen (SI VI 965).


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und im 200 kronen gnan 8 etc. 9 Des jetzt Heini 10 , als ich vernan 11 han, inhan 12 ist, dan ich inan 13 geschriben 14 und tröst als fründt etc. Aber die Hedigarin 15 nit iras bruders todt, sundar me gutzs geachtat 16 , mir jetzt mitwuchan wellen schickan ein knecht um 5 gl. willan, und ist das zill 17 Marthini 18 erst usß gsin c , das mich vast 19 bkumbarat 20 . Han ir gschickt 4 gl., iran zu schandt ein silbaran becher [fa]ndt[?]d 21 um ein gl., das sy iras dester baß sichar sig 22 , dan ich nit han könnan bißhar zu merckt faran, ouch nieman han konnen finden. Die barschafft hat mir gen der Stoffel 23 , der mir ein kuw leider geschundan 24 hat, kost 8 gl. 1 ort 25 . Gott sucht mich 26 etc.

Ich schick dyr hie 2 gl. der Hasyn 27 ; schick irs. Ouch hat mir der Kamly 28 uff Stampffanbach ein bottan geschick um 3 mitt 29 korn, von denen ich gar nütt weiß, das zug 30 ich an gott; wol bin ich im 1 gl. und 1 eimer win von dem suran jar schuldig. Sobaldt es dan weg wirt 31 , wil ich kon 32 . Schrib mir wider.

Vale.

Io. tuus.

Raptim scripsi.

|| 86v. Ich weiß dyr kein suw 33 hie enet 34 zkuffen, so thür und nach der

c gsin darüber nachgetragen.
d [fa]ndt am Rande nachgetragen.
8 genommen.
9 Jakob Bullinger, der den Pferdehandel mit Oberitalien betrieb, wurde auf einer Reise dorthin ermordet und beraubt. Die Mörder wurden von den Eidgenossen gefangen, abgeurteilt und gerädert. Siehe Verzeichnis 1 108.
10 Heinrich Bullinger, gest. nach 1577, Jakobs drittältester Sohn, war Sattler in Brugg, Ratsmitglied und Pfleger «der drei Pfründe». Er übernahm seines Vaters Haus «Zum Lindwurm». - Lit.: Die Urkunden des Stadtarchivs Brugg, hg. v. Georg Boner, Aarau 1937. - Aargauer Urkunden VII, Reg.; Verzeichnis 1 108; Max Stahl, Brugg um 1530. Bild und Werdegang einer mittelalterlichen Kleinstadt, Diss. Berlin 1959, S. 55. 118. 145.
11 vernommen.
12 hinein (wohl an den Tatort).
13 ihnen.
14 Das Schreiben ist nicht erhalten.
15 Gemeint ist die Tante von Johannes und Heinrich, Anna Bullinger, gest. 1547, verheiratet mit Hans Hedinger, bis zum 2. Kappelerkrieg Schultheiß zu Bremgarten. Bullinger hatte in den ersten Wochen nach seiner Berufung nach Bremgarten 1529 bei ihr, beim Tor an der Reußbrücke, gewohnt. - Lit.: HBD 18, 37-9; Verzeichnis 1 110f.
16 sich gekümmert um (SI I 81).
17 Zahlungs- oder Zinstermin (Grimm XV 1068f).
18 11. November.
19 sehr, stark (SI I 1111f).
20 schädigt (SI III 302).
21 gemeint ist sicher: Pfand.
22 daß sie des Ihrigen umso sicherer sei.
23 Unbekannt.
24 geschlachtet, [getötet](SI VIII 904).
25 Münze, meist ein Viertel eines Guldens (SI I 485).
26 Gott sucht mich heim (vgl. SI VII 214f).
27 Vielleicht die Frau von Joseph Haas, dem Vorgänger Johannes Bullingers als Pfarrer in Ottenbach (s. oben HBBW II 187, Anm. 18, und Pfarrerbuch 313).
28 Ein Hans Kambli war Amtmann des Klosters St. Blasien im Stampfenbach (s. Vögelin, Das alte Zürich II 599). Das Schwarzwaldkloster St. Blasien hatte noch zahlreiche Rechte im zürcherischen Freiamt, u. a. auch einen Zins in Ottenbach (s. Hugo Ott, Die Klostergrundherrschaft St. Blasien im Mittelalter. Beiträge zur Besitzgeschichte, Stuttgart 1969. - Arbeiten zum historischen Atlas von Südwestdeutschland 4, S. 40).
29 Mütt (Hohlmaß für Getreide).
30 bezeuge.
31 wenn der Weg wieder gut ist.
32 kommen.
33 Sau.
34 diesseits (SI I 268), d. h. an seinem Wohnort.


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mutter red z groß. Versich dich, wod magst 35 . dem Anni 37 die erbs schickan. Sobald ich fur 36 han, wil ich

[Adresse daneben:] Heinricho Bullinger, sinem bruder zu Zürich.