Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Hans Vogler an
Bullinger
St. Gallen,
7. Dezember 1533

Autograph: Zürich StA, E II 351, 151. Siegelspur. -Ungedruckt

Hofft auf ein baldiges Wiedersehen in Zürich und auf eine Besserung seiner Lage. Neuigkeiten über die Tagung des Schwäbischen Bundes in Augsburg und über Wirtschaftsverhandlungen zwischen den Städten, die Vogler in Lindau beim Prediger [Thomas Gaßner]von Unterbürgermeister [Hans]Bodmer sowie aus einem Brief des Bürgermeisters [Johannes] Varnbühler erfahren hat. Herzog [Christoph] von Württemberg genießt breite Unterstützung in Augsburg. Konrad Zwick ist nicht ganz gesund. Grüße.

Gottes gnad syg ewig mitt unns. Amen.

Min geliepter herr und bruder, ich hoff bald, so erst der nächst tag 1 , wider zu üch komen, ob got wil 2 , end erlangen unser nott 3 .

Nüw zitung nitt sonders. Ir wissentz vor, daß der tag zu Ougstpurg 4 hätt 8 tag angangen. Ich bin zu Lindow gewest bim brediger 5 alda, im und andern danck gsagt siner

39 Wolfgang Wissenburg. -Es dürfte sich wohl kaum um den schon länger zurückliegenden Brief Wissenburgs an Bullinger vom 13. Juli handeln (oben Nr. 240), sondern eher um ein aktuelles Schreiben, das nicht erhalten ist.
40 Ein Brief Juds an Wissenburg ist nicht erhalten.
41 Zweifellos der Überbringer des Briefes, der sich auf der Reise nach Straßburg befand (s. unten S. 248, 19f); weiter nicht bekannt.
1 Gemeint ist wohl die nächste gemeineidgenössische Tagsatzung in Baden. Diese fand am 15. Januar 1534 statt und befaßte sich u. a. auch mit der Angelegenheit Voglers (s. EA IV/1c 266 mm.).
2 Vgl. Jak 4, 15.
3 Zur Lage Voglers s. HBBW II Nr. 59. 147; oben Nr. 271.
4 Die letzte Tagung des Schwäbischen Bundes in Augsburg vom Dezember 1533 bis 3.Februar 1534. Die Teilnehmer der Tagung waren in den letzten Novembertagen nach
Augsburg gekommen. Am 10. Dezember fanden die ersten Verhandlungen statt, s. Jakob Wille, Philipp der Großmüthige von Hessen und die Restitution Ulrichs von Wirtemberg 1526-1535, Tübingen 1882, S. 127.
5 Thomas Gaßner, um 1500-1548, aus Bludenz im Vorarlberg. Nach dem Besuch der Feldkircher Lateinschule studierte er vielleicht in Wien. Bereits während der Studienzeit war er von der Reformation Luthers beeinflußt. Zu Beginn der 1520er Jahre wurde Gaßner Kaplan am Dominikanerinnenkloster St. Peter in Bludenz, 1524 jedoch wegen seiner evangelischen Gesinnung verhaftet. Er floh im selben Jahr aus der Gefangenschaft und begab sich nach Lindau, wo er als Helfer in kurzer Zeit dem Zwinglianismus zuneigte, ohne sich aber etwa in der Abendmahlskontroverse auf eine Richtung festzulegen. Ende 1525 fiel Gaßner die Pfarrstelle an St. Stephan zu, wodurch er auch der eigentliche Führer der Lindauer Reformation wurde. 1528 nahm er an der Berner Disputation


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behusung 6 in miner not der zit uß 7 mines vatterlandtz 8 . Also kam der bott von Lindow, underburgermas[ter] Bodmer 9 , ain türer 10 mann, am abend von Ulm, als dann die stett von dess korns halb, müntz, onslit 11 und anders underet 12 , die armut fürkofs 13 zu betrachten 14 . Sagt er, nichtz entlichs beschlossen, sonder söllen sy all, sy sigen im punt oder nit, um disen handel etc. och gen Ougspurg komen etc.

Von Constentz ist Sebastion Gaißberg 15 hinweg, von Lindow obgmelter Bodmer. Also schript mir hüt burgermaister Varnbüler 16 von Lindow in trüwen. Schript da by mir, daß die sag, der jung hertzog Wirtemberg 17 hab grossen bistand mit im zu Ogspurg, und man versech sich 18 , der lantgraff von Hessen korn selbs dahin 19 etc.

Conrat Zwick zu Costentz ist nit gar 20 starck 21 etc.

teil und hielt bei dieser Gelegenheit eine Predigt, die später bei Froschauer im Druck erschien (Rudolphi 174). Im Februar 1532 gewährte Gaßner dem auf der Flucht befindlichen Vogler Unterkunft und legte damit den Grund zu einer engen Freundschaft mit diesem. Gaßner verfaßte 1533 die Lindauer Zuchtordnung. Er stand in brieflicher Verbindung mit Straßburg (Bedrot, Bucer, Capito), Kontanz (Gebrüder Blarer, Johannes Zwick) und vor allem mit Vadian in St. Gallen. Von einem 1537 offenbar nur kurz geführten Briefwechsel mit Bullinger ist ein Brief Gaßners erhalten. -Lit.: Vadian BW, Reg.; Karl Heinz Burmeister, Thomas Gassner. Ein Beitrag zur Geschichte der Reformation und des Humanismus in Lindau, Lindau 1971. -Njbl. 21 des Museumsvereins Lindau; Albert Schulze, Bekenntnisbildung und Politik Lindaus im Zeitalter der Reformation, Diss. theol. Erlangen-Nürnberg 1971. - Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns, Fotodruckreihe, 3. Band, passim.
6 Beherbergung (vgl. SI II 1743).
7 außerhalb.
8 Vogler war wegen der von den V Orten gegen ihn erhobenen Anklagen geflüchtet und hatte sich seit dem 13. Februar 1532 für kurze Zeit in Lindau aufgehalten, s. HBBW II 33, Anm. 5 und J[ohannes]Häne, Das Familienbuch zweier rheinthalischer Amtmänner des XV. und XVI. Jahrhunderts (Hans Vogler, der Reformator des Rheinthals), in: JSG 25, 1900, 75.
9 Hans Bodmer, Ratsherr und Bürgermeister von Lindau, wurde häufig als Gesandter an Tagungen vor allem des Schmalkaldischen Bundes und andere Verhandlungen abgeordnet. -Lit.: Schulze, aaO, passim.
10 hochgeschätzter (SI XIII 1327f).
11 zu gewerblicher Verwendung bestimmtes Tierfett (SI I 348; Grimm XI/III 1330-1338).
12 unterredet, verhandelt. -Es handelt sich offenbar um die Zusammenkunft einiger süddeutscher Städte im Vorfeld der Tagung des Schwäbischen Bundes in Augsburg. Näheres ist nicht bekannt.
13 die durch den Fürkauf, den Ankauf von Lebensmitteln zu wucherischen Zwecken (SI III 166), entstandene Armut.
14 bedenken, erwägen (SI XIV 308-310).
15 Sebastian Gaisberg, gest. 1548, aus Konstanz, wurde als Beisasse im kleinen Rat auf verschiedene Gesandtschaftsreisen zu Tagungen des Schmalkaldischen Bundes und an Reichstage geschickt. Zusammen mit Thomas Blarer versuchte er im September 1531 in der Eidgenossenschaft den drohenden Krieg zu verhindern. 1541 war er Zuchtherr 1546 Bürgermeister. Wegen einer schweren Erkrankung wurde ihm Anfang 1548 erlaubt, das unter Reichsacht stehende Konstanz zu verlassen. Kurz darauf starb er in St. Gallen. - Lit.: Blarer BW I und II, Reg.; Vadian BW VI 748; EA IV/1b 1155. 1162. 1178; Hans-Christoph Rublack, Die Einführung der Reformation in Konstanz von den Anfängen bis zum Abschluß 1531, Karlsruhe 1971. -QFRG XL, S. 108.
16 Johannes Varnbühler, 1466-1552, Sohn des nach Lindau geflohenen, ehemaligen Bürgermeisters von St. Gallen, Ulrich Varnbühler (gest. 1495 oder 1496). Er war Mitglied des Rates und wiederholt Bürgermeister von Lindau, offenbar aber ohne in besonderer Weise hervorzutreten. - Lit.: Schulze, aaO, passim; HBLS VII 198.
17 Christoph von Württemberg, 1515-1568, Sohn des Herzogs Ulrich, zog am 27. November 1533 in Augsburg ein und führte im Rahmen der Tagung ergebnislose Verhandlungen mit den Vertretern Ferdinands von Österreich über die Rückgabe seines Erbes, s. Wille, aaO, S. 127-144.
18 man erwarte, vermute (SI VII 567f).
19 Philipp von Hessen kam nicht persönlich nach Augsburg, sondern ließ sich vertreten durch seinen Kanzler Johann Feige und den hessischen Marschall Hermann von der Malsburg. Zu Philipps Beistand, dem Ulrich und Christoph von Württemberg ihre Rückkehr im Jahre 1534 zu verdanken hatten, s. Wille, aaO.
20 ganz, völlig.
21 gesund (SI XI 1430).


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Uwerm beger 22 nach, als ir wissend, hab ich noch nüt gmacht, ursach 23 , aber hoff zu machen und üch, ob got wil, selbs zu bringen. Grützend uns baiden 24 üwer lieb husfrowen 25 und Leon 26 , alle brüder.

Actum S. Gallen, yn yl, sontag nach Nicolay anno 33 jar.

U[wer]williger, armer

Hans Vogler.

[Adresse auf der Rückseite:] An min geliepten hern M. Hainrichen Bulliger, prediger zu Zürych.