Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[326]

Oswald Myconius an
Bullinger
Basel,
16. Februar 1534

Autograph: Zürich StA, E II 336, 131 (Siegelspur) Ungedruckt

Die Nachricht von den Unruhen in Paris wurde dem Basler Rat schriftlich bestätigt; sie wurde gerade an diesem Tag auch von einem Edelmann bezeugt, der von König [Franz I.]direkt nach Basel gereist kam. Der König plant etwas gegen Kaiser [Karl V.]und [König Ferdinand I.]. [Landgraf Philipp] von Hessen reiste insgeheim zu König [Franz I.]nach Frankreich. Die Aktivität einer französischen Gesandtschaft in Bayern, die gegen die beiden Habsburger gerichtet ist, bestätigt Bullingers Hinweis auf die französische Flugschrift. Die Erzbischöfe von Mainz und Trier wie auch der Bischof von Würzburg stehen auf der Seite von Philipp von Hessen. Dieser kündigte eine festliche Massenansammlung von Menschen und Pferden an. Gerüchte von türkischen Invasionsplänen gegen Italien. Grüße.

10 Unbekannt.
11 vermögt, könnt, fähig seid (SI IV 107f).
12 daß er eine Stellung, ein Amt erhalte.
13 rührig, ernstlich (SI II 1405).
14 Freys Ehefrau ist dem Namen nach nicht
15 Anna Bullinger, geb. Wiederkehr.
16 Die Verwandtschaft zwischen Anna Bullinger und Rudolf Frey ließ sich nicht genauer nachweisen.


Briefe_Vol_04_0064arpa

S. Tumultus, qui Parrhisiis fuisse dicitur 1 , in senatum usque nostrum hisce diebus scripto 2 pervenit, et hunc hodie testificatus est vir 3 nobilis a rege 4 recta Basileam profectus. Rex cum equitatu grandi nunc ad Parrhisios contendit, nescio, quid acturus. Parat aliquid in caesarem et fratrem huius 5 , nescio, an etiam in alios. Hessus apud eum fuit suis ignaris 6 . Quid egerit nescio. Illud scio, libellos ultro citroque datos et sigillis munitos. Interpres huius fuit Philippus, comes Furstenbergensis 7 . Galli legatio 8 ex Augusta mox concessit ad ducem Bavariae 9 . Initio blande tanquam sequestrum acturus 10 in conventu dixit, tandem tam minaciter contra caesarem et Ferdinandum, ut inde intelligam argumentum orationis eius, qua de tu nos monuisti 11 . Episcopi Maguntinensis 12 , Herbipolensis 13 , Trevirensis 14 adeo sunt amici Hesso, ut Trevirensis a rege deduxerit iterum in patriam. Admiranda haec. Indicta sunt Hesso saturnalia et equorum stabulatio, ut ita dicam, usque ad millenariam sexcentenariam.

Turcam rumor est parare navigationem in Italiam. De papa ne verbum quidem audio. Deus est nobis invocandus semper, ut turbas tollat verbumque suum tueatur 15 .

1 Siehe oben S. 57, 7f.
2 Nicht erhalten.
3 Unbekannt.
4 König Franz I. von Frankreich.
5 Kaiser Karl V. und sein Bruder, König Ferdinand I. von Österreich und Ungarn.
6 Zur geheimen Reise von Philipp von Hessen zu König Franz I. im Januar 1534 s. Wille 146-148.
7 Graf Wilhelm (nicht: Philipp!) von Fürstenberg, 1491-1549, war einer der hessischen Gesandten nach Frankreich. Er stand 1522/23 auf seiten Franz von Sickingens, war Oberst der Fußtruppen des Schwäbischen Bundes im Bauernkrieg und diente als hochbegabter Söldner-Truppenführer und mäßig geschickter Diplomat Kaiser Karl V. vornehmlich in dessen Kriegen gegen Frankreich, 1521 und 1535-1538 und 1542 aber dem französischen König und 1529-1534 Philipp von Hessen. Er hatte wichtigen Anteil an dessen Sieg bei Lauffen 1534. Seit 1529 war er (als einziger Fürstenberger!) protestantisch, verweigerte 1538 in Nizza dem Papste den Fußkuß, ließ seine Herrschaften Ortenau und Kinzigtal (beide Baden) durch Kaspar Hedio reformieren, half in Metz und dem ihm von Franz I. geschenkten Gorze den Evangelischen und beschützte dort Guillaume Farel. 1544 geriet Fürstenberg in französische Gefangenschaft,
wurde losgekauft, blieb aber gesundheitlich angeschlagen und konnte deshalb den Schmalkaldischen Truppen nicht mehr helfen. - Lit.: Z X 241 f, Anm. 10; [Sigismund] Riezler, in: ADB VIII 228-232; beide überholt durch: Johannes Volker Wagner, Graf Wilhelm von Fürstenberg, 1491-1549, und die politisch-geistigen Mächte seiner Zeit, Stuttgart 1966. - Pariser Historische Studien, Bd. IV.
8 Die französische Delegation wurde von Guillaume du Bellay geführt, der «kriegslustig gekommen» war, s. Wille 145.
9 Wilhelm IV., 1493-1550, seit 1508 Herzog von Bayern.
10 Zur Hinterlegung von 100000 Sonnenkronen und zum Scheinkauf von Mömpelgard durch Frankreich s. Wille 145.
11 Siehe oben S. 57, 10-19.
12 Albrecht von Brandenburg, 1490-1545, seit 1514 Erzbischof und Kurfürst von Mainz, zugleich seit 1513 schon Erzbischof von Magdeburg und Administrator von Halberstadt, 1518 Kardinal.
13 Konrad III. von Thüngen, um 1466-1540, seit 1519 Bischof von Würzburg.
14 Johann III. von Metzenhausen, 1492-1540, seit 1531 Erzbischof und Kurfürst von Trier.
15 Vgl. Jer 1, 12.


Briefe_Vol_04_0065arpa

Vale per dominum cum tuis et Utingero et Pellicano et Leone 16 et Theodoro 17 .

Basileae, raptim, 16. februarii anno 34.

Os. Myc. tuus

[Adresse auf der Rückseite:] Domino Heinricho Bullingero amico.